American Hustle
USA 2013, Laufzeit: 137 Min., FSK 6
Regie: David O. Russell
Darsteller: Christian Bale, Bradley Cooper, Amy Adams, Jennifer Lawrence, Jeremy Renner, Robert De Niro
>> www.americanhustle.de/
Wenn der Schein mehr gilt als das Sein wird Betrug zur Notwendigkeit. Im glitzernden New York der 70er-Jahre lebt Irving Rosenfeld recht luxuriös von seinen dubiosen Geschäften. Zusammen mit seiner Geliebten Sydney ergaunert er ein kleines Vermögen. Doch dann werden die beiden vom FBI als Lockvögel eingesetzt und die Dinge geraten zunehmend außer Kontrolle. Basierend auf wahren Ereignissen beweist David O. Russell („Silver Linings“) erneut sein Talent, eine komplexe Geschichte höchst originell und mit feinem Humor zu erzählen.
Es gibt nicht viele Filme, bei denen man den Drang empfindet, im dunklen Kinosaal aufzuspringen und Szenenapplaus zu spenden. “American Hustle“ gehört dazu, obwohl es dem Zuschauer gerade zu Beginn nicht unbedingt leicht gemacht wird: Ist es eine Liebesgeschichte? Ist es ein Gangsterfilm? Ist es eine Komödie oder ein Drama? Irgendwie ist es alles zusammen und tatsächlich noch weit mehr. Man weiß auch nicht, ob man lachen oder weinen soll angesichts der schonungslos dargebotenen Modesünden der 70er-Jahre. Während sich die Herren mit Minipli oder merkwürdig gekämmten Haaren präsentieren, verlieren sich die Damen in der Tiefe des Ausschnitts.
Der reale Hintergrund der Geschichte ist der weitestgehend in Vergessenheit geratene Abscam-Skandal in den USA. Ende der 70er-Jahre kooperierte der FBI mit einem Trickbetrüger. Der gründete mit einem falschen arabischen Scheich eine Scheinfirma, um Politiker zur Bestechung zu verleiten, damit diese dann der Korruption überführt werden. Das funktionierte recht gut, doch es blieben letztendlich Zweifel, da auch einige der Bestochenen durchaus sympathische Zeitgenossen waren. Hier setzt David O. Russell thematisch an und erzählt eine Geschichte, die alle Dimensionen des Betrugs amüsant reflektiert und dabei besonders den Selbstbetrug der Protagonisten analysiert. Trotz aller skurriler Ereignisse, die das Drehbuch bereit hält, entwickeln sich vielschichtige und lebendige Charaktere.
Bei der Wahl der Darsteller hat Russell auf ein eingespieltes Team gesetzt. Christian Bale (Oscar 2011 als bester Darsteller für Russells „The Fighter“) spielt mehr als überzeugend die Rolle des Betrügers Irving Rosenfeld und beweist mit Schmierbauch und merkwürdiger Frisur Mut zur Hässlichkeit. An seiner Seite glänzen Amy Adams („The Fighter“) als seine Geliebte und Bradley Cooper („The Place beyond the Pines“) als arroganter FBI-Agent. Doch der heimliche Hingucker ist Jennifer Lawrence, die erst im letzten Jahr für Russells „Silver Linings“ den Oscar für die beste Hauptdarstellerin bekommen hat. Ihre Ausnahmeperformance als frustrierte Ehefrau mit White-Trash-Appeal schreit nach einer erneuten Auszeichnung. Wirklich witzig ist auch der Comedian Louis C.K. („Blue Jasmine“), der in seiner Rolle als sehr korrekter FBI-Beamter eine ganz eigene kleine Geschichte zu erzählen hat.
Mit “American Hustle“ setzt David O. Russell seine Reihe von Filmen über gebrochene Charaktere fort, die er so gekonnt mit „The Fighter“ und „Silver Linings“ begonnen hat. Die stilsichere Inszenierung und die großartigen Darsteller machen den Film schon jetzt zu einem der Highlights in diesem Kinojahr, das man auf keinen Fall verpassen darf.
(Eric Horst - biograph)