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In den Süden
Frankreich/Kanada 2005
Regie: Laurent Cantet
Darsteller: Louise Portal, Charlotte Rampling, Karen Young, Ménothy Cesar, Lys Ambroise, Jackenson Pierre Olmo Diaz

Ellen, Sue und Brenda lassen es sich gut gehen im Ferienressort "La Petit Anse". Nur allzu gerne gehen sie Beziehungen ein mit den einheimischen Jünglingen. Doch "La Petit Anse" liegt auf Haiti und wir schreiben die ausgehenden 70er-Jahre. Eine krisengeschüttelte Zeit für die Insel, in der die Unterschiede zwischen reich und arm so groß sind, dass auch Käuflichkeit zum Privileg geworden ist. Laurent Cantet ("Auszeit") lotet mit IN DEN SÜDEN ohne moralisch erhobenen Zeigefinger die komplexe Beziehung zwischen Triebbefriedigung und Machtmissbrauch vor politisch brisantem Hintergrund aus. Sie sind nicht mehr die jüngsten und können es sich leisten, ihre Vorstellung von einem Traumurlaub zu verwirklichen. Ellen (Charlotte Rampling) ist Mitte fünfzig und kommt seit geraumer Zeit regelmäßig aus England ins "Ferienparadies". Ihre Gefühle verbirgt sie unter dem Mantel der Arroganz und Überheblichkeit. Dass gerade sie besondere Gefühle für den jungen Einheimischen Legba entwickelt hat, wird erst im Laufe der Geschichte deutlich, wenn eine Nebenbuhlerin erscheint. Die heißt Brenda (Karen Young), kommt aus Amerika, und ist ein paar Jahre jünger. Sie wirkt zerbrechlich und ein wenig neurotisch. Vor einigen Jahren hatte sie mit Legba ein sexuelles Erlebnis, als der Junge fast noch ein Kind war. Eine Obsession, die sie seitdem nicht losgelassen hat. Die füllige Sue ist Kanadierin; sie ist die bodenständigste von allen und pflegt seit Jahren ihre Beziehung zu einem Einheimischen. Als Brenda und Ellen immer heftiger um den jungen Legba werben, bekommt die gelackte Oberfläche Risse... Regisseur Laurent Cantet bedient sich eines Stilmittels aus dem Dokumentarfilm, um die drei Frauen zu charakterisieren. In Einzelinterviews lässt er sie berichten und legt damit ihr Innenleben offen. Diese Interviews künden von sexueller Frustration, Selbstlüge und einer Unzufriedenheit, genährt aus ungestilltem Verlangen, die sie im Urlaub zu kompensieren suchen. Sieht man sie dann "von außen" gemeinsam in ihren Liegestühlen am Strand, umschwirrt von den Jünglingen, ergibt sich das Bild einer selbstgeschaffenen Illusion, welche die krasse Lebenssituation der jungen Männer tunlichst ausblendet. Den weiblichen Gestalten gegenüber scheinen die jungen fröhlichen Männer vollkommen unbefangen zu handeln, doch Cantet zeigt eindringlich, dass auch dieser Eindruck trügt. In Wirklichkeit übersehen die Einheimischen ihre Herkunft nie. Für sie ist es durchaus ein Privileg, Dienstleister einer Illusion zu sein, die ihnen mehr oder weniger das Leben rettet. Durch ein Gespräch zwischen Legba und seiner Mutter wird das Ausmaß des alltäglichen Elends in Haiti ergreifend deutlich und die Bekenntnisse von Albert, dem Hotelleiter, machen dem Zuschauer die Schamgefühle und die auswegslose Wut eines Volkes bewusst, das durch aussichtslose wirtschaftliche Verhältnisse gelähmt und durch politische Repression unterdrückt ist.

(Eric Horst, playtime by biograph)

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