Roter Himmel
Deutschland 2023, Laufzeit: 102 Min., FSK 12
Regie: Christian Petzold
Darsteller: Thomas Schubert, Paula Beer, Langston Uibel
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Leon und Felix sind Freunde seit Kindertagen, gemeinsam fahren sie ins Ferienhaus der Mutter an die Ostsee. Hier wollen sie in Ruhe arbeiten, Felix an der Mappe, die er für seine Bewerbung für ein Studium an der Hochschule für Fotografie braucht, und Leon will hier seinen zweiten Roman vollenden. Angekommen, treffen sie auf Nadja und Devid, die hier als Eisverkäuferin und Bademeister arbeiten. Offensichtlich hat die Mutter was mit den Terminen verwechselt, und so treffen vier junge Menschen in diesem Hitzesommer aufeinander, in dem ein Funke reicht, um nicht nur die umgebenden Wälder, sondern auch die Gefühle zu entzünden.
Zum Glück ist das Haus groß genug, um sich zu arrangieren. Mit der idyllischen Ruhe ist es dennoch vorbei, und die Arbeit kann erst mal warten. Viel zu verlockend ist der Ostseestrand und wie in Shakespeares Sommernachtstraum sind alle irgendwie liebestrunken. Da wechseln dann auch schon mal die Partner, nur Leon will das Spiel nicht mitspielen. Irgendwie ist er immer missgelaunt und steht sich stets selbst im Wege. Er versteckt sich hinter seiner Arbeit, macht einen auf beflissener Schriftsteller. Als dann schließlich sein Verleger (Matthias Brandt) vorbeischaut, um ihm durch die Blume zu sagen, dass er von seinem neuen Roman nicht viel hält, schlagen die Flammen über.
Es regnet Asche, der Himmel färbt sich rot und das Beziehungsdrama, das körperliche Intensität und künstlerische Sublimierung vereint, nimmt eine Wende in eine neue Dimension.
Petzold spielt mit großer Leichtigkeit auf der Klaviatur der Emotionen. Glück und Sehnsucht, aber auch Eifersucht und Empfindlichkeiten, die zu Spannungen führen, gehören zu diesem Urlaubserlebnis. Ständig donnern Löschflugzeuge über das Ferienhaus und deuten auf immer größere Waldbrände, aber der Wind kommt ja zum Glück vom Meer. So gelingt Petzold eine beschwingte Sommerkomödie. die auf amüsante Weise unterhält und sowohl seine Protagonisten wie auch das Publikum in einer vermeintlichen Sicherheit wägt.
Die Inszenierung ist so unaufgeregt und sicher und das Spiel aller Protagonisten so authentisch, dass während der Pressekonferenz auf der Berlinale die Frage aufkam, ob es überhaupt ein Drehbuch gab. "Erst ist das Drehbuch", antwortete Petzold, und dann werde so lange geprobt, bis vom ursprünglichen Text nichts mehr übrig ist. Das sei dann für ihn als Regisseur der glücklichste Moment. Petzold hat zur Vorbereitung die Waldbrände in der Türkei besucht. Dort habe ihn eine ungekannte Totenstille beeindruckt: Keine Vögel, kein Rascheln der Bäume, eine gespenstische Atmosphäre, die ihn für das Ende seines Films inspirierte.
Der letzte Teil des Films wird von Matthias Brandt aus dem Off erzählt -eine Technik, die Petzold erst seit dem Tod seines geistigen Ziehvaters Harun Farocki verwendet und sie hier zur Meisterschaft führt. Dafür erhielt er in Berlin den Spezialpreis der Jury.