Tolkien
USA 2019, Laufzeit: 112 Min., FSK 12
Regie: Dome Karukoski
Darsteller: Nicholas Hoult, Lily Collins, Craig Roberts
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Geschichten können eine Flucht von der Realität sein. Sie helfen uns an andere Orte zu gelangen, voller Fantasie und einer weniger harten Realität. So auch dem Schriftsteller und Philologen J. R. R. Tolkien. Der Regisseur Dome Karukoski schildert in seinem neuen Film Tolkien die prägenden Jahre des heranwachsenden Autors.
J. R. R. Tolkien, gespielt von Nicholas Hoult, wuchs in einem idyllischen Dorf, umgeben von Wäldern und Wiesen, nahe Birmingham auf. Durch die Konvertierung seiner Mutter zum Katholizismus zogen Tolkien und sein Bruder gemeinsam mit Ihr in das Stadtzentrum Birminghams. Als Sie kurz darauf an Diabetes verstirbt, kommen die Waisenjungen zu einer Pflegemutter. Dort leben sie gemeinsam mit der jungen Edith Bratt unter einem Dach — Tolkiens späterer Ehefrau, eine turbulente Liebesgeschichte beginnt. Von Beginn an macht sich ein großes Interesse, seine Begabung und seine Liebe zur Sprache bemerkbar. „A marriage between sound and meaning" heißt es, als er Edith das erste mal von seiner eigens erfundenen Sprache erzählt. Die Bedeutung und der Klang von Worten spielt nicht nur für Tolkien, sondern auch für den Film eine große Rolle. In der Schule lernt er eine Gruppe von Gleichgesinnten kennen, wo er Inspiration und Freundschaft zugleich findet. Als der erste Weltkrieg beginnt, werden er und seine Gefährten auseinander gerissen. Tolkien verlässt das Exeter College in Oxford und kämpft an vorderster Front an der französischen Somme.
Der Film spielt mit Rückblenden und zieht dadurch einen tiefen Graben zwischen der grausamen Darstellung des Krieges und den heiteren College-Erfahrungen. Dome Karukoski legt den Fokus darauf, mögliche Parallelen zwischen den Werken, der erschaffenen Welt Mittelerde und dem Leben des Autors zu zeigen. Der Zuschauer wartet dabei gespannt auf die erste Erwähnung oder den ersten Hinweis auf eine der bekannten Figuren oder Orte, die man mit seinen Büchern verbindet. Die Geschichte Tolkiens handelt aber auch von der oftmals verzweifelten Suche nach einer Stellung in der Welt und der leidenschaftlichen Liebesbeziehung zwischen ihm und der hinreißenden Edith, gespielt von Lily Collins, weshalb man sich nicht unbedingt Fan nennen muss, um Tolkien zu genießen. Dabei kann man auch kritisieren, dass der Film einen nicht in fremde Fantasiewelten entführt. Dafür zeigt er uns eventuelle Gründe, die uns klar machen, warum eine solche Flucht vor der Realität manchmal notwendig ist, wie vor den tiefsten Abgründen der Menschheit — Krieg. Tolkien hat seine Verluste und Traumata in etwas Größeres verwandelt, was weit über seine eigene und die Sterblichkeit vieler anderer hinausgeht. 1937 gelang dem damals 45 Jahre alten Tolkien, mit "Der kleine Hobbit" der große Durchbruch. Knapp 20 Jahre später übertraf er mit dem Meisterwerk und der Fortsetzung "Der Herr der Ringe" seinen ersten Erfolg. Mit Geschichten über Reisen, Freundschaft, Magie und darüber wie es ist, geliebt zu werden und zu lieben, begeistert er auch heute weltweit. Der Film "Tolkien" zeigt eine unglaubliche Bildgewalt, die vor allem in den grauenhaften Weltkriegsszenarien verdeutlicht wird. Trotz der Brutalität, schafft der Film es auch, mit Humor und Witz zu glänzen. Ein empfehlenswerter Spielfilm, solange man im Hinterkopf behält, dass es sich dennoch um ein Biopic aus Hollywood handelt, und nicht um eine Dokumentation.