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Die Karte meiner Träume

Die Karte meiner Träume
Frankreich, Kanada 2013, Laufzeit: 105 Min., FSK 0
Regie: Jean-Pierre Jeunet
Darsteller: Kyle Catlett, Helena Bonham Carter, Robert Maillet, Judy Davis, Dominique Pinon
>> kartemeinertraeume.de/

Wunderkinder und ihre Eltern haben es miteinander nicht leicht – das wissen wir seit Judy Fosters „Das Wunderkind Tate“, Fredi Murers „Vitus“ und zahlreichen weiteren Verfilmungen diesen Themas. Doch noch nie wurde das Drama des begabten Kindes so phantasievoll und herzerwärmend verfilmt wie in Jean-Pierre Jeunets „Die Karte meiner Träume“- und das auch noch dreidimensional, in einer Weise, die die künstlerischen Möglichkeiten dieses Mediums genial ausschöpft.

Vorlage des Plots ist der 2009 erschienene gleichnamige Debüt-Roman „Die Karte meiner Träume“ des Amerikaners Reif Larsen. Regisseur Jean-Pierre Jeunet hatte seinen größten Erfolg als Schöpfer von „Die fabelhafte Welt der Amélie“, einen urfranzösischer Stoff, der Paris und seinem Stadtteil Montmartre ein Denkmal setzte. Nun unternimmt er mit seinem kleinen Helden T. S. Spivet eine Reise quer durch die USA.

Im Mittelpunkt stehen die Erlebnisse des aus Montana stammenden achtjährigen Tecumseh Sparrow Spivet, der auf der abgelegenen Copper Top Ranch mit seinen Eltern und seiner älteren Schwester lebt. Ein Verbund von vier Persönlichkeiten, die so gar nicht zueinander zu passen scheinen. Vater Tecumseh Elijah ist ein schweigsamer Cowboy, seine Mutter Dr. Clair eine verschrobene Insektenkundlerin, die sich der Jagd nach dem sagenhaften Tigermönchkäfer verschrieben hat. Teenager Gracie ist besessen von der Idee, an einem Schönheitsköniginnen-Wettbewerb teilzunehmen, um endlich ein Star zu werden und aus Montana herauszukommen. Ebenso wie ihr Vater hat sie wenig Verständnis für den Forscherdrang ihres kleinen Bruders, der Tag und Nacht seltsame Diagramme zeichnet und an absonderlichen Experimenten feilt. Zur Familie gehörte einst auch noch Tecumseh Sparrows Zwillingsbruder Layton, eine gesprächige und lebhafte, geistig aber etwas minderbemittelte Kleinausgabe seines Vaters, der bei einem Unfall verstarb und wie ein Schatten noch immer in den Köpfen der Familienmitglieder weiterlebt.

Das Leben der Familie gerät aus den Fugen, als T.S. unerwartet vom berühmten Smithsonian Museum nach Washington D.C. eingeladen wird, um den prestigeträchtigen Baird-Preis für seine Erfindung, eines Perpetuum Mobiles, entgegen zu nehmen. Während das Museum nicht ahnt, dass der Erfinder ein Kind ist, ahnt seine Familie weder etwas von seiner Auszeichnung, noch von seinem Entschluss, den Preis entgegenzunehmen. Uns so macht sich T.S. eines Nachts mit gepacktem Koffer heimlich auf den Weg von Montana in die Hauptstadt. Ein aufregendes Abenteuer beginnt, das ihn nicht nur auf die absonderlichsten Gestalten treffen lässt, sondern ihn auch zum ‚Mozart der Wissenschaft’ macht. Ganz nebenher wirft er einen bitterbösen Blick auf die Schattenseiten des Ruhmes und die Auswüchse der heutigen Unterhaltungsindustrie und bringt ihn schließlich wieder mit seiner ihm entfremdeten Familie zusammen.

Diese wunderbare Mixtur aus Wissenschaft und Magie, kindlicher Fantasie und Familiengeschichte, lebt neben den tollen Darstellern und den grandios die Weite der Landschaft einfangenden Bildern vom gewohnt überbordenden Einfalssreichtum des Regisseurs und dem kongenialen Einsatz der 3D-Technik, die nach Wim Wenders „Pina“ endlich einmal wieder beweisen kann, was in ihr steckt. Landkarten, Skizzen oder Porträts schweben durch den Kinoraum, bezaubern den Zuschauer und lassen ihn in die Gedankenwelt des kleinen Wissenschaftlers eintauchen. „Die Karte meiner Träume“ fügt sich wunderbar ein in das Universum des Jean-Pierre Jeunet, erobert gleichzeitig aber auch neue Welten – ein Höhepunkt des Kinosommers.

(Anne Wotschke - biograph)

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