DogMan
Frankreich, USA 2023, Laufzeit: 113 Min., FSK 16
Regie: Luc Besson
Darsteller: Caleb Landry Jones, Jojo T. Gibbs, Christopher Denham
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In einem ohnehin starken Jahrgang mit spannenden kinotauglichen Filmen gehörte Luc Bessons DOGMAN zu einem der Höhepunkte. Sein ebenso packender wie bewegender Film über einen von der Gesellschaft Ausgestoßenen, der durch die Liebe seiner Hunde aufgefangen wird und sich auf subtile Weise rächt, ist ein schillernder Genremix, der, getragen von einem herausragenden Hauptdarsteller, streckenweise an Todd Phillips JOKER erinnert.
Caleb Landry Jones (THREE BILLBOARDS...) spielt diesen Außenseiter, für den schon in frühester Kindheit die Weichen zu einem anscheinend hoffnungslosen Leben gestellt werden. Gleich zu Beginn des Films wird er bei einer Verkehrskontrolle blutverschmiert und im Abendkleid am Steuer eines Lastwagens voller Hunde aufgegriffen und festgenommen. Von einer Polizeipsychologin befragt, erfahren wir mehr von Dougs unglaublicher Lebensgeschichte.
Von seinem gewalttätigen Vater und dem debilen gottesfürchtigen Bruder früh vom Familientisch verwiesen und in einen Hundezwinger gesperrt, wächst Doug in einer Art Kaspar-Hauser-Situation auf. Die zu aggressiven Kampfhunden dressierten Tiere erweisen sich für ihn bald als die besseren Menschen und werden nach und nach zum Familienersatz. Mit ihrer Hilfe kann er sich Jahre später befreien und den Vater hinter Schloss und Riegel bringen.
Ein freies und unbeschwertes Leben bleibt ihm trotzdem verwehrt. Zwar kann er bei einem Job in einer Bücherei viele Bücher lesen und sich Bildung aneignen, die er bei einer Dragqueen-Gruppe mit der Performance von Chansons von Edith Piaf und Marlene Dietrich in Kultur umsetzt. Hier erfährt er erstmals Gemeinsamkeit unter Menschen, Toleranz und Freiheit, doch obwohl er so eine geistige Heimat findet, bleibt er letztlich ein Außenseiter. Durch die Misshandlungen seiner Familie an den Rollstuhl gefesselt, immer wieder auf Jobsuche, bleibt auch eine mögliche Liebesromanze unerfüllt. Dennoch ist er zu einer ungewöhnlichen Persönlichkeit herangewachsen, die sich mit seinen Hunden in ein verlassenes Schulgebäude zurückzieht, das fortan seine Schaltzentrale ist. Von hier aus steuert er raffinierte Raubzüge, die die Hunde ausführen und so ihren gemeinsamen Lebensunterhalt bestreiten. Natürlich hat diese Gauner-Idylle nicht lange Bestand, und bald schon eskalieren die Ereignisse, so dass sich Doug bei eben jener Polizei-Psychologin wiederfindet, der es gelingt, die psychologische Dimension seiner Geschichte aufzudecken. Zu ihr hat er Vertrauen, weil sie etwas gemeinsam haben: Beide haben in ihrer Jugend Schmerz erfahren und haben Angst davor, missbraucht zu werden.
Luc Besson ist eine erstaunliche Mischung aus Action-Thriller, Heist-Movie und psychologischer Studie mit Tiefgang gelungen, die mit seinem ungemein sensibel aufspielenden Schauspieler, den bis zuletzt spannenden Wendungen und natürlich den vielen Hunden punktet, allesamt Charakterdarsteller, die beim Festival in Cannes sicher mit der Palm Dog ausgezeichnet worden wären. Durch ihr geniales Zusammenspiel erweist sich die Hundefamilie als intakter Gegenentwurf zu einer Gesellschaft, die auf Ausgrenzung und Wegsperren setzt. Besson nimmt hier auch Anleihen an den ungarischen Film UNDERDOG von Kornél Mundruczó, der 2014 in Cannes die Reihe Un Certain Regard gewann. Die Parabel auf den Zustand der ungarischen Gesellschaft hatte eine ähnliche Thematik, wurde jedoch aus der Perspektive der Hunde geschildert.