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Gravity

Gravity
USA 2013, Laufzeit: 90 Min., FSK 12
Regie: Alfonso Cuarón
Darsteller: Sandra Bullock, George Clooney, Ed Harris
>> wwws.warnerbros.de/gravity/index.html

Nach seiner hervorragenden Gesellschaftsdystopie “Children of Men” beweist der mexikanische Regisseur Alfonso Cuarón erneut sein Talent für den anspruchsvollen Science-Fiction-Film. Ihm gelingt der erstaunliche Spagat zwischen mitreißenden 3D-Bildern und einem fast kammerspielhaften existenziellen Drama, in dem vor allem Sandra Bullock durchweg überzeugt. Voller Metaphern und Allegorien funktioniert “Gravity” sowohl als atemloses Unterhaltungskino wie auch als vielschichtiges Psychogramm einer Frau, die in den Tiefen des Weltraums ihren innersten Ängsten gegenüber treten muss.

Der Raum, den Cuarón zu Beginn des Films entwirft, ist eindeutig keine menschliche Umwelt. Kein Sauerstoff zum Atmen, keine Wärme zum Leben, kein Schall, der den Austausch durch Kommunikation ermöglicht, auf den wir als soziale Wesen angewiesen sind. Es ist ein Szenario absoluter Angst, das er im Vorspann dem Geschehen voran stellt und das weit über sein Setting im Weltraum hinaus geht. Für die Protagonistin Ryan (Sandra Bullock) wird er im Laufe der dramatischen Handlungsentwicklungen zu einer existenziellen Konfrontation mit sich selbst, ihrer Vergangenheit und der Frage, für was für eine Zukunft sie sich entscheidet. Als Wissenschaftlerin ist sie es gewohnt, Abläufe zu kontrollieren - ihre Aufgabe bei der Fünf-Mann-Mission am Hubble Teleskop, ist es, Defekte zu beheben, damit das System weiter reibungslos funktionieren kann.

Ihr eigener tiefer Defekt wird erst viel später offenbar, als die Katastrophe sich auf traumatische Weise wiederholt: Ryan verliert ihren Halt, überschlägt sich, driftet ohne Kontrolle durch die vermeintliche Leere des Universums, getrennt von allen anderen. Was im All auf eine Kollision mit Weltraumschrott zurück zu führen ist, die sie aus der Bahn wirft, war in der Vergangenheit der Tod ihrer kleinen Tochter, die auf dem Schulhof tödlich gestürzt ist, ebenso unmittelbar wie auch auf erschreckende Weise banal. Seit dem steht Ryan nicht mehr mit beiden Beinen im Leben und hat die spielerische Fähigkeit auf unvorhergesehene Ereignisse zu reagieren zusammen mit ihrem inneren Drive verloren. Es bleibt nur das ziellose Fahren, mit dem sie sich betäubt, ob auf der Erde im Auto oder beim Einsatz im Weltraum. Anders ihr Kollege Matt (George Clooney). Der charmant-chauvinistische Team-Leiter hat jenen Antrieb, der für Ryan bald auch im übertragenen Sinne existenzielle Wichtigkeit bekommt. Durch die Triebwerke an seinem Anzug können die beiden zumindest die nächste Raumstation erreichen und Ryan wird sich auch später noch an diese Begegnung erinnern, wenn Matt sie ermahnt, loszulassen - auch hier im doppelten Sinne.

Es ist stets eine grosse Kunst Filme zu machen, die durch ihre Mehrdimensionalitat eine Vielzahl von Menschen anzusprechen vermögen, weil man sie auf so unterschiedlichen Ebenen betrachten kann. Cuarón nutzt die 3D-Technologie nicht wie so viele Mainstream-Produktionen unnötiger Weise aus finanziellem Kalkül, sondern setzt sie zusammen mit dem pointierten Soundtrack sinnvoll ein, um die beeindruckend animierte Tiefe des Weltraums für den Zuschauer auf allen sensorischen Ebenen erfahrbar werden zu lassen.

Für die durchweg hervorragende Bildgestaltung zeigt sich nicht umsonst Terrence Malicks Kameramann Emmanuel Lubezki verantwortlich, der zuletzt mit “Tree of Life” und “To the Wonder” philosophische Betrachtungen als visuellen Rausch zu inszenieren wusste.

“Gravity” ist ein Film, der immer bedeutungsschwerer wird, je länger man über ihn nachdenkt und dessen Besetzung mit zwei Hollywood-Stars, die gerne eher das seichtere Genre bedienen, eine gelungene Ironie darstellt. Über diese Brechung und die Dynamik der Bilder lässt sich der Film nicht nur im Sinne des klassischen Science-Fiction-Films, wie “2001 – Odyssee im Weltraum” oder “Alien” als Metapher für existenzielle Themen begreifen. Man kann beim Schauen auch einfach dem Rat des gut gelaunten George Clooneys folgen, der im Grunde eine simple aber effiziente Antwort auf diese Fragen des Lebens darstellt: Just enjoy the ride!

(Silvia Bahl - biograph)

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