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Die Saat des heiligen Feigenbaums

Die Saat des heiligen Feigenbaums
Iran, Frankreich, Deutschland 2024, Laufzeit: 147 Min., FSK 16
Regie: Mohammad Rasoulof
Darsteller: Misagh Zare, Soheila Golestani, Mahsa Rostami
>> tickets.alamodefilm.de/die-saat-des-heiligen-feigenbaums/tickets

Trotz Berufsverbot als Regisseur hat der iranische Filmemacher Mohammad Rasoulof Anfang des Jahres einen neuen Film fertiggestellt und im Frühjahr in Cannes eingereicht, wofür er zuhause zu acht Jahren Haft mit Folter verurteilt wurde. Und da er natürlich auch keine Ausreisegenehmigung für das Filmfestival bekam, floh er zu Fuß über die Berge und war rechtzeitig an der Cote d'Azur, um den Großen Preis der Jury aus den Händen von Greta Gerwig entgegenzunehmen.

In seiner Dankesrede erklärte Rasoulof, dass es dieses Preises gar nicht bedurft hätte. Allein die Tatsache, den Film drehen zu können, vom Festival ausgewählt und so viel internationale Beachtung bekommen zu haben, sei für ihn Auszeichnung genug gewesen. Der Preis helfe aber dabei, den Film weltweit bekannt zu machen. Selbst wenn er im Iran nie im Kino gezeigt werde, ist er sich sicher: Meine Landsleute werden ihn im Internet sehen. So schloss sich endlich ein Kreis, denn iranische Filme hatten schon immer die volle Solidarität der europäischen Festivals. Doch diesmal folgten dem Taten: Rasoulof wurde nicht nur mit Standing Ovations gefeiert, sondern fand in Berlin auch ein neues künstlerisches Zuhause.

Während frühere Generationen iranischer Filmemacher ihre Kritik an den Missständen im eigenen Land in poetischen Metaphern versteckten, bedient sich Rasoulof einer klaren, beinah dokumentarischen Filmsprache, die die Dinge beim Namen nennt und so das System direkt provoziert. Schon sein Berlinale Gewinner DOCH DAS BÖSE GIBT ES NICHT ist eine zornige und unverblümte Abrechnung mit dem Unrechtsregime im Iran.

DIE SAAT DES HEILIGEN FEIGENBAUMS geht von einer uns hinlänglich bekannten Ausgangslage aus: Ein junges Mädchen ist bei einer Kontrolle der Sittenpolizei ums Leben gekommen. Während der Fall heruntergespielt wird, formieren sich Protestbewegungen im ganzen Land, die das Regime mit brutaler Gewalt niederschlägt. Viele werden verhaftet und in den Gerichten hagelt es Todesurteile, die überprüft werden müssen, wofür neue Richter eingestellt werden müssen. Als ein solcher Untersuchungsrichter wird Iman an das Revolutionsgericht in Teheran berufen. Für Iman ein mächtiger Karrieresprung, der ihn und seine Familie aus der Enge der Mietskaserne herausführen wird, denn demnächst wird er sich ein eigenes Haus leisten können. Er ist stolz auf die neue Aufgabe und will sie gewissenhaft angehen. Er wird demnächst diese Todesurteile bearbeiten müssen und hat gelernt, dass jedes einzelne Urteil hier genau geprüft und gegebenenfalls recherchiert werden muss, um Fehlurteile auszuschließen. Doch als er seinen neuen Job antritt, liegen bereits 60 Todesurteile auf seinem Schreibtisch, die er bis zum Abend unterschrieben haben soll. Als er seinen Vorgesetzten darauf hinweist, dass dies nicht zu schaffen sei, stellt dieser ihn vor die Wahl entweder zu tun, was man von ihm verlangt oder zu kündigen.

Iman entscheidet sich für ersteres und wird erstaunlich schnell ein zuverlässiger Stellvertreter der auf Gewalt und Paranoia aufgebauten Theokratie des Systems. Damit bringt er das Gleichgewicht seiner Familie ins Wanken. Während der strenggläubige Familienvater mit der psychischen Belastung durch seinen neuen Job zu kämpfen hat, sind seine Töchter Rezvan und Sana von den Ereignissen schockiert und haben sich längst mit den Menschen auf der Strasse solidarisiert, während seine Frau Najmeh verzweifelt versucht, alle zusammenzuhalten.
Mohammad Rasoulof bildet auf subtile Weise das Staatssystem innerhalb der Familie nach und zeigt so stellvertretend die Risse innerhalb der iranischen Gesellschaft. Ein meisterhaft inszenierter und berührend gespielter Film, der Bilder findet, die im Kopf bleiben.

(Kalle Somnitz)

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