Filminfo & Termine
Tausend Zeilen
Deutschland 2022, Laufzeit: 93 Min., FSK 12
Regie: Michael Bully Herbig
Darsteller: Elyas M'Barek, Jonas Nay, Michael Ostrowski
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1983 gelang dem STERN mit der Veröffentlichung der Hitler-Tagebücher der größte Medienskandal der Bundesrepublik, den 2018 DER SPIEGEL mit der Aufdeckung der gefakten Reportagen seines Sensationsreporters Claas Relotius noch toppen konnte. Es war Juan Romero, ein in Spanien geborener Journalist und freier Mitarbeiter, der diesen Super-GAU des seriösen Nachrichtenjournalismus aufdeckte und In seinem Roman "Tausend Zeilen Lügen" festhielt.
Im Film wird er gespielt von Elyas M'Barek. Er ist freier Mitarbeiter beim größten Nachrichtenmagazin Deutschlands und lebt mit seiner Frau und vier Töchtern in Hamburg und träumt davon mal eine Titelgeschichte zu schreiben. Die aber schreibt der Newcomer Lars Bogenius (Jonas Nay), Überflieger und Liebling der Chefredaktion, an dem keiner vorbeikommt. Doch dann, wie aus heiterem Himmel, bekommt Romero eine Chance: Er ist gerade in Mexiko und soll über Flüchtlinge berichten, die in die Vereinigten Staaten wollen. Endlich eine Titelstory, doch die Sache hat einen Haken, denn an der amerikanischen Grenze wartet schon Bogenius, hat mit Bürgerwehren Kontakt aufgenommen, die das Land vor illegalen Einwanderern schützen wollen und soll berichten, was passiert, wenn die Flüchtlinge hier ankommen. Und natürlich hat Bogenius die Federführung bei diesem Projekt, Romero soll ihm nur zuarbeiten.
Wieder zuhause in Hamburg ist Bogenius Titelstory bereits fertig. Romero wundert sich noch, wie er so schnell Kontakt zu einer Gruppe dieser patriotischen Hillbillies finden konnte und dass sie ihn mit auf ihre Menschenjagd nahmen und mit diversen Menschenrechtsverletzungen protzten. Sein Misstrauen ist geweckt und so ruft er die Dokumentations-Abteilung des Verlags auf den Plan. Doch während die keine Ungereimtheiten finden kann, wird ihm seine Recherche in der Redaktion als Unkollegialität ausgelegt. Doch je mehr sich Romero mit dem Fall beschäftigt, desto mehr Merkwürdigkeiten fallen ihm auf, bis er schließlich nach Amerika fliegt und die Protagonisten zur Rede stellt. Mit einem Koffer voll Beweisen kommt er zurück in die Redaktion, wo die Geschäftsführung immer noch ihrem Star-Journalisten den Rücken frei hält.. Romero steht kurz davor, Job und Familie zu verlieren, während sich Bogenius im Blitzlichtgewitter des nächsten Journalistenpreises aalt. Doch dann kommt plötzlich Hilfe von unvermuteter Seite.
Dass Bully Herbig sich in letzter Zeit mehr für ernsthafte Kino-Stoffe interessiert, wissen wir nicht erst seit DER BALLON. Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass er seinerzeit die Dinge in Hamburg, aus dem fernen München sehr genau beobachtete. Vielleicht hat ihn das Geschehen auch an die Veröffentlichung der Hitler-Tagebücher durch den STERN 1983 erinnert. Immerhin machte seinerzeit sein Freund und Vorbild Helmut Dietl aus dem bis dato größten Medienskandal der Bundesrepublik seinen Erfolgsfilm SCHTONK!. Er nahm also Kontakt zu Juan Romero auf, der gerade seine Erlebnisse in seinem Buch "Tausend Zeilen Lüge" niederschrieb. Doch die Filmrechte waren schon vergeben, als dieser das Buch noch gar nicht geschrieben hatte. Jahre später erhielt Bully dann einen Anruf der Produktionsfirma UFA Fiction, die ihm die Regie anbot. "Ich hatte mich damals echt geärgert, dass die UFA mal wieder schneller war, doch dann kam dieser Anruf!" gibt er gerne zum besten. Wieder im Geschäft stand er vor der Wahl, den Stoff eher ernsthaft spannend oder komisch spannend zu verwirklichen. Er ging seinen eigenen Weg, der am ehesten als Mediensatire zu beschreiben ist, in der Deutschlands derzeit größter Komiker den tragischen Helden spielt und Deutschlands größtes Nachrichtenmagazin eine ausgesprochen komische Figur abgibt.
