Treasure – Familie ist ein fremdes Land
Frankreich, Deutschland, Polen, USA 2024, Laufzeit: 110 Min., FSK 12
Regie: Julia von Heinz
Darsteller: Lena Dunham, Stephen Fry, Zbigniew Zamachowski
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Kurz nach dem Fall des Eisernen Vorhangs reist die New Yorker Musik-Journalistin Ruth Rothwax (Lena Dunham) in Begleitung ihres Vaters Edek (Stephen Fry) nach Polen, um dem Vermächtnis ihrer jüdischen Familie auf den Grund zu gehen. Für Edek, einen Holocaust Überlebenden, ist es die erste Reise zurück zu den Orten seiner Kindheit. Während Ruth entschlossen ist, die Traumata ihrer Eltern besser zu verstehen, will der stets vergnügte Edek die Vergangenheit ruhen lassen. So sabotiert er Ruths Pläne, um nicht mit seiner schrecklichen Vergangenheit konfrontiert zu werden, und sorgt dabei für allerlei unfreiwillige Komik.
Dass das Thema Nationalsozialismus auch die junge Generation von Filmemacher*innen bewegt, zeigen nicht nur Filme wie STELLA. EIN LEBEN und DIE PASSFÄLSCHER aus der jüngsten Vergangenheit, sondern auch Julia von Heinz neuer Film TREASURE, der als Special Gala auf der diesjährigen Berlinale uraufgeführt wurde. Er beruht auf dem Bestseller "Zu viele Männer" der australisch-amerikanischen Schriftstellerin Lily Brett. Stephen Fry und Lena Dunham, die auch produziert hat, spielen Vater Edek und Tochter Ruth in dieser Generationen-Komödie, die die beiden mit ihrer Vergangenheit und Herkunft konfrontiert.
Edek hat das Konzentrationslager in Auschwitz überlebt und sich in New York ein neues Leben aufgebaut. Dort wurde Ruth geboren, die jetzt nach dem Fall des Eisernen Vorhangs Polen besuchen und nach ihrer Herkunft forschen will. Begeistert ist Edek von dieser Idee nicht, trifft sich aber mit seiner Tochter am Flughafen von Warschau, um sie nicht allein durch dieses 'gefährliche Land' reisen zu lassen. Von Anfang an durchkreuzt er ihre Reisepläne, will nicht nach Lodz, wo die Familie einst lebte, sondern lieber in Warschau nach dem Ghetto suchen, das längst nicht mehr existiert. Am Ende setzt Ruth sich durch, sie besuchen die Fabrik der Familie in Lodz, wo sie unter dem Dreck der Jahrzehnte einen Mosaikfußboden freilegt, der auf vergangene goldene Zeiten hinweist. In ihrem ehemaligen Wohnhaus lebt immer noch die gleiche Familie, die nach der Deportation ihrer Familie die Wohnung zugeteilt bekam. Sie essen noch heute von ihrem Geschirr, benutzen ihre Möbel und sind recht distanziert, weil sie befürchten, dass sie ihr Eigentum zurückfordern werden.
So deckt Ruth Stück für Stück die Familiengeschichte auf, versteht aber, spätestens beim Besuch in Auschwitz, dass manch eine Erinnerung für den Vater zu schmerzhaft ist.
Er ist ein Meister des Verdrängens, will nicht an das Grauen seiner Vergangenheit erinnert werden, sondern lieber sein Leben in vollen Zügen genießen. Ruth hingegen will alles ganz genau wissen, kann sich aber nur an wenigem erfreuen, so sehr hat das schwere Los der Familiengeschichte ihre Kindheit belastet. In dieser erlebnisreichen Woche decken die beiden alte Familiengeheimnisse auf und aus ihrer brüchigen Beziehung wächst Liebe und tiefes Verständnis.
"Am Roman hat mir das Vater-Tochter-Verhältnis so gut gefallen, insbesondere wollte ich zeigen, dass die Tochter den Vater verstehen muss, um am Ende auch sich selbst verstehen zu können. Darin steckt etwas sehr Universelles!" führte die Regisseurin Julia von Heinz auf der Berlinale aus. Umgekehrt zeigt der Film aber auch, wie der Holocaust über Generationen nachwirkt und warum er noch heute jüngere Generationen beschäftigt.