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Saint Amour - Drei gute Jahrgänge

Saint Amour - Drei gute Jahrgänge
Frankreich, Belgien 2016, Laufzeit: 102 Min., FSK 12
Regie: Benoît Delépine
Darsteller: Gérard Depardieu, Benoît Poelvoorde, Vincent Lacoste
>> www.saintamour-film.de

Der Glamour Hollywoods interessiere ihn schon lange nicht mehr, sagte Gérard Depardieu auf der diesjährigen Berlinale. An seichten Unterhaltungsfilmen habe er kein Interesse mehr, er drehe nur noch Filme, die was zu sagen haben. Tatsächlich erinnert die Geschichte von „Saint Amour“ ein wenig an die seichte Komödie „Unterwegs mit Jacqueline“, doch hat sie tatsächlich weit mehr zu sagen.

War in „Unterwegs mit Jacqueline“ die Pariser Landwirtschaftsmesse das ganz große Ziel des Protagonisten, so träumt auch Jean (Gérard Depardieu) davon, hier den Preis für den besten Zuchtbullen zu gewinnen. Jedes Jahr kommt er her, und aus anfänglichem Ehrgeiz ist längst Routine geworden. Begleitet wird er von seinem Sohn Bruno (Benoît Poelvoorde) und das eher widerwillig, er weiß nicht, was er dort soll und nutzt die Gelegenheit, sich voll laufen zu lassen. Von seinem Vater zur Mäßigung aufgerufen, erklärt er dem Alten, dass er eine Weintour quer durch Frankreich mache und das von Stand zu Stand. Eine grandiose Idee, findet Bruno, der längst weiß, dass er mal wieder etwas für das ziemlich abgekühlte Verhältnis zu seinem Sohn tun müsste, und so ist die Idee zu einem grandiosen Road-Trip geboren. Obwohl man die beiden eigentlich voreinander schützen müsste, brechen sie die Messe ab, nehmen sich ein Taxi und lassen sich quer durch Frankreich chauffieren. Von Paris aus geht es zunächst Richtung Süden, in die Gegend um Saint-Amour im Beaujolais, dann weiter nach Süden und schließlich westlich Richtung Bordelais. Die Orte ihrer Weinproben sind nicht die Edelrestaurants, sondern Kioske und Bauernhöfe mit Fremdenzimmern, denen allen die Folgen der Globalisierung anzusehen sind. So erkunden sie die französische Provinz und ihre Eigenarten, die allerdings nicht mit dem ach so eleganten Paris verglichen wird, sondern trotz aller Eigenheiten und Macken stets liebenswürdig erscheint. Einen besonders bizarren Gastauftritt hat dabei Romanautor Michel Houllebecq als Herbergsbesitzer, der für seine Gäste samt Familie in die Garage umzieht. Wie ein roter Faden ziehen sich Brunos Probleme mit Frauen durch diese Weintour. Seine Schüchternheit und Unbeholfenheit, wie auch seine spröde Art machen den auch nicht mehr so ganz jungen Landwirt für viele Frauen unsichtbar, und nun hat er die Gelegenheit, die vielen Tipps, die er von seinem Vater und dem auch nicht ganz unbescholtenen Taxifahrer auf ihre Alltagstauglichkeit zu überprüfen. So kommen die drei nicht nur dem Wein, sondern auch den Menschen der Region und schließlich einander immer näher. Endlich sprechen sie über den Tod von Jeans Frau - der Jean noch immer Nachrichten auf der Mailbox hinterlässt - und Brunos Mutter, der noch nicht lange zurückliegt und beide enorm belastet. Bruno erkennt, dass Alkohol vielleicht doch keine Lösung ist, nachdem er Mike in einem vornehmen Restaurant die zehn Stufen der Trunkenheit erklärt hat. Und ganz allmählich scheint er sich auch mit dem Gedanken anfreunden zu können, Jeans Nachfolge auf dem Bauernhof anzutreten…

Wie schon in „Mammuth“ arbeitet Depardieu hier erneut mit den beiden Regisseuren Gustave Kervern und Benoît Delépine zusammen, die ihn zuletzt in mit einem alten Motorrad das Frankreich seiner Vergangenheit erkunden ließen. Jetzt ist es das moderne Frankreich der Großbetriebe und Rationalisierungsmaßnahmen, das den Kleinbauern ruiniert, und das letzte bisschen Würde nimmt. In dieser Gesellschaft fühlt sich Depardieu derzeit am wohlsten. Mit dem Weinglas in der Hand performt er eine überzeugende Sympathiebekundung für das einfache, bodenständige Frankreich, jenseits des Glamours von Paris.

(Kalle Somnitz)

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