Stage Beauty
GB/D/USA 2004, Laufzeit: 110 Min., FSK 12
Regie: Richard Eyre
Darsteller: Billy Crudup, Claire Danes, Rupert Everett, Tom Wilkinson, Ben Chaplin, Hugh Bonneville, Richard Griffiths, Edward Fox, Zoe Tapper, Tom Hollander, Clare Higgins, Fenella Woolgar, Alice Eve, Mark Letheren, Derek Hutchinson, Stephen Marcus
Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts ist es ausschließlich Männern erlaubt, auf englischen Bühnen zu stehen. Als das Verbot fällt, steht der berühmteste Schauspieler seiner Zeit, Edward "Ned" Kynaston, plötzlich vor dem Nichts. Stattdessen steigt seine theaterbegeisterte, ihn heimlich liebende Garderobiere Maria zum neuen Star am Theaterhimmel auf. Richard Eyre legt im Stile von "Shakespeare in Love" eine charmante Annäherung an die Geschlechterrolle des Elisabethanischen Zeitalters vor, die mit Humor und Feingefühl um Identitätssuche und sexuelle Orientierung kreist. Wir schreiben die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts. Durch die Verkörperung der Desdemona in Shakespeares Othello ist Edward Kynaston zum Star der englischen Bühne aufgestiegen. Seine glühendste Verehrerin ist seine Garderobiere Maria, die ihm nicht nur heimlich zugetan ist, sondern auch ohne sein Wissen seine Kleider ausborgt, um nach den Vorstellungen in einer zwielichtigen Schenke mit großem Erfolg selbst die Desdemona zu geben. Denn Frauen ist es per königlichem Gesetz verboten, auf der Bühne zu stehen. Als ihre verbotene Nebentätigkeit auffliegt, kommt ihr überraschend die Gunst der Stunde zur Hilfe. Nelly Gwyn, die Mätresse des Königs, hat selbst Ambitionen zur Schauspielerin und überredet Charles II, der ohnehin in letzter Zeit den Schwung in den ihm dargebotenen Aufführungen vermisst, das Gesetz zu ändern. Fortan dürfen nur noch echte Frauen Frauenrollen verkörpern. Kynaston ist nicht nur von einem Tag auf den anderen arbeitslos, sondern stürzt auch in eine tiefe Identitätskrise. Denn er, der von Kindheit an dazu erzogen wurde, sein Dasein als Frauenimitation zu fristen, kann nur Frauen spielen. Bei seinen Versuchen zu beweisen, dass er auch Männerrollen verkörpern kann, versagt er kläglich. Erst Maria, die ihn doch von der Bühne verdrängte, holt ihn schließlich wieder dorthin zurück. In einer furiosen Othello-Aufführung loten beide das Wesen von Mann und Frau aus. In Bildern von opulenter Pracht und Schönheit zeichnet Richard Eyre nicht nur ein stimmungsvolles Bild der Welt des Elisabethanischen Theaters, sondern zeigt auch eine berührende individuelle Suche nach der eigenen Identität und sexuellen Orientierung. "Die Grundidee ist, dass die Grenzen zwischen Mann und Frau fließend sind. Jeder von uns hat von Natur aus Eigenschaften des anderen Geschlechts. Es gibt auf jeden Fall keine klare Trennung", so der Regisseur über den Kerngedanken des Films. "Im Endeffekt geht es um die Liebe zweier Menschen".In seiner Rolle als ein Mann, der das Feminine zum Leben braucht und als Schauspieler das Weibliche auch dann nicht unterdrücken kann, als es ihm verboten wird, liefert der aus "Almost Famous" bekannte Schauspieler Billy Crudup eine überzeugende Leistung ab und findet in der seit "Romeo und Julia" Shakespeare-erprobten Claire Danes ein adäquates Pendant. "Ich weiß nicht, was ich bin, alles, was ich weiß ist, dass ich endlich gelernt habe, jemand anderen als nur mich selbst zu lieben", erkennt seine Figur am Ende.Mal frech, mal frivol, aber immer stimmungsvoll und sehr britisch kommt "Stage Beauty daher. Wer "Shakespeare in Love" mochte, wird auch an dieser schwungvollen Komödie mit Tiefgang seinen Spaß haben.
(Anne Wotschke, playtime by biograph)