The Artist
Frankreich, USA, Belgien 2011, Laufzeit: 100 Min., FSK 6
Regie: Michel Hazanavicius
Darsteller: Jean Dujardin, Bérénice Bejo, John Goodman u.a.
>> theartist-derfilm.de
Wie soll man dieses Filmjuwel am besten ankündigen? Als Stummfilm, in schwarz-weiß gedreht und im klassischen Normalformat? Dann wird wohl vielen dieser Film gar nicht erst auffallen, der trotz seiner bescheidenen Mittel so reichhaltig ist. Er erzählt von der ausgehenden Stummfilm-Ära. Von dem Ende einer Karriere, dem Beginn einer anderen und von zwei Menschen, die nicht recht zueinander finden. „The Artist“, eine Hommage an Charlie Chaplin und Friedrich Wilhelm Murnau, knüpft an die großen Stummfilme der 20er Jahre an, und ist großes Gefühlskino.
Hollywood im Jahr 1927. George Valentin (Jean Dujardin) ist ein großer Stummfilmstar. Dem unvergleichlichen Charmeur und Draufgänger fliegen die Herzen des Publikums nur so zu. Er genießt und zelebriert seinen Ruhm und entdeckt wie im Vorbeigehen das Talent der jungen Statistin Peppy Miller (Bérénice Bejo). Doch mit dem Aufkommen des Tonfilms steht Valentin an einem Wendepunkt, sein Stern droht zu verglühen. Während er sich vehement weigert, sich den neuen Produktionsbedingungen anzupassen, wird Peppy durch die neue Technik nach oben gespült: Das Sternchen wird zum gefeierten Kinostar!
Nur kurz haben sich die Wege der beiden gekreuzt und dennoch geht der eine dem anderen nicht mehr aus dem Kopf. Doch ihre Liebe soll nicht sein, zu viele Dinge stehen ihr im Weg und nicht zuletzt sie selber. Es bedarf schon der gesamten Filmlänge, bis die beiden über ihren Schatten springen und sich über die Schranken des Studiosystems hinwegsetzen. Und wenn der Zuschauer am Ende mit Tränen in den Augen einem Happy End beiwohnen darf, so hat er das nicht zuletzt dem Hund Uggy zu verdanken, der sein Herrchen niemals aus den Augen lässt. Während Jean Dujardin als „Bester Schauspieler“ in Cannes ausgezeichnet wurde, gewann Uggy die „Palm Dog“ und bezwang damit schwere Konkurrenz, wie zum Beispiel die Hündin aus „Le Havre“. Als Preisgeld gab es ein nagelneues Halsband und eine Flasche Gin(?).
Der französische Regisseur Michel Hazanavicius inszeniert seinen Film ohne Dialoge und in schwarzweiß, auch das Format ist einem Stummfilmstreifen angepasst. Ein mutiges Experiment, im Jahr 2011 mit den Mitteln des Stummfilms von der Ära des Stummfilms zu erzählen. Doch es geht auf, versprüht unglaublich viel Witz, Charme und gute Laune, dabei waren Zweifel durchaus angebracht, denn heutzutage eine Geschichte ausschließlich über die Bilder und Musik zu transportieren, widerspricht letztlich all unseren Sehgewohnheiten. Insbesondere Jean Dujardin, als gescheiterter Leinwandheld scheint aus „The Artist“ beinahe im Alleingang den verdienten Publikumserfolg zu machen. Er ist das Herz des Films, in dem sich Reflexionen über das Kino ebenso wie pure Albernheiten, feine Ironie und die Seele eines leidenschaftlichen Cineasten wiederfinden.
Anspielungen auf Chaplin, Murnau und Vidor werden mit viel Zeitkolorit in Szene gesetzt, wecken nostalgische Erinnerungen und bescheren dem Zuschauer ein Wechselbad der Gefühle, in dem er mit Valentin leidet, für Peggys Karriere die Daumen drückt, sich an Uggis vielen kleinen Kunststückchen erfreut und den Kopf über John Goodman schüttelt, der hier den geschäftstüchtigen Produzenten gibt, der den alten Zeiten keine Träne nachweint und neue Geschäfte am Horizont aufziehen sieht. So überzeugt „The Artist“ mit einer kühnen Mischung aus Nostalgie, Empathie und Romantik, die diese wunderbare Komödie dem Zuschauer schnell ans Herz wachsen lässt.
(Kalle Somnitz)