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Quellen des Lebens – Eine deutsche Familiengeschichte
D 2013, Laufzeit: 174 Min., FSK 12
Regie: Oskar Roehler
Darsteller: Jürgen Vogel, Moritz Bleibtreu, Lavinia Wilson, Meret Becker, Sonja Kirchberger, Margarita Broich
>> www.quellendeslebens.x-verleih.de

Willkommen in der Heimat! Drei Generationen umfasst die Geschichte von Robert Freytag und seiner Familie. Es ist das Ergebnis von Oskar Roehlers Recherche der eigenen Herkunft und gleichermaßen eine Reise in die bundesdeutsche Vergangenheit. Ein Heimatepos der besonderen Art, das die Nähe zur Farce nicht scheut und durch stilsichere Inszenierung und eine hochkarätige Besetzung begeistert.

Irgendwann in den 50er Jahren kehrt Opa Erich (Jürgen Vogel) krank und verlaust aus der Kriegsgefangenschaft in die fränkische Provinz zurück, doch die Freude hält sich in engen Grenzen, weil niemand mehr mit ihm gerechnet hat. Der ehemals stramme Nazi lässt sich nicht abwimmeln und ist schnell wieder im Geschäft. Aus dem Nichts baut er eine Fabrik zur Herstellung von Gartenzwergen auf und wird damit zum besten Exempel des deutschen Wirtschaftswunders. Sohnemann Klaus (Moritz Bleibtreu) strebt eine akademische Karriere an und fühlt sich getreu des Zeitgeistes der 60er zum Literaten berufen. Die stürmische Liebe zur aus wohlhabenden Hause stammenden Gisela (Lavinia Wilson) trägt nicht nur geistige Früchte, sondern auch Robert (Ilyes Moutaoukkil/Leonard Scheicher). Während Gisela als literarische Entdeckung Erfolge feiert, fristet Klaus als Lektor ein trostloses Dasein. Die Beziehung zerbricht in Zeiten des gesellschaftlichen Umbruchs und Robert wird mehr als Störung denn als Kind wahrgenommen und zwischen den Großeltern und dem Vater herumgereicht. Im Frankenland bei Opa Erich und Oma Elisabeth (Meret Becker) fühlt er sich am wohlsten, was auch an der netten Nachbarstochter Laura liegt. Doch die Ruhe soll nicht lange anhalten. Bei den Großeltern mütterlicherseits rebelliert er schließlich und landet im Internat. Wir schreiben die 70er-Jahre und Cat Stevens singt „Morning has broken“. Es ist nun Zeit für Robert erwachsen zu werden...

Parallel zu Oskar Roehlers Arbeit an seinem autobiographisch geprägten Roman „Herkunft“ ist das Drehbuch zu QUELLEN DES LEBENS entstanden. Als Film inszeniert er die Familiengeschichte über drei Generationen als Zerrbild deutscher Befindlichkeit und hält den Betrachter trotzdem über knapp drei Stunden bei der Stange. Der Anspruch auf Authentizität wird durch Übertreibung konterkariert und erreicht in den besten Momenten selten gesehene Wahrhaftigkeit. Das ist großes Kino und weckt zuweilen Erinnerungen an Edgar Reitz' „Heimat“. Fortsetzung nicht ausgeschlossen.

Besonderes Augenmerk gilt dem höchst spielfreudigen Ensemble, allen voran Jürgen Vogel in aufwändiger Maske, denn zum größten Teil spielt er einen alten Mann. Auch die anderen Darsteller altern in Würde und wirken unter dem Make-up niemals lächerlich. Ein besonderes Gespür entwickelt Oskar Roehler für die kindlichen Darsteller, die ungehemmt und glaubwürdig agieren. Höchst amüsant auch, wenn einige Charaktere absichtlich so überzeichnet sind, dass sie zu ihrer eigenen Karikatur werden. Hier überzeugt in der Nebenrolle als Oma Hildegard besonders die theater- und opernerfahrene Margarita Broich, die bis ins Schrille überagiert und trotzdem die ganze Tragik ihrer Rolle erfasst.

Mit QUELLEN DES LEBENS beweist sich Oskar Roehler erneut als einer der Ausnahmeregisseure des deutschen Films. Mutig, eigenwillig und voller Ironie interpretiert er bundesdeutsche Geschichte ohne ins Banale abzurutschen und präsentiert einen Heimatfilm im besten Sinne.

(Eric Horst - biograph)

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