Untitled
Österreich, Deutschland 2017, Laufzeit: 107 Min., FSK 12
Regie: Monika Willi, Michael Glawogger
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Ein Dokumentarfilm ohne Titel. Der österreichische Ausnahmefilmer Michael Glawogger sprengt mit seinem posthumen Meisterwerk Grenzen und macht aus der Reportage reine Filmkunst.
Ende 2013 brach Glawogger mit einem Kameramann und einem Tonmann auf zu einem auf ein Jahr angelegten Doku-Experiment: quer durch die ganze Welt reisen und einfach filmen, ohne Konzept. Viereinhalb Monate später endete die Reise mit Glawoggers Tod. Sie waren über den Balkan und Italien bis nach Marokko gekommen und von dort aus quer durch Westafrika bis zur Elfenbeinküste, als der Regisseur einer plötzlichen Malariainfektion erlag. Das Projekt schien damit ebenfalls gestorben, bis die österreichische Cutterin Monika Willi („Das weiße Band", „Liebe") aus dem bis dahin gedrehten Materials den Film in Glawoggers Sinne fertig stellte. Dabei herausgekommen ist ein berauschendes Filmkunstwerk: Atemberaubende Szenen aus fremden Ländern, aus ihrem Kontext gerissen und wie zufällig aneinander geschnitten. Gerade noch wurden in brütender Hitze Steine geklopft, plötzlich sind wir im tiefen Schnee – wo wir eigentlich sind, spielt keine Rolle, sagt uns der Film. Aus dem Off ertönen abstrakte musikalische Fetzen und Gedanken aus Glawoggers Reisetagebuch, die die Bilder nicht erklären, sondern erweitern. Gedanken über Freiheit und Tod, übers Abschiednehmen und Sichverstecken. Hier geht es um soviel mehr als nur andere Kulturen. Es geht um den Menschen an sich. Und um den „ultimativen Film," von dem Glawogger in seinen Aufzeichnungen träumt: „Einen Film, der nie zur Ruhe kommt."
(DANIEL BÄLDLE)