Der menschliche Makel
USA 2003, FSK 12
Regie: Robert Benton
Darsteller: Sir Anthony Hopkins, Nicole Kidman, Ed Harris, Gary Sinise, Kerry Washington, Charles W. Gray, Jacinda Barrett, Harry J. Lennix, Wentworth Miller, Anna Deavere Smith, Lydia Zadel
Der alte Mann und die Melkerin
Kinokeule (541), 12.12.2007
Das Hopkins nichts Afroamerikanisches an sich hat, ist ja für die hier erzählte Geschichte nun gerade zwingend erforderlich.
Die Affäre mit der viel jüngeren Frau (hier eine Melkerin ha-ha) ist eine häufig anzutreffende Altherrenfantasie betagter Schriftsteller in letzter Zeit. Hinzu kommen hier noch der eifersüchtige Ehemann und die Schuld der Frau am Tod ihrer Kinder. Das ist alles etwas viel für die Schultern dieses Filmes, der nur 100 Minuten dauert. Vieles wird leider nur angeschnitten und ich hätte mir etwas mehr Tiefe erhofft.
Trotzdem ist die Geschichte interessant, gute Schauspieler und richtiggehend fesselnd.
(4 Sterne)
Film und Buch
Raspa (392), 19.09.2005
Das alte Problem: Ein umfangreicher Roman entwirft ein weitgespanntes Panorama, wir lernen die Personen und ihre Vergangenheit ganz allmählich kennen ( wobei Ph. Roth es mit seiner Detailbesessenheit manchmal etwas übertreibt, wie ich finde ). Nun soll daraus ein Film von 90 - 110 Minuten Länge entstehen. Selbst großartige Darsteller, wie sie hier zweifellos agieren, stoßen da an natürliche Grenzen. Ein Roman ist ein Roman, und ein Film ist ein Film, ich weiß. Aber muss man einen solchen Roman, der so tief in Amerikas Gegenwart und Vergangenheit eintaucht, unbedingt auf Spielfilmlänge zurechtstutzen? Da habe ich meine Zweifel. Also zitiere ich hier die gute Elke H.: Lesen!
Toller Film, zumindest für Nichtkenner des Buches
gutzi (182), 21.01.2004
Wirklich ein schöner Film, mit einem ganz besonders tollen Anthony Hopkins. Auch Nicole Kidman ist wahrscheinlich von Anfang an gut, aber die von ihr verkörperte Figur ist anfangs einfach so sperrig, ihre Beweggründe so unklar, daß der Zuschauer Probleme damit hat und sie erst nach und nach zu verstehen beginnt. Für mich hätte der Film noch viel länger dauern können, insbesondere hätte ich gerne mehr darüber erfahren, wie Coleman all die Jahre mit der Lüge gelebt hat, auf der sein ganzes Leben aufbaut. Da läßt der Film irgendwie viele Fragen offen (und könnte für Kenner des Buches damit sicher enttäuschend sein). Ich jedenfalls werde das Buch jetzt sicher irgendwann mal lesen, in der Hoffnung, dort Antworten zu finden.
Eine Krähe die nicht weiß, daß sie eine Krähe ist.
otello7788 (554), 06.01.2004
Zwei Menschen, die das Leben in ganz unterschiedlicher Weise traumatisiert hat, überwinden dies durch Ihre Liebe:
Der Mann wird von A.Hopkins gespielt: Alleine sein Spiel, seine Präsenz lohnen den Besuch des Films.
Die Frau ist Nicole Kidman. Sie hat es bedeutend schwerer. Die Rolle der Putzfrau, der Gestrauchelten nimmt man ihr anfangs schwer ab, da sie einfach von ihrer Erscheinung her zu engelhaft ist. Aber je länger der Film andauert, umso besser wird sie. Spätestens in der Szene mit der Krähe ist sie vollkommen.
Wunderbare Dialoge, Sätze die z.T.sehr tief gehen, lassen diesen Film noch lange nachleben. Sehr gut ebenso Musik und Kamera. Herausragend die beiden wunderbaren Nebendarsteller Ed Harris/Gary Sinise.
Sicherlich kein Mainstreamfilm, dazu ist die Geschichte zu unspektakulär. Eher ein leiser Film, ganz wundervoll.
Nicole putzt
juggernaut (162), 24.12.2003
...Anthony Hopkins nicht weg, kann aber neben ihm durchaus bestehen. Aber das ist ja auch gar nicht der Punkt, wenn man den "Filmkritikerinnen" von ZDF (Heute-Journal vor 14 Tagen) und 3sat (Kulturzeit anlässlich der Vorstellung des Films in Cannes) glauben darf. Die fragen doch glatt: Darf sie das, kann sie das, eine Putzfrau spielen, die "Porzellanschönheit" (O-Ton Heute-Journal) Nicole Kidman? Natürlich nicht, denn sie ist ja nicht klein, rundlich und trägt ein Kopftuch wie die Reinigungskräfte, die vermutlich die Buden der ZDF/3sat-Tanten (auch auf Steuerkarte?) auf Vordermann bringen!
Abgesehen davon, dass Faunia Farley schon in Roths Romanvorlage keineswegs den offensichtlich weit verbreiteten Klischees von einer "Putze" entspricht, ist es geradezu grotesk, Frau Kidman ihr gutes Aussehen vorzuwerfen und sie damit für die Rolle einer Putzfrau quasi von vornherein als ungeeignet abzuqualifizieren. Man könnte dagegen sehr wohl die Frage stellen, warum aus dem 70-jährigen, als Folge einer Prostata-Operation inkontinenten Schriftsteller Nathan Zuckermann des Romans nun im Film ein 40-Jähriger wird. Das hat wohl eindeutig mit einem erhofften besseren Publikumszuspruch und also mit reinen Marketingerwägungen zu tun. Soll mir keiner erzählen, es gäbe dafür 'künstlerische Gründe'.
Das sind aber auch schon die einzigen Dinge, über die ich mich echauffieren kann. Der Film selbst ist über weite Strecken zähflüssiges, gediegenes Mittelmaß. Wundert mich allerdings nicht, denn schon der Roman war eine anstrengende und keinesfalls durchweg lohnende Lektüre, was auch an Roths Stil der ständigen Dehnung des Handlungsablaufs durch Digressionen, Rückblenden, Einschübe etc liegt. Die haben Drehbuchautor Nicholas Meyer und Regisseur Robert Benton zwar konsequent gestrafft und aufs Wesentliche konzentriert; aber trotzdem dümpelt der Film lange Zeit vor sich hin (allerdings mit einer auch in den Nebenrollen erlesenen Besetzung). Die beherrschenden Themen Scheinheiligkeit, doppelte Moral, Rassismus und Leben mit Lebenslügen erschließen sich erst in den letzten 20 Minuten wirklich. Da erinnert "Der menschliche Makel" dann stellenweise an die so genannten message movies der Fünfziger und Sechziger aus der Stanley Kramer-Produktion. Insgesamt aber weit entfernt von einem Film, der einen an und zwischen den Feiertagen aus dem Fernsehsessel reißen oder vom großen Weihnachts-Fressen abhalten müsste.
Nachtrag: Natürlich bleibt die 3sat-Kulturzeit trotz der obigen Kritik eine der wenigen wirklich guten Fernsehsendungen.