Green Book – Eine besondere Freundschaft
USA 2018, Laufzeit: 130 Min., FSK 6
Regie: Peter Farrelly
Darsteller: Viggo Mortensen, Mahershala Ali, Linda Cardellini
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Von den großen europäischen Festivals übersehen, feierte "Green Book" im September in Toronto seine Weltpremiere und wird wohl als Außenseiter im Schatten von "A Star is Born" und "Aufbruch zum Mond" ins Oscar-Rennen gehen. Aber vielleicht gelingt ihm ja so ein Überraschungserfolg, wie seinerzeit "Moonlight". Das Zeug dazu hat er allemal.
"Green Book" spielt im New York des Jahres 1962, wo sich der Italo-Amerikaner Tony Lip (Viggo Mortensen) als Türsteher in diversen Clubs einen Namen für die besonders schweren Fälle gemacht hat. Egal ob extrem reich oder reichlich exzentrisch, er kann mit allen schweren Fällen umgehen. Dabei ist er immer höflich, korrekt und setzt Gewalt nur als letztes Mittel, dann aber gezielt und effizient ein. Als sein Club eines Tages schließen muss, ist er arbeitslos und für seine meist kriminellen Freunde will er nicht arbeiten. Da kommt ihm das Angebot einer Plattenfirma ganz recht. Er soll Dr. Don Shirley (Mahershala Ali), einen begnadeten Klavier-Virtuosen auf einer Konzert-Tournee quer durch die USA bis in die Südstaaten begleiten.
Beim Bewerbungsgespräch lernt Tony seinen zukünftigen Chef kennen. Er wohnt in einem riesigen Appartement, direkt über der Carnegie Hall. Sein Loft ist zugestellt mit allerhand Antiquitäten und ein humorloser Butler liest ihm jeden Wunsch von den Lippen ab. Eigentlich hat Tony nichts gegen Reichtum und auch nichts gegen Extrovertiertheit, das ist er gewohnt, sein Problem ist vielmehr: Dr. Shirley ist dunkelhäutig und er hört schon seine Freunde spotten, für wen er sich da verdingt hat. Doch einen schwarzen Pianisten quer durch die Südstaaten zu chauffieren fordert ihn auch heraus, denn dieser Job riecht nach jeder Menge Ärger und in Sachen Ärger ist Tony Profi. Schnell wird ihm klar, dass es nicht darum geht, den Klaviervirtuosen zu chauffieren oder gar zu bedienen, nein Tony soll - so will es die Plattenfirma - Ärger von seinem Schützling abhalten und dafür sorgen, dass er rechtzeitig und möglichst topfit auf jeder geplanten Bühne steht.
So machen sich die beiden auf zu einer Reise, auf der sie zunächst einmal selbst aneinander geraten.Tony darf nicht rauchen. Außerdem redet er viel. Das passt Dr. Shirley gar nicht , denn er hat gerne seine Ruhe, zumal er auf Tonys Lebensweisheiten verzichten kann. So geht die Reise immer tiefer in den Süden, und das Konfliktpotential mit der weißen Bevölkerung wächst ständig. Andererseits leben hier die ärmsten Schwarzen des Landes, es ist die Brutstätte von Dr. Shirleys Herkunft und doch findet er so gar keinen Kontakt zu diesen Menschen, verschmäht ihr einfaches Essen, versteht nicht ihre Rituale und findet keinen Kontakt zu seiner Community. Endlich kann Tony mal als Nachhilfelehrer aushelfen, und als die Streitigkeiten mit rassistischen Weißen zunehmen, werden aus der ungleichen Fahrgemeinschaft am Ende 'ziemlich beste Freunde'.
Regisseur Peter Farelly ist mit reichlich seichten Komödie wie "Dumm und Dümmer" oder "Verrückt nach Mary" bekannt geworden und überrascht in diesem Aufeinanderprall der Kulturen mit Feingefühl und Subtilität. Geschickt fängt er den politischen Hintergrund jener Zeit ein, ohne ihn je zu problematisieren. Es ist eher der alltäglich Rassismus, wie ihn beinahe jeder kennt, der hier den Hintergrund für eine Entwicklungsgeschichte bildet, in dem die beiden Männer, die sonst nie miteinander geredet hätten, einander kennen und verstehen lernen. Dank eines originellen Drehbuches und einem bestens aufgelegten Viggo Mortensen als Tony, drängen sich die politischen Umstände nie auf, sondern bleiben Kulisse einer Komödie die mit Witz und Weisheit zu überzeugen weiß.