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Parthenope

Parthenope
Frankreich, Italien 2024, Laufzeit: 137 Min., FSK 16
Regie: Paolo Sorrentino
Darsteller: Celeste Dalla Porta, Stefania Sandrelli, Gary Oldman
>> www.wildbunch-germany.de/movie/parthenope

Noch heute bezeichnen die Neapolitaner alles typisch neapolitanische als "Partenopei". Ein Wort, das dem Mythos der Parthenope entliehen ist, einer Sirene aus der griechischen Sagenwelt, die hier die titelgebende Figur ist und für Paolo Sorrentinos Hommage an seine Heimatstadt Pate steht. Ein Denkmal wollte er ihr setzen und dass er das kann, hat er bereits mit LA GRANDE BELEZZA bewiesen, wo er Rom - wie einst Fellini - neu auferstehen ließ.

Doch zuhause tut man sich oft schwerer, wie seinerzeit Giuseppe Tornatore und Ennio Morricone, die Gleiches für ihre Heimatstadt Palermo im Sinn hatten und mit BAARIA scheiterten. So schlimm ergeht es Sorrentino nicht, gelingen seinem Kameramann Daria d'Antonio (Silberne Palme in Cannes) doch Bilder von atemberaubender Schönheit, die Tradition und Moderne vor einer grandiosen Naturkulisse zwischen Neapel und Capri zusammenbringen. Doch dann schweift die Kamera immer wieder ab und nimmt Parthenope, meist leicht bekleidet, ins Visier.
Sie ist eine Tochter aus gutem Hause, klug, gebildet und hübsch anzusehen. Und tatsächlich ergeht es Sorrentino beinahe so wie Odysseus. Angesichts ihrer Schönheit kann er nicht wegsehen und gerät gelegentlich gefährlich nah an eine Altherren-Fantasie.
Partenope verdreht aber auch allen anderen Männern in Neapel den Kopf, hat gleich zwei Freunde, zwischen denen sie sich nicht entscheiden kann, und entdeckt schließlich die Vorzüge älterer Männer. Sie lernt den amerikanischen Schriftsteller John Cheever kennen, der sich als Lebenskünstler entpuppt und von Gary Oldman in einer fantastischen Performance, die an Thomas Manns Figur Gustav Achenbach erinnert, kongenial gespielt wird. Von ihm lernt sie viel über die Menschen, das Alter und die Sehnsucht. Überhaupt interessiert sie alles, was man über die Menschen weiß, was sie an die Universität bringt, wo sie Anthropologie studieren will. Doch der Professor will ihr nicht sagen, worum es in diesem Studium eigentlich geht, und so wird sie bald vom Film als Schauspielerin abgeworben. Doch erfüllen kann sie diese Scheinwelt auch nicht, und so kehrt sie nach allerlei Eskapaden an die Uni zurück, und ihr Professor erkennt, dass sie nun bereit ist für ein Leben als Wissenschaftlerin. Er erklärt, dass die Anthropologie eigentlich die Lehre des Sehens ist und es ein ganzes Leben braucht, um sie zu erlernen: "Wenn wir jung sind, sind wir umgeben von all den schönen Dingen, die das Leben für uns bereit hält, und wenn wir älter werden, verblassen sie mehr und mehr und wir erkennen ihren wahren Wert."
Jeder philosophischen Weisheit stellt Sorrentino eine visuelle gegenüber. Er feiert die Schönheit der Stadt, ihre Bewohner, die Liebe und das Leben, und obwohl Neapel der einzige Ort auf der Welt ist, der dies alles vereint, sind die Neapolitaner immer etwas traurig und depressiv.
"In einem Interview bin ich einmal gefragt worden, was mir heilig ist.", erzählte Sorrentino in Cannes. "Und ich habe geantwortet: Heilig ist alles, was vom Leben übrig bleibt, und so ist es auch bei Parthenope, es ist ein Film über all die Dinge, die eine Frau in dreiundsiebzig Lebensjahren nicht vergessen konnte: Die Bucht von Neapel, ihre Eltern, ihre erste Liebe, der sorglose und damit perfekte Sommer auf Capri, durchdrungen von mit Salzluft getränkten Sonnenaufgängen."
So ist PARTHENOPE nicht nur die Lebensgeschichte einer Frau und nicht nur eine Hommage an Neapel, sondern auch eine Art Vermächtnis und ein unbedingtes Plädoyer für die Freiheit.

(Kalle Somnitz)

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