Raum
Irland, Kanada 2015, Laufzeit: 118 Min., FSK 12
Regie: Lenny Abrahamson
Darsteller: Brie Larson, Jacob Tremblay, Sean Bridgers, Joan Allen, William H. Macy
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Eine junge Mutter und ihr Sohn leben jahrelang eingesperrt in einen kleinen Raum. Besonders für den kleinen Jack, der nie etwas anderes erlebt hat, spielt sich hier sein ganzes Universum ab. Als beide von ihrem Peiniger fliehen können, müssen sie nicht nur mit der neugewonnen Freiheit zurecht kommen, sondern auch mit der unbekannten Umgebung, die sich ihnen auftut. Lenny Abrahamsons („Frank“) Adaption des Bestsellers der irischen Schriftstellerin Emma Donoghue, ist trotz des harten Stoffs eine feinfühlige Studie über Neubeginn und grenzenloser Mutterliebe.
Joy (Brie Larson) ist 17 Jahre alt, als sie entführt und in eine Gartenhütte weggesperrt wird. In Gefangenschaft bringt sie Jack (Jacob Tremblay) zur Welt, für den in diesen beengten Raum, Ma und der merkwürdige Old Nick (Sean Brigdes) die einzigen Menschen in seinem kleinen Universum darstellen. Wie Alice durchs Loch ins Wunderland fiel, so erklärt Joy ihrem Sohn, gelang sie in den Raum – und Jack war ein Geschenk des Himmels. Liebevoll versucht sie, ihren Alltag mit begrenzten Möglichkeiten so wertvoll wie möglich zu gestalten. Zum Schutz lässt Joy ihren Sohn in dem Glauben, dass es keine Außenwelt gibt, auch die bewegten Bilder aus dem Fernsehgerät sind nicht real. Als sich die Gelegenheit bietet, endlich zu fliehen, ergreift Joy sie. Dadurch wird ihr ganzes Leben verändert: Die Medien stürzen sich auf die Story, die Beziehung zu ihrer Mutter (Joan Allen) muss nach den ersten unverhofften Wiedersehensfreuden neu erarbeitet werden. Besonders Jack wird von den neuen Eindrücken überrannt, der nun erkennen muss, dass seine bekannte Umgebung für immer verloren ist. So überwältigend die Situation für Joy ist, Jack sehnt sich nach seinem kleinen bekannten Raum zurück.
Emma Donoghue, die auch das Drehbuch schrieb, hatte beim Schreiben die Gräueltaten von Josef Fritzl im Kopf, der seine eigene Tochter 25 Jahre eingesperrt und Kinder mit ihr gezeugt hatte. Doch es geht hier nicht um die Entführung an sich, ganz bewusst wird auf jeglicher Voyeurismus verzichtet. Im Fokus steht das Umgehen mit der Welt nach der Flucht – wie schwierig es ist, das Bekannte aufzugeben, wie grausam die Umstände noch sein mögen. Für Jack ergibt sich nun zum ersten Mal die Gelegenheit, eine normale Kindheit zu erleben. Donoghue hat in ihrem Roman bewusst Jack als Erzähler gewählt, denn seine Perspektive bietet einen tiefen Einblick in die Zerrüttung, wenn unsere selbstverständliche Wahrnehmung verschwindet. Dazu wird die Story jedoch von einer starken Bindung zwischen Mutter und Kind umschlossen, die von den beiden Darstellern grandios umgesetzt wird.
Abrahamson, dessen Debütfilm „Frank“ weitaus skurriler daher kam und erst letztes Jahr in den deutschen Kinos zu sehen war, schafft mit „Room“ einen vielschichtigen und gefühlvollen Film, der zu recht mit Nominierungen überschüttet wurde, darunter fünf Oscar-Nominierungen. Trotz der starken Konkurrenz dieses Jahr, hat Brie Larson (bereits für ihre Rolle mit dem Golden Globe prämiert) sehr gute Chancen, als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet zu werden.
(Pia Wanke)