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Die andere Seite der Hoffnung

Die andere Seite der Hoffnung
Finnland 2017, Laufzeit: 98 Min., FSK 6
Regie: Aki Kaurismäki
Darsteller: Ville Virtanen, Kati Outinen, Tommi Korpela
>> www.die-andere-seite-der-hoffnung.de/

Die andere Seite der Hoffnung“ ist der zweite Teil einer geplanten Hafen-Trilogie, die Aki Kaurismäki mit dem in Cannes vorgestellten „Le Havre“ 2011 begonnen, nun aber – angesichts der Weltlage – eigenem Bekunden nach zu einer Flüchtlingstrilogie umgewandelt hat. Auch im zweiten Teil bleibt er seinem lakonischen Stil treu. Er ist geprägt von Melancholie, auf das Wesentliche reduziert, oftmals versehen mit originellen und bizarren Bildeinfällen und doch mit viel Humor durchtränkt. Kaurismäki hält dem Zuschauer einen Spiegel vor, in dem er sich insgeheim wiedererkennen kann.

Gleich eine der ersten Szenen ist dafür ein schönes Beispiel. Der Hemdenvertreter Wikstroem packt seine Koffer, legt Wohnungsschlüssel und Ehering auf den Frühstückstisch, um in ein neues Leben aufzubrechen. Seine Frau erfasst die Situation sofort, wirft den Ring in den gefüllten Aschenbecher und drückt darin verachtungsvoll ihre Zigarette aus. Mit wenigen aber punktgenauen Bildern skizziert Kaurismäki hier eine zerrüttete Ehe, der der gegenseitige Respekt und die Fähigkeit zur Kommunikation abhandengekommen ist.

In Wikström aber schlummert der Wille zur Veränderung. Er verkauft sein Hemdengeschäft, vervielfacht das Geld beim Kartenspiel und wird Besitzer eines Restaurants mit drei Angestellten inklusive Hund. Doch es läuft nicht rund: das Lokal ist heruntergekommen und die Angestellten verlangen ihren noch ausstehenden Lohn.

Hier nun kommt der Syrer Khaled ins Spiel, von dem ein zweiter Erzählstrang handelt. Mit einem Kohlefrachter kommt er als blinder Passagier nach Helsinki, stellt sich gleich den Behörden und beantragt Asyl. Als das abgelehnt wird, taucht er unter und streift als Obdachloser durch die Stadt, erfährt allerlei Rassismus, bis Wikstroem ihn in seinem Hinterhof findet. Er nimmt ihn auf, gewährt ihm Obdach und stellt ihn als Spüler ein. Die Figur Wikstroems macht hierbei eine eigentümliche Entwicklung durch. Vom emotionslosen Vertreter für Hemden wird er zum Chef, der plötzlich Verantwortung für seine Mitarbeiter übernehmen muss. Kaurismäki konfrontiert ihn hierbei mit ungerechten sozialen Zuständen, auf die er ebenso sachlich wie menschlich reagiert. Mit diesen reduzierten Bildern gelingt Kaurismäki ein großes Statement.

Für ihn ist es nur normal, Menschen zu helfen, die in Not sind. Wikstroem macht daraus keine große Sache, handelt eher instinktiv und ist dennoch gemessen an unserem derzeitigen Alltag ein Held. Auf die Frage, ob er nicht die Islamisierung Europas fürchte, antwortete Kaurismäki auf der Pressekonferenz humorvoll: „Islandisierung Europas? Island war ganz gut im Fußball, aber darum müssen wir doch nicht die Islandisierung Europas fürchten.“ Doch dann wird er ganz ernst: „Ich möchte gerne die Einstellung meiner Landsleute ändern. 20.000 Iraker kamen nach Finnland. Viele Finnen haben das als Angriff empfunden, wie einen Krieg. Das hat mich sehr erschreckt. Da musste ich mich zu Wort melden“, betonte er und man merkte, wie wichtig dem sonst so wortkargen, publikumsscheuen Mann diese Aussage war. „Wir sind alle Menschen. Jetzt sind andere auf der Flucht, morgen können wir Flüchtlinge sein."

(Anne Wotschke)

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