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Colonia Dignidad - Es gibt kein Zurück

Colonia Dignidad - Es gibt kein Zurück
Deutschland, Luxemburg, Frankreich 2015, Laufzeit: 110 Min., FSK 16
Regie: Florian Gallenberger
Darsteller: Emma Watson, Daniel Brühl, Michael Nyqvist, Richenda Carey, Vicky Krieps, Jeanne Werner, Julian Ovenden, August Zirner
>> www.coloniadignidad.de

Selten wagt man sich in Deutschland an das Genre des Polit-Thrillers. Oscar-Preisträger Florian Gallenberger („John Raabe“) inszeniert mit internationaler Besetzung eine Fallgeschichte, die internationales Recht auf den Plan rief: Den Militärputsch in Chile durch Pinochet und dessen Verbindungen zur faschistoiden auslandsdeutschen Sekten-Enklave „Colonia Dignidad.“ Daniel Brühl und Emma Watson rahmen als Protagonisten jene viel zu wenig bekannten historischen Ereignisse, die so unbegreiflich sind, dass man sie für eine Fiktion halten könnte, wenn die Konsequenzen nicht mittlerweile juristisch dokumentiert wären. Dies allein macht den Film bereits außerordentlich sehenswert.

Lufthansa-Stewardess Lena (Emma Watson) ist an die Freiheit gewöhnt, durch ihre Reisen in kurzen Frequenzen Länder zu passieren und lebt so auch ihre eigene Vorstellung von Selbstbestimmtheit und Glück. Bei einem Zwischenstopp in Santiago de Chile wird sie jedoch von ihren Gefühlen aufgehalten, als sie ihren Freund Daniel (Daniel Brühl) in mitten seines politischen Engagements auf der Straße wiedersieht. Er sympathisiert mit der sozialistischen Arbeiterbewegung des demokratisch gewählten Präsidenten Allende und unterstützt diese mit Plakatentwürfen. Darüber verhandelt er auf seine Weise auch einen Generationskonflikt mit den Eltern und überzeugt die eher hedonistisch orientierte Lena von der Notwendigkeit einer politischen Haltung und eines globalen Unrechtsbewusstseins. Ihr romantisches Beisammensein wird durch die Ereignisse des 11. Septembers 1973 jäh unterbrochen. Das Militär stürmt den Präsidentenpalast und im Zuge des Putsches durch die rechtsgerichteten Streitkräfte kommt es zu Massenverhaftungen. Öffentliche Gebäude, wie das berühmte Estadio Nacional, werden zu Konzentrationslagern umgerüstet, in denen die Soldaten, wie in diesem Fall, mehr als 40.000 Menschen zusammentreiben.

Von einer unbekannten Person denunziert, verschwindet Daniel dort, wie so viele andere auch.

Die Recherchen nach ihm gestalten sich mühselig, doch Lena weigert sich aufzugeben. Schließlich bringt Amnesty International sie auf eine bizarre Spur, die ihr nur unter größter Vorsicht weiter gegeben wird: Ein abgelegenes Siedlungsareal namens „Colonia Dignidad“, das 1956 von dem deutschen Ex-Baptisten Paul Schäfer als Sektengemeinschaft gegründet wurde und offensichtlich in engem Kontakt mit Pinochet steht.

Mit sehr viel Atmosphäre, Zeitkolorit und klassischen filmischen Spannungselementen gelingt Gallenberger die Inszenierung eines beispiellosen Falles von Menschenrechtsverletzungen, die im Spannungsfeld von sehr vielen unterschiedlichen Interessen standen. So ist unter anderem dokumentiert, dass führende CDU und CSU Politiker, darunter Franz Josef Strauß, die Kolonie besuchten und unterstützten. Über sie wurden aus Deutschland Waffenexporte nach Chile eingeschleust und als Operationsbasis der Diktatur war sie ebenfalls hochfrequentiertes Folterzentrum. Zudem wurde Paul Schäfer bei seiner Verurteilung, die erst im Jahre 2005 statt fand, wegen vielfachen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu über zwanzig Jahren Haft verurteilt.

Eine beklemmende Verkörperung ist dem Schweden Michael Nyqvist gelungen, der durch seine Rollen in Stieg Larssons Millennium-Trilogie bereits zu überzeugen wusste.

Man verzeiht Gallenberger einige übertrieben dramatischen Handlungsstränge, die der Film schon aufgrund seines Themas nicht nötig gehabt hätte, einfach weil er diese bisher wenig beleuchteten Ereignisse dadurch einem größeren Publikum zugänglich macht. Auch weil eine Aufarbeitung von deutscher Seite nie wirklich statt gefunden hat, lohnt es sich daher, diesen dennoch spannend gestalteten Zugang zu suchen.

(Silvia Bahl)

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