Heldin
Deutschland, Schweiz 2025, Laufzeit: 92 Min., FSK 6
Regie: Petra Biondina Volpe
Darsteller: Leonie Benesch, Sonja Riesen, Selma Adin
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Leonie Benesch ist der neue Star am Deutschen Schauspiel-Himmel. Schon in DAS LEHRERZIMMER hat sie uns nachhaltig beeindruckt und in SEPTEMBER 5 erreicht sie mit einer Nebenrolle eine erstaunliche Präsenz. In ihrem neuen Film arbeitet sie mit der Schweizer Regisseurin Petra Volpe (DIE GÖTTLICHE ORDNUNG) zusammen, die sie als Pflegefachkraft bei einer Nachtschicht an einem Schweizer Krankenhaus begleitet.
Ein Film über den Personal-Notstand an unseren Krankenhäusern. Wollen wir das wirklich im Kino sehen und dafür auch noch Eintritt zahlen? Ich denke in diesem Falle schon, denn Petra Volpe gelingt es, Leonie Benesch so sympathisch und überzeugend in Szene zu setzen, dass wir ihr gerne folgen, auch wenn die Einstellungen immer kürzer werden und sich ihre Schicht am Ende zu einem nervenzerfetzenden Wettlauf gegen die Zeit entwickelt.
Floria wird eingeführt als eine Pflegekraft, die ihren Beruf liebt und mit sozialer und beruflicher Kompetenz überzeugt. Doch als sie an jenem Abend zu ihrer Nachtschicht in der chirurgischen Abteilung eines Schweizer Krankenhaus antritt und erfährt, dass mal wieder eine Kollegin ausgefallen ist und eine Temporärkraft nicht aufzutreiben war, sehen wir ihr schon am Gesichtsausdruck an, dass dies kein Zuckerschlecken wird. Dennoch macht sie sich mit der ihr eigenen Leidenschaft auf ihren ersten Rundgang. 26 Patienten hat sie allein zu versorgen und soll noch die Erstsemester-Studentin Amelie betreuen.
Da müssen Medikamente zusammengestellt und gereicht werden, Neuzugänge betreut und manchmal sogar für andere Stationen ausgeholfen werden. Ein Patient will unbedingt seine behandelnde Ärztin sprechen, andere warten auf ihr Untersuchungsergebnis und am nervigsten ist der Privatpatient von Nummer 12, der immer wieder Sonderwünsche hat.
Bei diesem ersten Rundgang erfahren wir, welche Aufgaben im Laufe des Abends noch alle auf Floria warten, und so verlaufen die folgenden Rundgänge nicht mehr wie geplant. Das Zeitfenster wird immer kleiner und die Schnittfolge immer schneller. Bald merken wir, dass all diese Aufgaben für eine Kraft in einer Nacht nicht zu schaffen sind. Dabei steht sie noch am Anfang ihrer Schicht, muss aber schon Patienten vertrösten, wichtigere Sachen vorziehen und vor allem, in der Hektik keine Fehler machen. Da kann der Tee für den Privatpatienten schon einmal nicht korrekt temperiert sein.
Womit wir wieder bei der Anfangsfrage wären, wollen wir uns das wirklich anschauen? Ich denke man muss. Wir alle haben schon vom Pflegenotstand gehört und auch davon, dass Pflegepersonal schlecht bezahlt wird, aber wie genau ein solcher Arbeitstag, respektive eine solche Nachtschicht aussieht, können sich die wenigstens vorstellen. Selbst die Patienten haben oft keine Ahnung, wie es im Dienstzimmer der Station aussieht und verschärfen mit ihren Protesten die Situation. Floria versucht gelassen zu bleiben, vor allem ihre Freundlichkeit nicht zu verlieren, den Patienten das Gefühl zu geben, für sie da zu sein. Doch ihr Pieper zieht das Tempo stark an, sorgt dafür, dass sie den meisten ihrer Grundsätze nicht gerecht werden kann. Und so geschehen Fehler, enttäuscht sie Patienten, verliert sogar einmal komplett die Fassung.
Am Ende scheint die Welt wieder ganz normal zu sein, eine ganz normale Nacht auf Station. Doch wenn das normal sein sollte, wird niemand diesen Job lange machen. Das jedenfalls macht Petra Volpes unmissverständlich klar, und auch wir werden uns fragen müssen, ob wir diesem Beruf nicht mehr Respekt entgegenbringen und für eine bessere Bezahlung und ausreichend Personal eintreten sollten. Denn der nächste Krankenhausaufenthalt wird irgendwann einmal kommen.