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Requiem

Requiem
Deutschland 2005, Laufzeit: 92 Min., FSK 12
Regie: Hans-Christian Schmid
Darsteller: Sandra Hüller, Imogen Kogge, Burghart Klaußner, Anna Blomeier, Friederike Adolph, Jens Harzer, Irene Kugler, Eva Löbau, Johann Adam Oest, Nicholas Reinke, Walter Schmidinger

Nachdem "Der Exorzismus der Emily Rose" Ende letzten Jahres in den Kinos startete und aus der Geschichte der Anneliese Michel, die tatsächlich 1976 während eines Exorzismus verstarb, einen Genremix aus Horror- und Justizdrama bastelte, widmet sich nun Hans-Christian Schmid dem authentischen Fall und seziert dabei auf eindrucksvolle und beklemmende Weise das Leben einer Familie im Kleinstadtmief der 70er. Ihm gelang damit einer der herausragendsten Wettbewerbsbeiträge der diesjährigen Berlinale.

Zu Beginn des Films entschließt sich die 21jährige Michaela Klinger, ihr streng katholisches Elternhaus zu verlassen, um ein Studium in Tübingen zu beginnen. Gerade die Mutter steht dieser Entscheidung ablehnend gegenüber, der Vater, weitaus verständnisvoller, unterstützt seine Tochter gegen den Willen seiner Frau. Es hat einen bestimmten Grund, weshalb die Eltern Michaelas Schritt in die Unabhängigkeit mit Besorgnis und Unwillen begegnen. Seit Jahren leidet ihre Tochter an Epilepsie, das Vertrauen in die Medizin haben die Klingers nach zahlreichen ergebnislosen Untersuchungen so gut wie verloren. Doch Michaela sieht optimistisch in die Zukunft, die Medikamente, die sie einnimmt, scheinen die plötzlichen Anfälle erfolgreich zu verhindern. Michaela ist ein unauffälliges, ja bieder wirkendes Mädchen, die konservativ-christlichen Werte, die ihre Eltern ihr mitgegeben haben, hat sie einverleibt und dennoch, vielleicht gerade durch ihr Leiden, steht sie ihrer Umwelt nicht unkritisch und passiv gegenüber. So reduziert der Film seine Geschichte nicht auf den Exorzismus, weidet sich nicht an einem gemarterten Körper und nährt eine morbide Schaulust, vielmehr lenkt er die Aufmerksamkeit auf die Geschehnisse davor, die unvermeidlich zum Exorzismus und Tod Michaelas führen. Zunächst einmal scheint die Welt in Ordnung: Michaela befreundet sich nach anfänglichen Schwierigkeiten mit einer Mitstudentin, die aus derselben Kleinstadt kommt, besucht Parties und lernt ihren ersten Freund kennen. In ihrem bescheidenen Studentenzimmer genießt sie ihre Unabhängigkeit und widmet sich ehrgeizig ihrem Studium. Doch nachdem sie ihren ersten epileptischen Anfall im Wohnheim erlitten hat, kriecht die Angst wieder empor und nach der glücklichen Anfangsphase fällt Michaela immer mehr in ein tiefes Loch, fassungslos darüber, dass es für sie unmöglich scheint, ein einfaches glückliches Leben führen zu können. Krampfhaft will sie sich selbst und ihrer Familie beweisen, dass sie es doch schaffen kann. Vor ihrer Mutter verheimlicht sie die Zusammenbrüche, allein ihr Vater ist eingeweiht, als er sie während einer Wallfahrt eines Morgens bewusstlos vorfindet. Dass sie bald über die Sinnlosigkeit ihres Leidens verzweifelt, erklärt, weshalb Michaela nicht einen Arzt, sondern letztendlich einen Priester aufsucht.

Hans-Christian Schmid beweist mit "Requiem" einmal mehr, mit welcher Umsicht er seine Figuren und ihr Umfeld zeichnet. Fern von eindimensional wirkenden Klischees, beobachtet Schmid seine Charaktere genau, in jeder Einstellung werden kleinste Regungen erfasst, die mehr auszudrücken vermögen als bedeutungsschwangere und übermotivierte Gesten. Verstärkt wird die Intensität durch das dokumentarisch präzise Bild der 70er Jahre in Deutschland, im Fokus: eine Familie in einer Kleinstadt, die jeglicher Veränderung von außen mit Vorbehalten und Angst begegnet und dennoch nicht die Augen vor den Umbrüchen in der Gesellschaft verschließen kann.

(Alexandra Kaschek, playtime by biograph)

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