Es gibt 1 Beitrag von Annalotta
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09.03.2010
Es gibt diese Filme: Man sieht die erste Szene, und man weiß: Dieser Film wird einen packen, der Funke springt sogleich über. So ging es mir bei ?An Education?. Vom ersten Moment an war ich gefesselt. Warum? Weil mich die Musik, die Schauspieler, die Dialoge, das Setting in ihren Bann zogen. Der Film spielt in den 60er Jahren, und diese Zeit wird glaubhaft vermittelt ? und doch ist es eine frischere, buntere, modernere Version der 60er Jahre, als die Wirklichkeit sie zu bieten hatte; vielleicht liegt darin der Zauber? Nehmen wir zum Beispiel das Lied ?No smoke without Fire? ? herrlich, wie sich da eine Frauenstimme ganz im Stil der damaligen Zeit dem Liebesschmerz hingibt. Und dann, was sehe ich im Abspann? Duffy hat hier gesungen, fünf Jahrzehnte später. Macht aber nix, im Gegenteil: macht es vielleicht sogar schöner.
Und die Handlung? Die überzeugt. Ein strebsames junges Mädchen, zufrieden mit den leisen Freuden des Lebens ? Bücher, Bildung ? trifft auf einen charmanten Lebemann, der ihr die lauten Vergnügen ? Glitzer & Glamour ? schmackhaft macht; und plötzlich sind die bisherigen Freuden schal. Zumal sich die Frage stellt: Wozu eigentlich all die Bildung? Was lässt sich denn mit einem Universitätsabschluss für eine Frau in den 60er Jahren so Aufregendes anstellen? Lehrerin ? das ist das einzig realistische Ziel, und das ist nicht sehr verlockend. Ist es da nicht viel sinniger und stimmiger, das pralle Leben zu genießen?
Der charmante Lebemann ist jüdisch, ein Detail, das mich zu Beginn des Films zu der Annahme verleitete: Dann kann er ja kein schlechter Kerl sein. Denn das gibt es nicht, in heutigen Filmen (abgesehen in denen von der üblen Sorte): dass die einzige jüdische Person ein schlimmer Finger ist. Zu recht ? denn das würde nur den leider immer noch herumwabernden Antisemitismus bedienen. Dieser Film wagt es aber dann doch. Was ich irgendwie gut finde, denn erstens wird durch das Jüdischsein dieser Person sehr schön der latent existente Antisemitismus im England der 60er Jahre vorgeführt, und zweitens sind natürlich nicht alle Juden edle Menschen, sondern genauso facettenreich wie Christen auch, logisch. Und was ich trotzdem irgendwie auch nicht gut finde, denn: Der Jude ist mal wieder der gewissenslose Geschäftsmann. Und damit werden halt doch wieder Klischees bedient und die Ewiggestrigen sehen sich in ihren dumpfen Vorurteilen bestätigt.
Nun, unser englisches Mädel kriegt dann schließlich doch noch die Kurve und findet zurück zu Büchern und Bildung; der charmante Lebemann wird als hohler Geck entlarvt. Das ist gut. Und doch wird die Frage nicht beantwortet: Wozu das alles? Und das ist auch gut, denn schnelle Antworten auf komplizierte Fragen hinterlassen leicht einen schalen Nachgeschmack.