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Morgen ist auch noch ein Tag

Morgen ist auch noch ein Tag
Italien 2023, Laufzeit: 105 Min., FSK 12
Regie: Paola Cortellesi
Darsteller: Paola Cortellesi, Valerio Mastandrea, Romana Maggiora Vergano, Emanuela Fanelli, Giorgio Colangeli
>> tobis.de/titel/morgen-ist-auch-noch-ein-tag

Das Regiedebüt der Schauspielerin Paola Cortellesi eröffnete im letzten Jahr das Filmfest Rom und entwickelte sich danach zum zuschauerstärksten Film in Italien. Er verwies BARBIE und OPPENHEIMER auf die Plätze. Absolut stilsicher und mit hoher Authentizität erzählt Cortellesi in dieser mutigen und unkonventionellen Tragikomödie vom Leben einer Frau im Nachkriegs-Rom der 1940er Jahre. Inzwischen haben über fünf Millionen Italiener den liebevoll in schwarzweiß gedrehten Film gesehen. Zeit, dass er auch nach Deutschland kommt!

Delia ist die Frau von Ivano und Mutter dreier Kinder. Sie alle wohnen in einer kleinen Souterrain-Wohnung in einem typisch römischen Hinterhof. Delias Tag beginnt meist mit einer Ohrfeige von ihrem Gatten, gleich nach dem Aufwachen im gemeinsamen Ehebett. Danach öffnet sie die Fensterläden, um ein wenig Sonne in die Keller-Wohnung hereinzulassen, da pinkelt ein Hund vor die Fensterscheibe. Doch solch ein Malheur verdirbt Delia nicht die Laune, sie ist daran gewöhnt. Eines Tages kommt sie schweren Herzens an der Auto-Werkstatt ihrer Jugendliebe Nino vorbei. Der ist das Leben in der Stadt gründlich satt und will wegziehen. Noch einmal fragt er sie, ob sie nicht mitkommen will. Doch Delia will ihre Kinder nicht allein lassen und wenn sie abends das verdiente Geld ihrem Ehemann gibt, ist ihm das immer zu wenig und außer Schelte muss sie stets mit Schlimmerem rechnen.

So bleibt häusliche Gewalt in diesem Film nicht ausgeschlossen, doch Paola Cortellesi inszeniert sie mit leichter Hand, choreographiert sie wie einen Tanz. Das könnte schnell verharmlosend wirken, doch ihr gelingt der Balanceakt, das Thema einerseits nicht auszuklammern, andererseits den Film nicht mit zu realistischen Szenen zu belasten. "Ich wollte diese Gewalt nicht voyeuristisch, sondern als ein Ritual darstellen, über das man hinweg kommt", erklärte sie in Rom. Diese Haltung verkörpert dann auch ihre Protagonistin, die glaubt, dass diese Übergriffe halt zum Leben einer Frau dazugehören. Sie beschwert sich nicht weiter darüber. Ganz zum Unverständnis ihrer Kinder und selbst der Großvater ruft eines Tages seinen Sohn zu sich und fordert ihn auf, sich zu mäßigen, sonst könnte sie sich noch an diese Misshandlungen gewöhnen. Trotz allem ist Delia guten Mutes und ein mysteriöser Brief, der ins Haus flattert, bestätigt sie, die Hoffnung nicht aufzugeben, denn "Es gibt ein Morgen", so die genaue Übersetzung des Originaltitels.

Paola Cortellesi gelingen in diesem Film gleich mehrere Dinge und das mit einer traumhaften Sicherheit. Sie erzählt von einem Frauenschicksal, wie es damals nicht unüblich war, ohne dabei die Leichtigkeit ihres Films zu verlieren. Ihr gelingt aber auch ein stimmiges und liebevolles Porträt dieser Generation, die gerade einen Krieg und deren Väter sogar zwei überstanden haben. Dabei legt sie eine Akkuratesse an den Tag, die genauso um historische Genauigkeit bemüht ist wie um die Charakterisierung ihrer Protagonisten. Ihre Schwarzweißbilder fangen die damalige Stimmung kongenial ein und nehmen Anleihen am italienischen Neorealismus, doch über jeder Einstellung schwebt die Verheißung einer besseren Zukunft. So gelingt ihr ein mutiger, innovativer Film, wie ihn Italien noch nicht gesehen hat.

(Kalle Somnitz)

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