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Snow Cake
Großbritannien/Kanada 2005, Laufzeit: 112 Min., FSK 6
Regie: Marc Evans
Darsteller: Alan Rickman, Sigourney Weaver, Carrie-Anne Moss, David Fox, Emily Hampshire, Jim Allodi

Alex Hughes, ein britischer Großstädter und Kosmopolit kommt, belastet durch den Tod zweier Menschen, in das verschneite Nest Wawa. Dort in der Ödnis der kanadischen Weiten offenbart sich ihm eine zwischenmenschliche Wärme, die er als geistig Heimatloser schon lange nicht mehr gespürt hat. Der britische Regisseur Marc Evans erschuf mit "Snow Cake" eine filmische Allegorie über Freundschaft, Aufrichtigkeit und vor allem die Entdeckung und Achtung der Andersartigkeit. Alex sitzt bei einem Kaffe in einem Diner. Von draußen, wo ein klirrend kalter Wind über die Interstate fegt, kommt ein Mädchen herein, das sich sofort an seinen Tisch setzt. Schnell wird klar, dass hier zwei Welten aufeinander prallen. Die eloquente und fast schon aufdringliche Vivienne verwickelt den verschlossenen Engländer in ein Gespräch mit der Absicht bei ihm mitfahren zu dürfen. Auf jede abweisende Haltung seinerseits reagiert sie mit einer vor Lebensfreude sprühenden Penetranz und widerwillig nimmt er sie dann doch mit. Was auf den ersten Blick wie ein Roadmovie anmutet, soll aber jäh unterbrochen werden, als die beiden einen schweren Autounfall haben, bei dem Vivienne noch vor Ort stirbt. In seiner Hilflosigkeit und mit einem Gefühl der Schuld beladen, macht sich Alex auf den Weg, die Mutter des Mädchens aufzusuchen, um ihr sein Bedauern mitzuteilen. So landet er in Wawa, bei Linda. Doch die ist alles andere als die Mutter, die er erwartet hätte. Linda ist Autistin. Neben diversen Verhaltensweisen, wie der pathologische Sauberkeitszwang oder aber die Angst mit Abfall in Berührung zu kommen, zeichnet sich ihr Charakter in einer allgemeinen Ablehnung zu anderen Menschen und einer vermeintlichen Gleichgültigkeit gegenüber neuen Situationen aus. So ist auch ihre pragmatische Reaktion auf den Tod der Tochter für den Zuschauer gleichwohl schockierend als auch typisch für ihren Charakter. Alex versucht, ihr zunächst tröstend zur Seite zu stehen und will ihr bis zu Beerdigung helfend unter die Arme greifen. Während er nur eine Woche in Wawa verweilt, nimmt sein Leben eine völlig neue Wendung. Unter anderem lernt er die schöne Nachbarin Maggie (Carrie-Anne Moss) kennen und beginnt mit ihr eine Liebesaffäre. In der wechselseitigen Gesellschaft der beiden Frauen wird aus dem introvertierten, unterkühlten Menschen ein mitfühlender Charakter, der seine Emotionen neu entdeckt. Die gesamte Geschichte, die sich primär aus seinem Blickwinkel entwickelt, ist deshalb so ergreifend, weil er, und damit auch der Zuschauer, mit einer Welt konfrontiert wird, die fremdartig und weit entfernt erscheint - dem Autismus. Die Entwicklung von Alex ist dabei ebenso faszinierend zu beobachten wie die Figur der Linda, wenngleich eine Wandlung nicht ihrer Natur entspricht. Sie ist vielmehr eine feste Konstante, denn sie lebt in einer absoluten und immer währenden Gegenwart. Die Faszination für ihren Charakter liegt jedoch darin, dieser Andersartigkeit gewahr zu werden. Neben den oscarverdächtigen Schauspielerleistungen von Alan Rickman und Sigourney Weaver, die den fein gezeichneten Charakteren Leben einhauchen, versteht es der Regisseur vor allem mit unspektakulären aber symbolhaften Aufnahmen eine emotional packende Geschichte zu erzählen. Der Zuschauer wird in den stark berührenden Augenblicken, aber auch in den von lakonischem Humor beseelten Momenten die nahenden Anzeichen des Frühlings erkennen, wenn auch der Winter gerade erst begonnen hat.

(Mathias Bornemann, playtime by biograph)

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