Zwei zu Eins
Deutschland 2024, Laufzeit: 116 Min., FSK 6
Regie: Natja Brunckhorst
Darsteller: Sandra Hüller, Max Riemelt, Ronald Zehrfeld
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Als Schauspielerin war Natja Brunckhorst schon mit 16 Jahren ein Star, als sie die Hauptrolle in CHRISTIANE F - WIR KINDER VOM BAHNHOF ZOO spielte. 2017 schrieb sie das Drehbuch zu dem Kinderfilm AMELIE RENNT und vor drei Jahren folgte ALLES IN BESTER ORDNUNG, ihr bezauberndes Regiedebüt. Nun legt sie ihre zweite Regiearbeit vor und hat eine deutsch-deutsche Wendegeschichte ausgegraben, die so fantastisch ist, dass man sie nicht erfinden kann.
Natja Brunckhorst lässt sich Zeit, um die Stimmung in dem kleinen Städtchen Halberstadt nordwestlich des Harz gelegen im Sommer 1990 einzufangen. Hier hat eigentlich jeder noch mit jedem eine Rechnung offen, doch man hat gelernt damit umzugehen. Nicht so Maren (Sandra Hüller), die Volker (Ronald Zehrfeld) einfach hat sitzen lassen, als er in den Westen rübermachte. Jetzt, wo die Grenze offen ist, steht er reumütig vor ihr, doch seine Entschuldigung nimmt sie nicht an. Nur dank der Vermittlung von Robert (Max Riemelt) kann Volker bleiben. Die drei waren schon im Sandkasten beste Freunde, haben ihre Jugend in der DDR verbracht und erleben nun eine Zeit, in der alles oder nichts möglich ist. Die grenzenlose Freiheit fängt erst einmal damit an, dass die Firmen schließen und sie alle ihren Job verlieren. Die folgende Langeweile kennen sie schon von früher und so wird es Zeit, dass sich Volker ein neues Abenteuer ausdenkt, schließlich hat er bei Maren noch einiges wieder gut zu machen. Ihm sind die LKWs aufgefallen, die Tag und Nacht in die hiesige Kohle-Zeche fahren. Doch die ist längst geschlossen, was also liefern die oder was holen die da ab? Die Neugierde ist geweckt, doch das Betriebsgelände ist streng bewacht. Also fragen die drei Markoski (Peter Kurth), den Mann mit Stasi-Vergangenheit, der alles weiß was ist und was war. Allein er sagt nichts, er schweigt wie ein Grab. Doch die drei kennen seine verletzliche Stelle und überreden ihn, sie durch einen stillgelegten Schacht in die Zeche zu führen.
Was sie hier entdecken, entspricht einer Schatzkammer aus tausendundeiner Nacht: 400 Tonnen an alten Geldscheinen hat die DDR-Regierung unter Tage deponiert. Weil man die Scheine nicht verbrennen konnte, sollten sie hier verrotten. Im Grunde wertloses Geld, die Umtauschfrist ist verstrichen, aber natürlich gibt es Ausnahmeregeln...
Die zu finden ist das eigentliche Abenteuer dieses Films, und um sie zu nutzen, müssen alle Eingeweihten zusammenhalten. Es besteht die einmalige Gelegenheit, dem westlichen Turbokapitalismus, der längst das Land mit Versicherungsmaklern und Staubsaugervertretern überschwemmt hat, ein Schnippchen zu schlagen. Aber dafür ist Cleverness, Solidarität und Zusammenhalt gefragt. Tugenden, die bei manchen Genossen in den letzten Jahren etwas eingeschlafen sind.
Natja Brunckhorst macht sich einen Riesenspass daraus, uns diese verrückte Geschichte zu erzählen. Und natürlich hat sie sie sich nicht ausgedacht, solche Geschichten kann man nicht erfinden, sie schreibt nur das Leben selbst. Wieviel Geld damals tatsächlich weggekommen ist, weiß kein Mensch, eine Strafanzeige gab es genauso enig wie irgendwelche Ermittlungen, zu peinlich waren der Staatsmacht die Vorfällen, dass man sie ganz schnell und ganz leise unter den großen Teppich der deutsch-deutschen Geschichte kehrte.
Was als Freundschafts- und Familienkomödie beginnt, wird schnell zum letzten Abenteuer über Geld und Gerechtigkeit im Spätkommunismus. Brunckhorst schickt ihre Protagonisten mit viel Spiellaune und köstlichen Dialogen in diese letzte Schlacht und trifft dabei auch den Ton und das Gemüt der ostdeutschen Bevölkerung, die nicht nur den Wessis mal eins ausweichen darf, sondern auch hinter schmerzhaften Geheimnissen der eigenen Geschichte kommt.