Steve Jobs
USA 2015, Laufzeit: 122 Min., FSK 6
Regie: Danny Boyle
Darsteller: Michael Fassbender, Kate Winslet, Seth Rogen, Jeff Daniels
>> www.stevejobsthefilm.com/intl/de
Wie erzählt man die Geschichte eines Mannes, dessen Unternehmen den Alltag von Millionen verändert hat und der selbst eine Art mediale Ikone geworden ist? Danny Boyle ("Slumdog Millionaire") stellt erneut die Vielfältigkeit seiner Regie-Arbeit unter Beweis, indem er die größten Meilensteine der Karriere Steve Jobs zu einem theatralen Setting dramatisiert. Das Ergebnis ist ein Ensemble-Spiel auf höchstem Niveau, in dessen Zentrum die narzisstische Problematik des (zeitgenössischen) Erfolgsmenschen in allen Facetten steht: Sein magnetisches, arbeitswütiges Charisma ebenso wie eine erschreckende Empathielosigkeit im privaten Scheitern.
Dank eines sehr konzentrierten und ästhetisch durchdachten Zugangs ist Boyle, in Zusammenarbeit mit Drehbuch-Veteran Aaron Sorkin (Oscar-prämiert für „The Social Network“), wirklich ein Ausnahmefilm gelungen, der in Erinnerung ruft, dass letzterer schon das Skript zum Court Room Klassiker "Eine Frage der Ehre" mit Tom Cruise und Jack Nicholson verfasst hat. Auch in "Steve Jobs" wird mit dem Leben eines Mannes ins Gericht gegangen und es ist kein Zufall, dass jede heiß erwartete Produktpräsentation von Apple in einem theatralen Rahmen mit Bühne stattfindet, schließlich ist sie mittlerweile ein kulturelles Ereignis, dessen Zeuge wir jedes Mal werden.
Boyle fokussiert drei solcher Bühnenpräsentationen als Ausgangspunkt, um Leben und Wirken, öffentlich wie privat, von Jobs zu verbinden: Als Exposition die Vorstellung des Macintosh, 1984, mit einem Werbespot, der mehr Geschichte schrieb, als das Produkt selbst, welches Jobs seinen Posten bei Apple kostete und ins Exil trieb. Konfrontativ wird er Jahre später trotzig seinen NeXTcube auf der nächsten Vorführung verteidigen, wohl wissend, dass dieser nur eine mediale Blase erschaffen kann, da die nötige Technologie auf die er hofft, einfach noch nicht entwickelt ist. Die Auflösung bildet eine dritte Schau, welche Jobs nach langer Zeit endlich den erhofften Durchbruch und die triumphale Rückkehr zu Apple ermöglicht: Der iMac wird schließlich zur Jahrtausendwende seinen Einzug in eine überwältigende Zahl von Arbeitszimmern halten und gleichzeitig demonstrieren, dass Computer auch eine Form der Freizeitgestaltung sein können.
Doch was auf der Bühne selbst abläuft, spart Boyle jedes Mal auf sehr clevere Weise aus. Statt dessen führt er den Zuschauer hinter die Kulissen eines Mannes, dessen mediale Inszenierung selbst schon ein Erfolgsprodukt ist und dekonstruiert diese messerscharf. Jeder der hier ein vom Konzern gesponsertes Loblied auf Jobs befürchtet hat, wird eine Überraschung erleben. Gleichzeitig gelingt es Boyle und Sorkin aus einer Ausnahmebiographie etwas sehr Universelles zu destillieren, auf eine ähnliche Weise wie in "Birdman". Immer wieder rennen Kollegen, Wegbegleiter und auch Jobs Exfrau hinter die Bühne, um den manischen und selbstsüchtigen Workaholic mit seinem menschlichen Versagen zu konfrontieren. Was dabei zu Tage tritt, ist eine präzise Analyse seiner tatsächlichen Talente, nämlich, einem Regisseur nicht unähnlich, allerlei Potenzial um sich zu versammeln und daraus eine Vision zu orchestrieren - aber auch seine soziale Inkompetenz, die zwar so manchen Erfolg erst ermöglichte, aber ihn auch zu einem Menschen machte, den nur wenige wirklich leiden konnten. So bildet das eigentliche Herz des Films der fortdauernde Konflikt um die Anerkennung seiner leiblichen Tochter, die Jobs lange Zeit ebenso wenig akzeptieren konnte, wie seine eigene Verletzlichkeit. Fassbender und Winslet öffnen Steve Jobs als Figur mitreißend und auf höchstem schauspielerischen Niveau für ein großes Publikum, was zeigt, dass seine Geschichte, ebenso wie die seines Unternehmens, Teil unseres kulturellen Bewusstseins geworden sind.
(Silvia Bahl)