Dame, König, As, Spion
GB 2011, Laufzeit: 127 Min., FSK 12
Regie: Tomas Alfredson
Darsteller: Gary Oldman, Colin Firth, Tom Hardy, Mark Strong, John Hurt, Toby Jones, Benedict Cumberbatch
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Der schwedische Regisseur Tomas Alfredson (“Let the Right One In”) adaptiert in eleganten Bildern einen Klassiker der Spionageliteratur von John le Carré und versammelt dafür ein herausragendes Ensemble britischer Spitzenschauspieler. Dabei setzt er auf ausgefeilte Ästhetik, Subtilität und komplexe Erzählstränge, statt der üblichen Schauwerte des herkömmlichen Agententhrillers, was diese Adaption zu einer faszinierenden Scharade um Loyalität und Verrat macht, in der die Grenzen zwischen nationalen wie persönlichen Machtbestrebungen und Intrigen zunehmend verwischen.
George Smiley (perfekt verkörpert von einem großartigen Gary Oldman) ist die zentrale Figur in einer Reihe von Spionage-Romanen John le Carrés und könnte beinahe der lebendige Gegenentwurf zu Ian Flemings Bond sein: Zurückhaltend hinter einer Hornbrille, beinahe wie ein altes Relikt aus einer vergangenen Zeit verschmilzt seine Erscheinung mit dem monochromen England der frühen siebziger Jahre. Doch eben jene Unauffälligkeit ist essentiell, wenn man sich in den verwinkelten Machtgeflechten des britischen Geheimdienstes bewegt und sein Leben mit dem Beobachten Anderer fristet. Die Jungs mit den Muskeln, so der Regisseur lakonisch, die gingen zur Armee. Der Secret Service dagegen sei das Reich der Nerds. Und tatsächlich widmet sich „Dame, König, As, Spion“ vor allem diesem Beziehungsgeflecht der grauen Männer, deren Gedeih und Verderb von vermittelten Informationen abhängt, die sie gegeneinander ausspielen und damit eher in zweiter Linie die Geschicke ganzer Nationen bedingen. In erster Linie geht es natürlich um die eigenen Interessen. Smiley ist die rechte Hand des MI6 Chefs „Control“ (John Hurt), der überzeugt davon ist, dass sich in den eigenen Reihen ein Maulwurf, also ein Undercover-Agent der Sowjets, befindet. Beim riskanten Versuch dem Verräter in Budapest auf die Schliche zu kommen, eskaliert die Situation und die britischen Spione werden enttarnt – als Konsequenz daraus müssen Control und Smiley ihren Hut nehmen. Als ersterer wenig später tot aufgefunden wird, rekrutiert die Regierung Smiley verdeckt, um die Suche zu Ende zu bringen, da ein Doppelagent auf höchster Ebene immer wahrscheinlicher wirkt. Verdächtige gibt es genug. Smiley kann den „Circus“, wie der innere Kreis des Geheimdienstgebäudes auch genannt wird, nicht mehr betreten, also muss er eine geschickte Partie eröffnen und sich die Züge der von ihm eingespannten Figuren gut überlegen, denn jeder könnte ein Verräter sein.
Natürlich stellt sich die Frage nach der Motivation einen solchen Roman in der heutigen Zeit zu adaptieren – das Szenario des Kalten Krieges scheint ausgeschöpft und antiquiert. Doch Alfredson gelingt es, dem Genre des Spionagefilms neues Leben einzuhauchen; paradoxerweise indem er bewusst auf eine Retro-Optik setzt und im Gegensatz zu „Mission: Impossible“ Serials, auf die typischen Actionsequenzen verzichtet. Das Explosive liegt hier in den Beziehungen der einzelnen Figuren zueinander, die Aktualität des Plots zeigt sich besonders in der Tendenz der heutigen Gesellschaft zwischen verschieden Rollen und Identitäten changieren zu müssen, um erfolgreich zu sein, möglichweise manchmal zum Leidwesen für unser Beziehungsleben. Letztlich ist der wunde Punkt eines jeden Spiones natürlich auch hier eine emotionale Bindung, die er sich eigentlich nicht leisten kann. Durch eine hervorragende Szenenkomposition und die bewusste „Low-Tech“-Ästhetik erinnert der Film stellenweise an Klassiker des New Hollywood-Kinos wie Coppolas „Conversation“; ebenfalls ein hervorragender, intelligenter und zeitloser Thriller über das bespitzelte Leben der Anderen.
(Silvia Bahl)