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Capote

Capote
USA 2005, Laufzeit: 114 Min., FSK 12
Regie: Bennet Miller
Darsteller: Philip Seymour Hoffman, Catherine Keener, Clifton Collins jr., Mark Pellegrino, Bruce Greenwood, Chris Cooper, Amy Ryan, Bob Balaban, C. Ernst Harth, Michelle Harrison, Adam Kimmel, Bess Meyer

"Es gab niemanden wie mich vor mir, und es wird niemals wieder jemanden geben, der so ist wie ich, wenn ich nicht mehr da bin." sagte einmal der amerikanische Schriftsteller Truman Capote über sich selbst. Doch in der Verfilmung seiner Biographie wächst Philip Seymour Hofmann in der Titelrolle über sich selbst hinaus und lässt den New Yorker Salonlöwen der 60-er Jahre für zwei Stunden wieder auferstehen. Capote ist alles, was er nicht sein sollte: er ist selbstverliebt, eitel, hat eine fistelartige Kinderstimme und stellt seine homosexuellen Neigungen zur Schau. Doch niemand nimmt es ihm übel, denn er ist auch intelligent, beredt und ungemein charmant, was ihn Anfang der 60-er Jahre zum Liebling der New Yorker High Society macht. Er hat gerade seinen Roman "Frühstück bei Tiffany" veröffentlicht und schwimmt ganz oben auf der Erfolgswelle, da liest er in der New York Times vom kaltblütigen Mord an der vierköpfigen Familie Clutter in Kansas. In ihm reift die Idee zu einem ganz besonderen Roman, der die Literatur des 20. Jahrhunderts verändern wird und noch bis heute beeinflusst. Sechs Jahre braucht er, bis aus seiner Idee schließlich der Roman "Kaltblütig" hervorgeht, dem ersten Tatsachenbericht, der die Wirklichkeit mit den Mitteln der Literatur beschreibt. Diese sechs Jahre sind es, über die Bennett Millers Film erzählt: Truman reist zusammen mit seiner Freundin Nelle Harper Lee (Wer die Nachtigall stört) nach Kansas, um dort Recherchen zu dem grausigen Verbrechen aufzunehmen. Doch die Sache kommt erst in Fahrt, als die beiden Mörder überführt und verhaftet werden. In vielen Sitzungen gewinnt Capote ihr Vertrauen, insbesondere das von Perry Smith, in dem er einen Wesensverwandten erkennt. "Es ist als ob wir einmal im gleichen Haus gelebt hätten, nur dass er es durch die Hintertür und nicht wie ich durch die Vordertür verlassen hat." Perrys Hass auf die Gesellschaft, seine totale Einsamkeit ergreifen Truman tief und führen ihn zu literarischen Höchstleistungen. Doch allmählich spürt er ein ganz besonderes Dilemma in sich hochsteigen. Auf der einen Seite erschöpfen ihn die Sitzungen mit Perry, nehmen ihn emotional mit, entwickelt er eine platonische Liebe zu dem inzwischen zum Tode verurteilten. Auf der anderen Seite wartet draußen die Welt und sein Verleger auf seinen neuen Roman. Vorab-Lesungen von einzelnen Passagen haben die Erwartungen derart in die Höhe getrieben, dass alle Welt nach dem Erscheinungsdatum fragt. Bennett Miller beschränkt sich auf diese sechs Jahre aus dem Leben Truman Capotes. Minutiös erzählt er die Entstehungsgeschichte des Romans, macht uns mit den Mördern bekannt, dass man sich am Ende fragt, was habe ich über diesen Fall erfahren, was über die Täter? Nicht viel, aber eine ganze Menge über Capote, über seine Kindheit, seine Gefallsucht, seine vielen Fehlbarkeiten, aber auch über sein Genie und das Dilemma seines Lebens. Es hat schon eine immense Tragik, dass er genau in dem Moment, wo er all das bekommt, wonach er die ganze Zeit gestrebt hat, quasi sich selbst zerstört. Eine Tragik, die man mit Drehbuch und Regie kaum ausdrücken kann und die sich ganz im Spiel von Philip Seymour Hofmann widerspiegelt: Mit unnachahmlicher Fistelstimme, selbstverliebten Gehabe und intelligentem Charme, läßt er den Dandy der Literatursalons der 60er Jahre in einer oscarreifen Leistung noch einmal für zwei Stunden wieder auferstehen.

(Kalle Somnitz, playtime by biograph)

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