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Sehnsucht (2006)

Sehnsucht (2006)
Deutschland 2006, Laufzeit: 85 Min., FSK 12
Regie: Valeska Grisebach
Darsteller: Andreas Müller, Ilka Welz, Anett Dornbusch, Erika Lemke, Markus Werner, Doritha Richter, Detlef Baumann, Harald Kuchenbecker, Ilse Lausch

Es war einmal ein Schlosser, Anfang Dreißig, der liebte seine Frau und seine Frau liebte ihn, so sehr, dass sie ihre Liebe mit Shakespeares "Romeo und Julia" verglich... Markus und Ella leben in einem Dorf irgendwo in Brandenburg. Hier kennt jeder jeden und die Welt funktioniert hier so, wie man es eben vom Dorfleben erwartet. Die Frau ist Mitglied im Frauenchor, der Mann bei der Freiwilligen Feuerwehr. Die Zärtlichkeit, mit der sich beide begegnen, ist so zurückhaltend, fast scheu, dass beide eine Unschuld verkörpern, die das Begehren nicht zu kennen scheint. Doch ganz unterschwellig äußern sich in Ella und Markus Sehnsüchte, die sie beide nicht zu benennen vermögen. Wenn Ella den Mut fasst und ihrem Mann zaghaft mitteilt "Ich stelle mir Dinge vor, die wir sonst nicht tun: dass wir uns ansehen, wenn wir Sex haben - dass wir miteinander reden; schlaf mit mir!". Oder wenn Markus bei einem Diensttreffen der Freiwilligen Feuerwehr in der nächstgelegenen Kreisstadt angetrunken und völlig in sich versunken zu Robbie Williams "Feel" tanzt. Diese Szene ist eine der längsten und eindrücklichsten. Zwischen all dem "Prost, Prost, Kamerad" passiert auf einmal etwas, von dem man den Blick nicht abwenden mag, weil es so ehrlich und ungeschliffenes ist. "Cause I got too much life, running through my veins, going to waste." So abgedroschen diese Zeile des Songs auch sein mag, hier formuliert sie in entwaffnender Einfachheit eine Sehnsucht, die in Markus entfacht wird. Am nächsten Tag kann dieser sich kaum an den vorherigen Abend erinnern und ist verwirrt, als er sich im Bett neben einer anderen Frau vorfindet. Er hat mit Rose geschlafen, die in der Gastwirtschaft arbeitet, in die die Mannschaft der Freiwilligen Feuerwehr eingekehrt war. Markus gerät in ein Dilemma, dem er hilflos ausgeliefert ist. Dass er sich leidenschaftlich zu Rose hingezogen fühlt und dennoch Ella aus tiefstem Herzen liebt, passt nicht in das Lebensschema, das er bisher gelebt hat. Und so nimmt diese Liebesgeschichte ein tragisches Ende. Grisebach unternahm umfangreiche Recherchearbeiten, führte zahlreiche Interviews mit Männern und Frauen um die Dreißig, die ihre Träume, ihre Sehnsüchte beschreiben sollten. Ebenso aufwendig war auch die Suche nach den Darstellern. Die Rollen in "Sehnsucht" sind durchweg mit Laiendarstellern besetzt, die in den Proben vor allem lernten, in der Geschichte "heimisch" zu werden. Hier beweist Grisebach eine eindrucksvolle Schauspielerführung, vergleichbar mit der von Hans-Christian Schmid ("Requiem"). Das Beeindruckendste an "Sehnsucht" ist jedoch, dass der Film nicht nur eine Momentaufnahme deutscher Wirklichkeit einfängt, sondern wie sich hier die Tragik eines großen Liebesdramas entfaltet. "Sehnsucht" erzählt eine Liebesgeschichte, die man sich immer wieder erzählt, die inspiriert und etwas ganz tief in einem berührt. Etwas, das so zeitlos, allgemeingültig, gar märchenhaft ist.

(Alexandra Kaschek, playtime by biograph)

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