Teheran Tabu
Deutschland, Österreich 2017, Laufzeit: 96 Min., FSK 16
Regie: Ali Soozandeh
Darsteller: Elmira Rafizadeh, Zar Amir Ebrahimi, Arash Marandi
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Bigotterie im Gottesstaat
Matt513 (266), 31.12.2017
Was man hier vorgeführt bekommt, die ganz alltäglichen Repressalien in einem totalitären Regime, läßt sich so auch auf andere Diktaturen übertragen. Dabei spielt das Element der Religion eigentlich keine große Rolle. Nur wenige stilistische Änderungen und er hätte auch in der DDR spielen können. Vor außen betrachtet, sieht das Leben auf den Straßen Teherans gar nicht so übel aus; sieht man von gelegentlichen öffentlichen Hinrichtungen mal ab, welche die Menge, oh Segen des Abendlandes, mit dem Smartphone mitschneidet. Immerhin, die Frauen tragen Schuhe mit hohen Absätzen sowie das Kopftuch so, daß ein Teil des Haupthaars zu sehen ist. Fast ist man geneigt zu schreiben, geradezu liberal, verglichen mit der Vollverschleierung, die man allerorten bewundern darf.
Aber es ist wichtig, daran vorbeizublicken, auf das große und kleine Schlimme, welches sich unter der Oberfläche derartiger Staatsformen ausbreitet; die Doppelmoral, die Willkür der Machthabenden, welche in einer patriarchalisch geprägten Gesellschaft üblicherweise ihre schwächsten Mitglieder, die Frauen trifft. In v. Donnersmarcks Das Leben der Anderen vergeht sich ein feister Parteifunktionär an der Künstlerin, weil er's halt kann, hier befriedigt ein Religionsrichter im Tausch für Gefälligkeiten seine Gelüste. Aus Angst, den Häschern des Regimes in die Fänge zu geraten, haben sich die Charaktere im Dauerzustand des Sich-Verbiegens eingerichtet. Ihre Worte sind weich wie Wachs. Lüge, Wahrheit, keine Grenze mehr; ein lebenslanges, schleichendes Trauma. Das sollte den (noch) freien Gesellschaften des Westens tüchtig zu denken geben.
Optisch mochten die vorab veröffentlichten Bilder ein wenig an den vielbeachteten Waltz with Bashir erinnern, aber jener war nicht nur dramaturgisch, sondern auch zeichnerisch pointierter. Die unschärferen Bilder hier, wohl vom Originalbild abgezeichnet, unterstreichen allerdings den Zustand der inneren Lähmung, in welchem sich alle befinden. Tragisches, sehr trauriges Ende.