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Das geheime Leben der Worte
Spanien 2005, Laufzeit: 112 Min., FSK 6
Regie: Isabel Coixet
Darsteller: Sarah Polley, Tim Robbins, Javier Cámara, Eddie Marsan, Steven Mackintosh, Julie Christie, Danny Cunningham, Emmanuel Idowu

Hanna ist eine sehr stille junge Frau. Meist hat sie ihr Hörgerät ausgeschaltet, denn sie selbst redet fast nie mit jemandem und ansprechen lässt sie sich nur ungern. Als sie einen Krankenpfleger-Job auf einer Ölbohrinsel annimmt, stösst sie auf Josef, der sich bei einer Explosion starke Verbrennungen zugezogen hat und vorübergehend erblindet ist. Der ideale Partner für Hanna, doch Josef verdoppelt seine Anstrengungen, das Vertrauen der Frau zu gewinnen, die er nicht sehen kann und das geheime Leben der Worte, tief in ihrem Innern, an die Oberfläche zu holen. Schon mit "Mein Leben ohne mich" hat die Spanierin Isabel Coixet einen schwierigen Stoff meisterhaft umgesetzt. Damals ging es um eine junge Frau, die nur noch kurze Zeit zu leben hat und schon mal das Leben nach ihrem Tod für ihren Mann und ihr Kind organisiert. Gespielt wurde dieses Rolle von Sarah Polley, die auch in diesem Film wieder dabei ist. Sie spielt die junge Hanna, die in einer Fabrik einer stupiden Tätigkeit nachgeht. Sie fordert nichts, sie beschwert sich nie, war noch nie krank und nimmt nicht einmal ihren Urlaub, konstatiert der Betriebsleiter, als er sie eines Tages zu sich ruft. Die Kollegen haben sich über sie beschwert. Nicht dass etwas gegen sie vorliegt, aber sie redet mit keinem und verhält sich immer abweisend. Wie wär's denn mal mit Urlaub, Sommer, Sonne, Swimmingpool, schlägt ihr Chef vor und schiebt ihr ein paar Reisekataloge rüber. Im Reisebus sehen wir Hanna nach Irland fahren, hier, wo der Himmel grau und das Klima rauh ist, fühlt sie sich besser und als sie beim Abendessen von einem Unfall auf der Ölbohrinsel vor der Küste hört, bewirbt sie sich um einen Ferienjob als Krankenschwester. Ihre Aufgabe ist es, den bei einer Explosion schwer verletzten Josef zu pflegen. Er hat schwerste Verbrennungen und ist vorübergehend erblindet. Sein starkes Fieber macht ihn nicht transportfähig. Hanna wechselt seine Verbände, füttert und pflegt ihn. Josef, der seine Krankenschwester nicht sehen kann, versucht mit ihr ins Gespräch zu kommen, ist aber nicht erfolgreicher als die vielen anderen, die dies bereits versucht haben. Doch Josef gibt nicht auf, erzählt von seinen Unzulänglichkeiten und Fehlern, von einem Leben, dass ihn an diesen traurigen Ort geführt hat. Er setzt andere Sinne ein, lässt Hanna von seinem Essen probieren und gewinnt Stück für Stück das Vertrauen der verschlossenen jungen Frau. Und als er am Ende sie zum Sprechen bewegt, schießt es nur so aus ihr heraus, erzählt sie ihm die Geschichte ihres Lebens. Fortan hat Josef nichts mehr zu sagen, denn das, was Hanna erlebt hat, ist kaum zu toppen, erklärt nicht nur ihr merkwürdiges Verhalten, sondern auch ihre tiefe Enttäuschung und die schweren inneren Wunden, die sie mit sich herumschleppt. Am nächsten Tag wird Josef in ein Krankenhaus geflogen und Hanna verschwindet so wie sie gekommen ist, wortlos. Wochen später steht Josef vor Hannas Fabrik, und als sie herauskommt und an ihm vorbeigehen will, hat er sie längst erkannt, obwohl er sie noch nie gesehen hat. Er überreicht ihr eine Tasche mit Briefen von ihrer Psychotherapeutin, die sie auf der Bohrinsel vergessen hat. Josef hat ihr Leben nachrecherchiert, hat mit der Psychologin gesprochen und sogar den Ort gefunden, wo die Worte ihres Schicksal aufgezeichnet, abgespeichert und archiviert wurden. Doch Josef will das geheime Leben dieser Worte wiederbeleben und er will an ihrer Bewältigung teilhaben. Selten hat man ein ähnlich dicht inszeniertes Kammerspiel gesehen. Hier auf der wegen des Unfalls stillgelegten Bohrinsel, wo keiner mehr nach Öl bohrt, treffen zwei gebrochene Menschen aufeinander - der eine äüßerlich versehrt, die andere innerlich tief verletzt - und bohren sich tief in das Innere des anderen, um Wahrheiten an Tageslicht zu holen, die man allein schwerlich verarbeiten kann. Ob sie es gemeinsam schaffen, ihren Lebensmut wiederzufinden, ist der Funken Hoffnung, der dieses Drama so erträglich macht und auch den Zuschauer motiviert, den Kopf nicht hängen zu lassen.

(Kalle Somnitz, playtime by biograph)

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