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Crossing the Bridge - The Sound of Istanbul

Crossing the Bridge - The Sound of Istanbul
Deutschland 2005, Laufzeit: 90 Min.
Regie: Fatih Akin
Darsteller: Replikas, Baba Zula, Alexander Hacke (II)
>> mubi.com/de/de/films/crossing-the-bridge-the-sound-of-istanbul

Es war quasi Liebe auf den ersten Ton, als Alexander Hacke, der Bassist der Einstürzenden Neubauten, zu den Dreharbeiten von Fatih Akins "Gegen die Wand" das erste Mal nach Istanbul kam, um für den Film die Musik zusammenzustellen. Und deshalb ist er nun wieder da, wieder mit Fatih Akin, und zusätzlich mit einem mobilen High-Tech-Aufnahmestudio. Er hat Großes vor: Istanbuls Musik will er einfangen. Und nichts weniger als den Geist und die Faszination dieser pulsierenden Metropole will er damit auf Festplatte bannen und entschlüsseln.

Dazu besucht Hacke zunächst alte Bekannte, nämlich die neo-psychedelische Band Baba Zula. Bei denen spielt er gleich mit, und weil die Band sich zwischen Zeki Müren und Pink Floyd, zwischen Ost und West ihren eigenen Platz suchen will, jammern sie mitten auf dem Bosporus, in einer psychedelic-jazz-oriental-rock-Session, die es in sich hat. Danach taucht der Film ab in den härteren Rock-Untergrund der Stadt und beweist, dass Fatih Akin recht hat mit seiner Behauptung, türkische Musik habe viel mit Punk gemeinsam. Von türkischem Rap mit Geza über den digitalen Derwisch Mercan Dede bis hin zu Sub- und Hochkultur zwischen Straßenmusik und Klassik spannt der Film seine Brücken, zeigt roma- und kurdische Musiker und stellt eine kanadische Sängerin vor, die in Bulgarien ihre Liebe zur türkischen Musik entdeckt hat, bevor er tief in die türkische Seele eindringt mit dem Film- und Sangesstar Orhan Gencebay und der Sängerin Sezen Aksu, die Künstler wie Tarkan europaweit bekannt gemacht hat und selber unter anderem mit Goran Bregovic zusammenarbeitet, der für zahlreiche Soundtracks von Emir Kusturica verantwortlich ist.
Formal gesehen ist diese Art von Musikdokumentation nicht unbedingt die reizvollste aller Gattungen. Doch neben den zu erwartenden Stadtansichten und Bandmitschnitten versieht Akin seine Doku mit zahlreichem Archivmaterial. Zu sehen sind dabei Filmausschnitte aus den 70ern oder – als Abspannmontage – herrlich kitschige türkische Plattencover. Das peppt den Film nicht nur visuell immens auf, sondern wirkt zudem sowohl komisch als auch verbindend, denn schließlich erinnern die türkischen geschmacklichen Besonderheiten dieser Epoche sehr an hiesige Pril-Blumen und andere - inzwischen kultige - Entgleisungen.
"Crossing the Bridge" hat der deutsch-türkische Grenzgänger Fatih Akin seinen neuen Film genannt. Ein vielsagender Titel für einen Film über Istanbul, deren Brücken die beiden unterschiedlichen Welten von Europa und Asien verbinden. Und vielsagend auch für die Botschaft des Films, der die Unterschiede als das lockende Ufer auf der anderen Seite zeigt und zugleich das Verbindende immer in den Vordergrund stellt.
Nach 90 Minuten Film hat Alexander Hacke sein hochgestecktes Ziel Istanbuls Magie zu enträtseln nicht erreicht. Zum Glück, möchte man sagen, denn schon sein Kratzen an der Oberfläche reicht schon, um selbst einen nur durchschnittlich musikinteressierten Menschen in Begeisterung zu versetzen. Und so ist dies ein Film nicht nur für WDR 5 Hörer, Rock-Romantiker und die türkischen und sonstigen Nostalgiker unter uns, sondern für alle, die sich auch nur ein bisschen für Europa und Musik interessieren.

(Anke Herling zum Kinostart im Juni 2005)

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