T2 Trainspotting
Großbritannien 2017, Laufzeit: 117 Min., FSK 16
Regie: Danny Boyle
Darsteller: Ewan McGregor, Jonny Lee Miller, Ewen Bremner
>> www.t2trainspotting.de
Retro(spektive)
Matt513 (266), 08.03.2017
Vorhang auf für ein Meisterteam: Boyle Regie, Welsh Co-Autor, alle überlebenden Charaktere dabei. Ein paar Falten sowie lichte Stellen auf den Köpfen mehr. Ansonsten nichts als Fortschritte: Rentons und Dianes Bürojobs, Sick Boys professionalisierte Zuhälterei, Begbies in pure kriminelle Energie destillierter Haß auf Renton. Zäpfchen-Dealer Mikey ist jetzt mit Luxuskarossen und leicht gebrauchter Unterhaltungselektronik im Geschäft und Spud dem Drogentod schon ein ganzes Stück näher. Fortgepflanzt haben sich fast alle.
Das ist nicht mehr das alte, graue Edinburgh, durch welches Renton nach 20 Jahren im Exil fährt. Überall Stadtbildaufwertung, raffiniert gesetzte Lichtquellen; man gleitet sanft dahin im Niederflurwagen der Verkehrsbetriebe. „Princes Street“, wo Renton und Spud einst vor den Kaufhausdetektiven flohen, nun digital im Flüssigkristall-Display eines Haltepunkts. Die Welt hat sich unter den Füßen der Charaktere weitergedreht, während sie innerlich an ihrer Vergangenheit kleben wie Insekten am Fliegenfänger. Dies läßt sich –leider- so auch für den gesamten Film im Verhältnis zu seinem Vorgänger konstatieren.
Keine leichte Aufgabe hatte das Team hinter T2, fürwahr. Trainspotting von 1996 ist so voller Originalität; die Gefahr, daß eine Fortsetzung diesem nicht gerecht und so bei der Fangemeinde durchfallen würde, war immens. Vielleicht deshalb wurde der Nachfolger mit reichlich Versatzstücken und Referenzen ausgestattet, um ihm so denselben Atem wie jenen des Originals einzuhauchen. Er schielt regelrecht dorthin wie ein kleiner Junge zu seinem älteren Bruder.
Man nimmt dies mit leichter Enttäuschung zur Kenntnis. Ich hätte mir ein eigenständigeres Werk gewünscht. `Hätte einem Team wie Boyle/Welsh mehr zugetraut als derart auf Nummer Sicher zu gehen. Es geht ja in Ordnung, wenn die gemeinsame Vergangenheit der Figuren thematisiert wird, eben weil sie durch jene aneinandergebunden sind (immer mal unterlegt durch grieselige bzw. gekonnt nachgedrehte Filmschnipsel). Auch könnte dieser ständige Blick nach hinten sinnbildlich dafür stehen, wie abgehängt Süchtige vom Leben sind, welches unablässig voranschreitet. Aber etwas mehr Unabhängigkeit wagen, um all das zu bebildern, erneut eine überzeugende Ästhetik zu entwickeln vom Schlage derer des Originals, ohne daß dies in ein Best-of-Potpourri ausartet, das ging nicht? Dieses Störgefühl verstärkt sich noch durch das nicht eben sehr substantielle Drehbuch. T2 ist sowas wie Boyles „Episode 7“.
Die Kunst von Trainspotting bestand darin, von nichts Besonderem zu erzählen, die paar schottischen Junkies halt, aber dies wie einen starken, roten Faden wirken zu lassen. Jede Szene machte Sinn an der Stelle, wo sie zu sehen war. T2 will diese subversive Leichtigkeit aufleben lassen, verzettelt sich dabei aber immer mal. Doziert Renton im Hier und Jetzt über Twitter und Facebook, so als ob dies gerade der neue, ganz heiße Scheiß wäre, beschreibt er moderne Kommunikation als auf das Sammeln von Daten reduziert, wirkt das geradezu anachronistisch. Hier ist T2 schlichtweg um Jahre zu spät dran. Wären statt der 20 Jahre z.B. nur 10 vergangen, der Film träfe genau den Punkt. Ähnliches gilt für die Charaktere (und ihre Darsteller): Besser, sie wären sich viel früher wiederbegegnet.
Für eingeschworene Fans ein sicherlich angenehmes Wiedersehen mit den alten Gesichtern. Für alle anderen kein unbedingtes Muß.