Der Graf von Monte Christo
Frankreich 2024, Laufzeit: 178 Min.
Regie: Matthieu Delaporte, Alexandre De La Patellière
Darsteller: Pierre Niney, Bastien Bouillon, Anaïs Demoustier
Alle Jahre wieder in neuem Gewand, und diesmal wirklich frisch: Der neue GRAF VON MONTE CHRISTO legt sein Hauptaugenmerk auf Rache und Mummenschanz, interpretiert seine Hauptfigur als geistigen Bruder des Anonymus-Revoluzzers Guy Fawkes (V WIE VENDETTA) und beschert uns klassisches, mitreißend bildgewaltiges Historien-Abenteuerkino vom Feinsten.
Frankreich, Anfang des 19. Jahrhunderts. Der junge Seeman Edmond Dantès kommt nach langer Reise mit glücklichen Nachrichten nach Hause: Weil er auf hoher See eine über Bord gegangene Frau gerettet hat, wird er zum Kapitän befördert und kann somit endlich seine Angebetete aus gutem Hause heiraten. Doch wo Erfolg ist, sind auch Neider und die schmieden sofort ihre Intrigen. Mitten bei der Trauung wird Dantès vom Altar weggezerrt und eingesperrt: Die Frau, die er gerettet hat, war eine bonapartistische Agentin, Dantès wird der Verschwörung bezichtigt und landet ohne Verfahren im Kerker. Als ihm Jahre später die Flucht gelingt, schwört er auf Rache. Er weiß, wer ihn zu Unrecht beschuldigt hat, und im Kerker hat er von einem alten Priester erfahren, wo der Schatz der Tempelritter versteckt ist. Ausgestattet mit neuem Reichtum und einer neuen Identität schmiedet er einen raffinierten Plan, um seine Peiniger, die inzwischen hohe Ämter bekleiden, zur Strecke zu bringen. Doch dabei wird er auch seiner alten großen Liebe wieder begegnen...
Schon die zweiteilige Neuverfilmung der DREI MUSKETIERE mit Vincent Cassel und Eva Green im vergangenen Jahr stammte aus der Feder des Duos Delaporte und de La Patellière (wie übrigens auch das französische Original zu Sönke Wortmanns DER VORNAME). Hier wie dort bestand die größte Herausforderung vermutlich zunächst einmal in der Auswahl: Gut 700 Seiten umfasst der ursprünglich 1844-1846 als Fortsetzungsroman veröffentlichte Klassiker von Alexandre Dumas und jede Verfilmung legt quasi gezwungenermaßen ihre eigenen Schwerpunkte. Delaporte und de La Patellière, die hier dann auch Regie führen durften, konzentrieren sich ganz auf die Rache-Geschichte, raffen andere Teile durch mit Texttafeln gekennzeichnete Auslassungen und schaffen damit vor allem einen runden, funktionierenden Abenteuerfilm von noch überschaubarer (und nicht gefühlter!) Überlänge und vor allem überwältigenden Bildern: Vom ersten Sturm auf hoher See bis zum letzten Schwertkampf Mann gegen Mann bleibt uns nicht viel anderes übrig, als uns einfach mitreißen zu lassen. Pierre Niney (YVES SAINT LAURENT) glänzt spielfreudig in der Hauptrolle als intellektuell überlegener Racheengel inkognito und seine immer wieder wechselnden Masken, mit denen er die Widersacher an der Nase herum führt, ihnen in feinster Hamlet-Manier sogar die eigenen Vergehen vorspielt, geben dem Ganzen eine überraschend postmoderne Note. Hier scheint fast ein augenzwinkernd selbstreflexiver Hinweis auf, auf das, was das Ganze eigentlich ist: Ein Spiel eben, mit Kostümen und Masken, mit großen Helden und finsteren Schurken. Ein bisschen aus der Zeit gefallen vielleicht, aber liebevoll entstaubt und, wenn man sich drauf einlässt, ein herrlich kurzweiliges Vergnügen.