Willkommen im Hotel Mama
Frankreich 2016, Laufzeit: 90 Min., FSK 0
Regie: Eric Lavaine
Darsteller: Alexandra Lamy, Josiane Balasko, Mathilde Seigner, Philippe Lefebvre
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Bisher kannten wir aus Frankreich nur die ‚Generation Tanguy‘, jene Nesthocker, die das heimische Nest aus Bequemlichkeit nicht verlassen wollen. Regisseur Eric Lavine beschäftigt sich nun aber mit der ‚Generation Bumerang‘, die aufgrund einer privaten Katastrophe wie Arbeitslosigkeit, Scheidung oder Pleite ins heimische Nest zurückkehren müssen. Kein Stoff für eine Komödie? Stimmt eigentlich, doch Lavine gewinnt der gezwungenen Wiederbegegnung der Generationen allerlei heitere Momente ab.
Architektin Stephanié ist solch ein Fall. Eine letzte Runde dreht sie noch mit ihrem Sportwagen, dann gibt sie die Schlüssel ab. Ihre Ehe ist schon lange gescheitert, den gemeinsamen Sohn sieht sie nur einmal in der Woche und nun ist auch noch ihr Architekturbüro, das sie zusammen mit ihrer besten Freundin Charlotte geführt hat, Pleite gegangen. So muss die 40-jährige schweren Herzens zu ihrer Mutter Jacqueline zurückkehren, in die Wohnung ihrer Kindheit. Mitten in Aix-en-Provence lebt Jacqueline, zusammen mit einer Katze und einem Liebhaber im selben Haus. Doch von letzterem dürfen weder Stéphanie, noch die beiden anderen Geschwister etwas wissen, denn der Vater ist erst vor einem Jahr verstorben, und die auch nicht mehr ganz jungen Kinder erweisen sich als konservativer als ihre lebenslustige, umtriebige Mutter.
Für Stephanié ist die Rückkehr an den beschaulichen Herd ihrer Mutter eine Rückkehr in eine überheizte Wohnung, zurück zu löslichem Kaffee und mütterlichen Vorhaltungen, kurz die Höchststrafe, weshalb sie am anderen Morgen schon besonders früh am Frühstückstisch sitzt und die Stellenanzeigen studiert. Doch mit 40 einen neuen Job zu finden ist nicht so einfach und so verbringt sie mehr Zeit in der mütterlichen Wohnung als ihr lieb ist. Schon bald fällt ihr das merkwürdige Verhalten ihrer Mutter auf, wenn sie beispielsweise zum Einkaufen mit dem Aufzug nach oben fährt oder nachts lange Spaziergänge macht, doch Stephanié denkt da nicht an eine Liaison, sondern vermutet eher, dass es um die geistige Gesundheit ihrer Mutter nicht zum Besten bestellt ist. Sie ruft den Familienrat ein, und so muss sich Jacqueline schon vor drei Kindern rechtfertigen. Das kann so nicht weitergehen, weshalb sie beschließt, ihren Kindern nach einem besonderen Essen reinen Wein einzuschenken und ihnen ihren Lover vorzustellen. Doch an diesem Abend läuft alles schief, und das perfekt getimete Dinner versinkt alsbald im Familienchaos...
Schätzungsweise 410.000 Franzosen gehören zu dieser Generation Bumerang und wenn die zwangsläufige Heimkehr für die meisten eine Katastrophe ist, so betrachtet Lavine die komischen, amüsanten Seiten dieser Wiederbegegnung der Generationen. Es ist schon erniedrigend, wieder im eigenen Kinderzimmer schlafen zu müssen und die Idee, dass die eigenen Mutter - noch dazu in dem Alter - eine Liebesbeziehung pflegt- undenkbar. Auch das Verhältnis zu den Geschwistern nimmt Lavine aufs Korn, denn die Wiederbegegnung fällt ausgesprochen distanziert aus. So unterstellt man Stephanié quasi automatisch, dass sie die Situation ausnutzen will und irgendwie schon Vorteile bei der zukünftigen Erbschaft einfädelt. So müssen sich alle Beteiligten erst einmal von ihren Vorurteilen frei machen und ein ganz neues Verhältnis zueinander aufbauen. Bis das gelingt fallen Lavine aller Verwirrungen und Absurdität im neuen Familienalltag ein, denen der Zuschauer amüsant folgen kann, nicht ohne immer wieder an eigene Familientreffen erinnert zu werden.
(Kalle Somnitz)