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Underdog

Underdog
Ungarn, Deutschland, Schweden 2014, Laufzeit: 121 Min., FSK 12
Regie: Kornél Mundruczó
Darsteller: Zsófia Psotta, Sándor Zsótér, Lili Horváth
>> www.delphi-filmverleih.de/filme/underdog.htm

Der große Preis in der Sektion „Un Certain Regard“ ging 2014 in Cannes an einen ungarischen Film, der zu den originellsten des letzten Kinojahres gehört. Der Originaltitel „White God“ wird der Komplexität seines Themas gerechter als der mutlose Transfer des deutschen Verleihs: Keine Komödie mit Tieren, sondern eine bildgewaltige Allegorie auf das Zurückkippen in faschistisches Denken gelingt Kornél Mundruczó, und damit auch ein latenter Kommentar auf die umstrittene Orbán Regierung in Ungarn. Das Anagram von „God“ und „Dog“ gibt der Rolle der tierischen Protagonisten eine weitere Dimension und verweist auf das Fremde, Andere oder Nichtmenschliche, auf dessen Kosten sich die Herrschaft einer behaupteten reinen Rasse erhebt.

Alles Schreckliche sei etwas Hilfloses, das unserer Liebe bedarf – mit dieser Abwandlung eines Rilke Zitats beginnt Mundruczós Film vor dem ersten Bild. Was jenes Erschreckende genau ist, bleibt bis zum Schluss ambivalent. Zunächst einmal sind es Tiere, die noch nicht einmal den Status eines Freund des Menschen besitzen dürfen. Hagen ist der treue Begleiter der 13jährigen Lili, die ihn über alles liebt. Doch als Mischling bringt er sie in große Schwierigkeiten: Alle nicht rein rassigen Hunde sind vom Gesetz her unzulässig und werden verfolgt und in große Lager deportiert, von denen niemand so genau weiß, was in ihnen geschieht.

So hat Lilis Vater wenig Erbarmen oder Verständnis, vor allem, als die Nachbarin die beiden bei der Polizei denunziert. Er zwingt seine Tochter dazu, Hagen an einer Autobahn auszusetzen, was nur ein weiteres Moment der Kälte und Entfremdung zwischen den beiden darstellt. Für den Hund, der seine Gefährtin über alles liebt, ist es ein Fall ins Bodenlose. Gejagt, verfolgt und schließlich gefangen genommen, durchläuft er eine Tortur, die ihn schließlich in die Hände von zwielichtigen Kreisen bringt. In illegalen Hundekämpfen werden gerade Mischlinge, deren Leben nichts wert ist, mit grausamen Mitteln zu Kampfmaschinen trainiert, bis jede Emotion aus ihnen verschwindet. Die Bestie, welche alle in Hagen zu sehen glaubten, wird realer als jede Angst. Gemeinsam mit vielen anderen bildet er eine Meute, die die Stadt heimsuchen wird und keine Gnade kennt.

Eine der wahrscheinlich fantastischsten Sequenzen des letzten Kinojahres bilden Anfang und Schluss des Films: Lili fährt mit ihrem Fahrrad durch ein menschenleeres, gespenstisches Budapest, bis plötzlich hinter ihr die Hunde auftauchen, durch die Straßen jagend, alles verschlingend.

Unglaublicherweise sind dies keine Spezialeffekte, sondern wirkliche Tiere, mit denen gedreht wurde, was die Momente ungleich intensiver macht. Es ist ein starkes Bild, das Mundruczó erzeugt, auch wenn seine politischen Anspielungen ruhig noch deutlicher hätten ausfallen können. Oft wirken die Szenen mit Hagen zu lieb und verbleiben in einer anthroprozentrischen Haltung, die sie ja eigentlich kritisieren wollen. Dennoch ist „White God“ eine kraftvolle und vor allem bildgewaltige Auseinandersetzung mit Diskriminierung, Fremdenhass und der daraus folgenden Logik der Vernichtung, welche, wie die Anspielung auf Rilke andeutet, nur durch eine Form von Offenheit beantwortet werden kann, der Liebe, so wie sie Lili bis zum Schluss nicht aufgeben wird

(Silvia Bahl - biograph)

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