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Königin der Wüste

Königin der Wüste
USA, Marokko 2015, Laufzeit: 128 Min., FSK 12
Regie: Werner Herzog
Darsteller: Nicole Kidman, James Franco, Damian Lewis, Robert Pattinson
>> www.koenigin-der-wueste.de/

Werner Herzogs Rückkehr zum Spielfilm führt erneut in abenteuerliche Gefilde und verblüfft mit einer wahren Geschichte einer vielseitigen Frau namens Gertrude Bell, der er hier zu Recht ein filmisches Denkmal setzt. In ihrem Schatten wirken all die monumental-männlichen Erzählungen von Helden auf Wüstenschiffen geradezu dürftig. Mit dem verdienten Pathos und einer charismatischen Nicole Kidman in der Hauptrolle, legt Herzog eine Biographie frei, die unbedingt sehenswert ist, ebenso wie die weiten Landschaften, in denen sie sich, auf unermüdlicher Suche nach Freiheit, entfaltet.

Die meisten kennen den britischen Offizier, Archäologen, Geheimagenten und Schriftsteller T.E. Lawrence, vor allem durch die mit sieben Oscars ausgezeichnete Adaption seiner Lebensgeschichte durch David Lean. Ist es denkbar, dass eine Frau zur gleichen Zeit ebenso all jene Bezeichnungen getragen hat und sogar maßgeblich für die Grenzordnung des heutigen Irak verantwortlich war? Und wenn ja, warum lernt man solche Fakten eigentlich nicht im Geschichtsunterricht?

Die 1868 geborene Gertrude Bell (Nicole Kidman) ist eine intelligente und erstaunlich unabhängige junge Frau, die sich nicht für den vorgezeichneten weiblichen Weg erwärmen kann. Die Männer, welche ihr auf endlosen Bällen im englischen Elternhaus zur Heirat vorgeführt werden, sind geistlos und langweilig, nicht dafür geeignet sich gänzlich hinzugeben, denn danach sehnt sich Getrude.

Nur nicht zwingend in Bezug auf einen Partner sondern als Hingabe an ein tieferes Verständnis der Welt und anderer Kulturen. Als erste Frau schließt sie in Oxford ein Studium der Zeitgeschichte mit Bestnote ab, die ihr leider nicht verliehen werden kann, da sie nur als Gasthörerin mit Anstandsdame eingeschrieben sein darf. Verzweifelt bittet sie darum fortgeschickt zu werden und verlässt so endgültig den konventionellen Lebensweg. Durch die Kontakte ihres Vaters gelangt sie in die Botschaft nach Teheran; dort bleibt sie allerdings nicht unter ihresgleichen, sondern lernt die arabische Sprache und Kultur kennen und schätzen, entdeckt ihre tiefe Liebe zur mystischen Schönheit der Wüste.

Die Gefühle zu realen Partnern sind ebenso intensiv und einschneidend, hinterlassen jedoch durch ihren unglücklichen Ausgang auch tiefe Narben. Statt daran zu zerbrechen, wächst die Forscherin jedoch über die tragischen Vorfälle hinaus, denn letztlich gilt ihre Leidenschaft etwas Größerem: Sie zieht alleine in die Wüste, lässt sich in Archäologie und Kartographie ausbilden und erforscht Länder, in die zuvor kaum ein europäischer Mann, geschweige denn eine Frau, zuvor den Fuß gesetzt hat. Aufgrund ihrer Kenntnis von Sprache und Kultur appelliert sie an die Gastfreundschaft der arabischen Stämme und wird mit sehr viel Respekt aufgenommen. Im Zuge des Ersten Weltkrieges wird sie zur wichtigsten Beraterin des britischen Empires, weil sie die Einzige ist, die eine fundierte Kenntnis der Region und ihrer Politik aufweisen kann – ein schwer zu akzeptierendes Faktum für die männlichen Kollegen.

Die Einblicke, die sie gewinnt und die Herzog hier inszeniert, zeigen reiche und komplexe Kulturen des Nahen Ostens, eine begrüßenswerte Abwechslung von zeitgenössischen Darstellungen. Es ist sicher stellenweise viel Pathos, mit dem er die Geschichte erzählt, allerdings ohne zu sehr ins Exotische zu kippen. Wenn man nicht wüsste, dass Herzog alles grundsätzlich sehr Ernst meint, was er macht, würde man fast behaupten können, dies sei ein erfrischend selbstironischer Film, der sich seines monumentalen Erzählanspruchs völlig bewusst ist. Man schwankt als Zuschauer jedenfalls zwischen augenzwinkerndem Amüsement und tiefem Mitgerissen-Sein, was vor allem an den historischen Dimensionen der Geschichte liegt. Bleibt eigentlich nur die Frage, warum es keine Frau war, die Gertrude Bells Leben auf die große Leinwand gebracht hat. Werner Herzog ist dies allerdings auf seine Weise hervorragend gelungen.

(Silvia Bahl - biograph)

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