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Wild Tales

Wild Tales - Jeder dreht mal durch!
Argentinien, Spanien 2014, Laufzeit: 122 Min., FSK 12
Regie: Damián Szifrón
Darsteller: Liliana Ackerman, Luis Manuel Altamirano García, Alejandro Angelini
>> wild-tales.de

Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt – ein Setting, welches der argentinische Regisseur und Drehbuchautor Damián Szifrón in sechs genialen Episoden auf den Punkt inszeniert. Was in jeder Anfangssituation als Banalität ihren Anfang nimmt, führt zur maximalen Eskalation der Geschichte, wahnwitzig, unvorhersehbar und mit hohem Unterhaltungsfaktor. Von Pedro Almodóvar produziert, überraschte die rabenschwarze Komödie im diesjährigen Wettbewerb von Cannes und sorgte immer wieder für Szenenapplaus.

Es ist eine ungewöhnliche Erzählform, die Szifrón wählt: assoziiert man mit dem Episodischen doch eher komplexe Dramen oder gesellschaftliche Analysen wie beispielsweise Altmans „Short Cuts“ oder Haggis „L.A. Crash“. „Wild Tales“ da­ge­gen verflechtet seine Geschichten nicht auf einer personellen Ebene, sondern durch die generelle Versuchsanordnung. Sechs abgeschlossene Kurzgeschich­ten, eine Ausgangskonstellation, die auf die Spitze getrieben werden muss, mit allen Mitteln, die dem Kino zur Verfügung stehen. Wie Szifrón dies jedes Mal ge­lingt, ist wirklich verblüffend und nicht nur eine absolute Drehbuch-Meister­leistung – die Episoden sind so gut konstruiert, dass sie in keinem Moment den Spannungsbogen verlieren. Und auch wenn hier zum Großteil mit Situationskomik gearbeitet wird, zeigen die wilden Geschichten auf ihre ganz eigene Weise ebenso eine bitterböse Gesellschaftskritik. Es sind einfache Menschen, die Szifrón an ihre Grenzen geraten lässt, im Konflikt mit staatlicher Willkür, Korruption und sozialer Ungleichheit, die so fernerhin einen bitteren Kommentar auf die Aus­wir­kungen der argentinischen Wirtschaftskrise bilden. Da ist der Luxuswagen, der auf einer einsamen Landstraße eine Rostlaube überholt und dabei auch noch demütigt. Ein verwöhnter Jugendlicher, der an einem idyllischen Sonntagmorgen seinen reichen Eltern eine schlimme Tat beichtet, für die nun ein Hausangestellter die Verantwortung übernehmen soll, der es sich nicht leisten kann zu widersprechen. Ein Sprengstoffexperte, der aufgrund seiner familiären Situation sowieso mit den Nerven am Ende ist, gerät in die absurden Mühlen der Bürokratie, als sein Auto abgeschleppt wird, weil die Stadt gut daran verdient immer neue Verbotsschilder an unvorhersehbaren Orten aufzustellen. Ein Kredithai betritt in einer verregneten Nacht ein verlassenes Restaurant, nicht ahnend, dass er durch seine Pfändungen die Familie der Besitzerin auf dem Ge­wissen hat. Und da ist auch noch die angespannte Frau, die ihre ganze Energie in eine Traumhochzeit investiert hat, die zum Alptraum wird, als die Geliebte ihres großspurigen Bräutigams sich durch eine kleine Geste entlarvt. „Wild Tales“ erzählt die Geschichten von Wutbürgern, mit denen man sich wohl auch hierzulande gut identifizieren kann, da vermutlich niemandem absurde Aus­einandersetzungen mit Behörden oder eine Erfahrung von steigender sozialer Ungerechtigkeit fremd ist. Szifrón gelingt es mit den Mitteln des Films darauf eine ganze eigene Antwort zu formulieren, die mitreißt und durch ihren schwarzen Humor sowohl Distanz als auch Solidarität schafft. Was als Situation noch ab­strakt und exemplarisch beginnt, gewinnt durch die emotionale Aufladung der Figuren schnell an Fahrt, die durchaus befreiend wirkt, auch wenn sie hin und wieder ein bisschen böse ist. Doch Lachen ist eben auch eine subversive Kraft.

(Silvia Bahl - biograph)

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