Only Lovers Left Alive
USA 2013, Laufzeit: 123 Min., FSK 12
Regie: Jim Jarmusch
Darsteller: Tilda Swinton, Tom Hiddleston, John Hurt, Mia Wasikowska, Jeffrey Wright, Anton Yelchin, Slimane Dazi
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Nun springt auch noch Jim Jarmusch auf die Vampirfilm-Welle auf. Aber keine Angst, der Meister des lakonischen Humors nutzt das Sujet, um in den kulturellen Errungenschaften vergangener Jahrhunderte zu schwelgen. Angefüllt mit allerlei anekdotischen Details nähert er sich ausgesprochen liebevoll seinen beiden Vampiren Adam und Eve, die einem vorkommen, wie die letzten wahren Menschen in einer von Zombies bewohnten Welt.
Der zutiefst deprimierte, menschenmüde Underground-Musiker Adam ist in Detroit untergetaucht, während seine starke und geheimnisvolle Geliebte Eve in der Innenstadt Tangers lebt. Sie sind Bohemian-Vampire des 21. Jahrhunderts, die sich nur noch mit stylisch servierten, künstlichen Blutkonserven ernähren, die sie in Speziallabors zubereiten lassen. In der freien Wildbahn ist viel zuviel verseuchtes Blut unterwegs, ein Risiko, das sie besser nicht eingehen wollen. Adam lebt zurückgezogen und mit der Angst, von seinen ehemaligen Fans entdeckt zu werden. Seine Wohnung gleicht einem Musikstudio, vollgestopft mit Technik aus dem vergangenen Jahrhundert. Er hat eine Sammlung der ersten elektronischen Musikgitarren und überall steht nostalgischer Elektroschrott aus den 70ern rum: ein Revox-Tonbandgerät, ein Telefunkenverstärker, ein Schallplattenspieler usw. Sein Handy ist so groß wie ein Walky-Talky und über WLAN an einen alten Röhrenfernseher angeschlossen. So kann er seine Geliebte Eve im fernen Tanger wenigstens sehen, wenn sie miteinander telefonieren. Auch Eve ist eine Wanderin durch die Jahrhunderte, allerdings ist ihr Faible die Literatur. Mit Blut versorgt sie ihr Freund Marlow, den man meist über Shakespeare schimpfen hört. Sie kann Bücher in allen Sprachen allein dadurch lesen, dass sie mit den Fingern über die Seiten streicht. Beide erscheinen einem wie die letzten kultivierten Menschen einer zu Grunde gehenden Welt. Sie müssen sich verstecken, leben zurückgezogen und leiden unter ihrer Einsamkeit. Doch Adam ist es viel zu gefährlich, nach Tanger zu kommen und so macht sich Eve noch einmal auf die beschwerliche Reise nach Detroit, um endlich wieder mit ihrem Liebhaber vereint zu sein. Doch ihr leidenschaftliches Idyll wird durch Eves wilde und ungestüme jüngere Schwester jäh gestört. Ihr gelingt es, die perfekte Tarnung der beiden in einer Nacht über den Haufen zu werfen und sie aus der Deckung zu locken. Für Adam und Eve hat das drastische Konsequenzen. Gemeinsam fahren sie nach Tanger, wo Marlow inzwischen an einer verdorbenen Blutkonserve gestorben ist. Werden es diese beiden weisen, aber fragilen Außenseiter schaffen, zu überleben, während die moderne Welt um sie herum zusammenbricht?
In ONLY LOVERS LEFT ALIVE dreht Jim Jarmusch das Verhältnis zwischen Menschen und Vampiren einfach um. Hier sind es die Vampire, die mit kultureller Bildung und zivilisierten Umgangsformen brillieren, während die Menschen marodierend durch eine dem Untergang geweihte Welt ziehen. Jarmusch beschreibt diese romantische Tristesse mit viel Charme und dem für ihn typischen lakonischen Humor und füllt seinen Film an mit allerlei Zitaten aus der Literaturgeschichte und der Musikwelt. Ein absolut nostalgischer Film, der in den Werten einer scheinbar vergangenen Zivilisation schwelgt.
(Kalle Somnitz - biograph)