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Selma

Selma
Großbritannien, USA 2014, Laufzeit: 122 Min., FSK 12
Regie: Ava DuVernay
Darsteller: David Oyelowo, Tom Wilkinson, Tim Roth, Giovanni Ribisi, Cuba Gooding Jr., Ophrah Winfrey
>> www.selma.studiocanal.de/

Genau fünfzig Jahre liegt die Hochphase der US-Bürgerrechtsbewegung zurück, welche einen ihrer stärksten Ausdrücke in den von Martin Luther King initiierten gewaltlosen Märschen fand. Die afro-amerikanische Regisseurin Ava DuVernay erzählt nun in starken und bewegenden Bildern die Chronik eines Frühjahrs, das durch die Praxis des zivilen Ungehorsams schließlich zu einem Umdenken der Politik führte. Gerade durch die jüngsten Fälle von rassistisch motivierter Polizeigewalt erhält ihr herausragender Film eine bedrückende Dringlichkeit und Aktualität.

Obwohl das Wahlrecht im Jahre 1965 keinen expliziten Ausschluss der afroamerikanischen Bevölkerung mehr beinhaltete, sah die Realität, vor allem in den konservativen Südstaaten, leider anders aus. Die lokalen Behörden setzten den von Präsident Johnson im Jahr zuvor verabschiedeten „Civil Rights Act“ nicht um und behinderten die Wählerregistrierung durch erniedrigende Tests von Sprache und Wissen oder rohe Gewalt. Ava DuVernays Porträt setzt sehr nah an den Personen rund um den Pfarrer und Aktivisten Martin Luther King an, jedoch ohne einen biographischen Ansatz. Sie zeigt ihn als charismatischen Vorreiter der Bürgerrechtsbewegung in einer Vielschichtigkeit, die auch weniger bekannte Aspekte seiner Person hervorhebt, urteilt und erklärt jedoch nicht. In der Auseinandersetzung mit dem Präsidenten macht King deutlich, dass allein eine Reform von oben die Gesellschaft nicht verändern kann. Doch seiner Forderung nach Schutz bei der Wählerregistrierung durch Beamte aus Washington bleibt unbeantwortet. Johnson zögert sich in die Belange der einzelnen Bundesstaaten einzumischen und so begibt sich King selbst nach Selma, einer kleinen Stadt in Alabama, in der sich die Ausschreitungen dramatisch zugespitzt haben. In seinen Predigten und im Dialog mit seinen Anhängern macht er deutlich, dass ein anderes Vorgehen notwendig ist, um wirklich etwas zu bewegen. Seine Strategie beinhaltet zum einen strikte Gewaltlosigkeit, zum anderen eine massive Präsenz von Gemeinschaft: Beides verunsichert die rassistische Exekutive zutiefst und schließlich offenbart sich dadurch ihre Unmenschlichkeit. King ist sich bewusst, dass er die mediale Aufmerksamkeit des gesamten Landes braucht, um wirkliche Solidarität für seine Bewegung zu schaffen und tatsächlich wird Selma zu einem Bild, das bald darauf über die Fernsehbildschirme der gesamten Nation und über sie hinaus einen tiefen Eindruck hinterlassen wird. Nach dem „Bloody Sunday“, als ein Polizeitrupp an der Edmund Pettus Bridge die friedlich Marschierenden, darunter Frauen und Kinder, gewaltsam niedergeschlagen hatte, kommt es zu einer Welle der Sympathie und Verbundenheit mit den Opfern. Auch andere Geistliche und weiße Aktivisten schließen sich Kings Bewegung an, um ihn bei seinem Vorhaben zu unterstützen, in die Hauptstadt zu marschieren. Doch auf die Straße zu gehen, bedeutet für alle das eigene Leben zu riskieren.

Ava DuVernay inszeniert mit Pathos, aber ohne jede Aufdringlichkeit die kurze Geschichte eines Kampfes, der ein wichtiges Zeichen gesetzt hat und immer noch als beispielhaft für politischen Aktivismus betrachtet werden kann. Besonders die Szenen der Gewalt gegen wehrlose Zivilisten evozieren Bilder des vor kurzem von New Yorker Polizisten auf offener Straße erwürgten Eric Garner, die den Film zu einer nachdrücklichen Frage machen: Was hat sich seit 1965 gesellschaftlich wirklich verändert?

(Silvia Bahl - biograph)

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