Inside Llewyn Davis
USA 2013, Laufzeit: 104 Min., FSK 6
Regie: Ethan Coen, Joel Coen
Darsteller: Oscar Isaac, Carey Mulligan, Justin Timberlake, John Goodman, Ethan Phillips, F. Murray Abraham
>> insidellewyndavis.de/
Mit viel Spannung wurde im diesjährigen Wettbewerb in Cannes das neue Werk der Coen-Brüder erwartet. Die hoch gesteckten Hoffnungen auf einen neuen Geniestreich wurden nicht enttäuscht. Mit „Inside Llewyn Lewis“ lieferten die Regisseure diesmal eine liebevolle Hommage an den Beginn der Folk-Musik-Ära, in der eine Katze sich zum heimlichen Star mausert.
Der junge Llewyn Lewis ist ein ebenso leidenschaftlicher wie mittelloser Songpoet, der wie viele andere im New Yorker Greenwich Village in den frühen sechziger Jahren von Club zu Club zieht und auf den großen Durchbruch wartet. Nacht für Nacht sucht er einen neuen Platz zum Schlafen und landet dann meist bei befreundeten Musikern oder einem reichen Ehepaar, das ihm schon einmal für ein paar Tage Unterschlupf gewährt, wenn es nicht zu Hause ist. Doch als er diesmal dessen Haus verlässt, büchst ihm der Kater seiner Gönner aus, was Llewyn im Verlaufe des Films vor einige Herausforderungen stellen wird und einige herrlich komische Momente für den Zuschauer bereithält. So ist das Tier zwar bald wieder eingefangen, doch die Wohnungstür inzwischen verschlossen, so dass Llewyn ihn notgedrungen mitnehmen muss, was seine Chancen auf das nächste Nachtquartier nicht gerade erhöht. Auch beim befreundeten Musikerpärchen Jim und Jane stößt die Tatsache, dass sich nun gleich zwei Gäste bei ihnen einquartieren wollen, nicht auf Begeisterung - zumal Jane ohnehin nicht gut auf ihn zu sprechen ist, ist sie doch schwanger und nicht sicher, ob der ahnungslose Jim oder Llewyn der Vater ist. Neue Hoffnung verspricht ein Gig in Chicago. Die sich ihm bietende Mitfahrgelegenheit – inklusive einem herrlich nörgelnden John Goodman als Musik-Bonze auf dem Rücksitz – stellt ihn jedoch auf eine harte Probe. Den Coens gelingt mit ihrer kleinen, aber liebevollen Hommage an die New Yorker Musikszene der frühen sechziger Jahre, in der die Folkmusik aufblühte, wieder einmal ein atmosphärisch dichter Film, gespickt mit lakonischem Humor und eleganten wunderschönen Bildern einer Metropole, die beginnt, den Muff der fünfziger Jahre abzustreifen und musikalisch zu neuen Ufern aufzubrechen. Großartig Oscar Isaac, der bisher nur in Nebenrollen, wie zum Beispiel in „Drive“ oder Madonnas „W.E.“ zu sehen war, und hier an der Seite von Carey Mulligan und Justin Timberlake brillieren kann. Ein weiteres Highlight ist die Musik, bei der die Coens erneut mit dem Komponisten T Bone Burnett zusammen arbeiten und wunderbare Folksongs perfekt und teilweise sehr humorvoll einsetzen. „Musik ist eine Kunstform, vor der wir großen Respekt haben“, so Regisseur Joel Coen. „Unser Film sollte nie eine Parodie auf Folkmusik werden. Ich sage nicht, dass die Folkmusik-Szene nicht auch komische Seiten hat. Es gibt da sogar sehr viele lustige Dinge." Ähnlich wie in „O Brother where art thou“ verarbeiten die Coens hier, inspiriert durch die Memoiren des erfolglosen Folksängers Dave Van Ronk, ihre Faszination für den Stoff der Homerschen Odyssee. Sie lassen ihren wunderbaren Antihelden von Couch zu Couch irren, auf der leicht verbitterten Suche nach Anerkennung und Erfolg, die sich einfach nicht einstellen wollen, weil er seiner Zeit voraus ist. Die Tatsache, dass Llewyn kein völlig sympathischer Zeitgenosse ist, macht ihn zu einer spannenden und ambivalenten Figur. Die filmische Zeit ist ebenfalls äußerst raffiniert konzipiert und lässt zum Schluss noch einigen Raum für Spekulationen.
(Anne Wotschke - biograph)