Es gibt 266 Beiträge von Matt513
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27.02.2016
In einer nach heutigen Maßstäben ungewohnten Rolle setzte DiCaprio hier bereits früh ein mimisches Ausrufungszeichen. Arnie ist in seiner geistigen Entwicklung eingeschränkt, sein Bruder Gilbert muß der Familie, die in der Enge des Landlebens klarkommen muß, den fehlenden Vater ersetzen. Auf die ersten Meter kommt der Film wie eine dieser 80er Jahre-Teenagerschmonzetten daher, nicht zuletzt wirkt er durch allerlei optische Markierungen (Mode, Frisuren) etwas angejahrt, aber seine Stärke liegt in der sehr einfühlsamen Inszenierung mit tollen Leistungen junger Darsteller, die später zu Weltruhm gelangten. Daher ist der Film keineswegs aus der Zeit gefallen. Depp gelingt es mit ganz sparsamen Mitteln, Gilberts innere Kämpfe zwischen sozialen Kleinstadtzwängen, familiären Pflichten sowie dem Finden des eigenen Platzes im Leben zu illustrieren. Und wie eingangs angedeutet, ist DiCaprio bereits in jungen Jahren mimisch absolut faszinierend gewesen.
Für die Rolle des stets fröhlich-unbeschwerten Arnie gab es die erste von bis heute 6 Oscar-Nominierungen. Fast möchte man formulieren, damals war DiCaprio noch zu lachen zumute :). Viel Spaß morgen abend in L.A. und viel Glück.
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20.02.2016
Was für ein knatschbuntes, zusammenhangsloses Gematsche. Brazil, bei dem sich dieser Film unverhohlen anbiedert, scheint wirklich ein einmaliger Geistesblitz gewesen zu sein. Während dessen Vision, 1984 entstanden, im Hinblick auf die Gegenwart geradezu prophetisch war, gibt es in TZT nichtmals irgendwas Neues zu sehen. Die im Film dargestellten technischen Möglichkeiten z.B. sind eingeholt oder zumindest als demnächst machbar beschrieben. Und daß alle wie Junkies an ihren Smartphones hängen, wir unser Leben zunehmend von Computern bestimmen, ja kontrollieren lassen, kann man sich ja jeden Tag in der S-Bahn angucken.
Die Inszenierung ist doof bis schrecklich. Allerdings, fällt mir gerade ein, hatte ich bei Fear and Loathing in Las Vegas bereits einen ähnlichen, damals unformulierten Eindruck, welcher mir nun bestätigt wird. Ich muß das wirklich so schreiben bei einem Regisseur, dessen Name Schauspieler von Weltruf anlockt. So retten Schwergewichte wie Waltz oder Swinton diesmal gar nichts.
Die Handlung ist stinklangweilig, das Ende diffus. Das Sujet, seinem Leben den Sinn zu geben, die Sinnlosigkeit desselben zu beweisen, wirkt verkopft. Ständig führen Charaktere in wichtigem Ton abstruse Dinge im Mund, die man nicht kennt bzw. von denen man dann auch nichts wissen will. TZT ist wie ein Blick in die unaufgeräumte Küchenschublade; ein Sammelsurium unnützer Dinge und Belanglosigkeiten. Ich habe 3 Versuche gebraucht, um den Film ganz zu schauen und bin jedesmal eingeschlafen, dabei die ersten beiden Male an derselben Stelle.
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20.02.2016
deutscher Geschichte. Schon hierzulande trieb der Päderast Paul Schäfer sein Unwesen. Noch schlimmer wurde es, als er sich nach Chile absetzte, dort sein zynisches Schreckensregime errichtete, Menschen quälte und terrorisierte, die ihm unter dem Versprechen einer an urchristlichen Werten orientierten Kommune folgten. Deutsche Politiker und Diplomaten protegierten ihn. Die Pinochet-Diktatur folterte in seinen Kellern. Spät nahm die Justiz die Strafverfolgung auf. Kam schon Pinochet weitgehend straffrei davon, mußte auch Schäfer spät nur einen Bruchteil seiner Strafe verbüßen, ehe der Tod ihn erlöste.
Gegen diesen Hintergrund ist Gallenbergers Film für meinen Geschmack ziemlich konventionell, ja altbacken inszeniert. Er wirkt fast schon wie fürs Öffentlich-rechtliche hergestellt, wie diese netten "Erklär mir die Geschichte"-Filmchen mit viel Akzent auf der Requisite, die keinem wehtun. Ich bin bestimmt niemand, der auf blutige Sensationen scharf ist, aber rein emotional blieb ich außen vor. Auch die lauschige Turtelei zum Eingang wirkt wegen ihrer Länge deplaziert. Den Darstellern muß man keinen Vorwurf machen. Nyqvist und Brühl liefern schon sehenswert ab, auch in den Nebenrollen vieles ganz ordentlich. Emma Watson scheint mit Blick auf den internationalen Markt implementiert worden zu sein; auf dem Poster sieht man prominent ihr Gesicht, dabei blieb für mich ihre Darstellung gegen die Genannten ohne Widerhall.
Also, kann man sich schon ansehen; denke ich an Filme wie z.B. Salvador, muß ich ausnahmsweise sagen, ein bißchen mehr professionelle Umsetzung, halt die Erfahrung Hollywoods, hätte dem Film gutgetan.
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03.02.2016
Die Qualität des Films haut einen um. Foxcatcher fasziniert mit ganz großen Schauspielleistungen, dem sehr reduziert angelegten visuellen Stil und einer bravourösen Regie, wodurch man über 2 Stunden gebannt der Handlung folgt:
Eine unheilvolle Liaison zwischen einem, der eine Vaterfigur sucht und 'nem anderen, ein paranoider Narziß mit gefährlichem Faible für Schußwaffen, führt in die beidseitige Selbstzerstörung. Schlimm, daß das alles auch noch wirklich so geschah.
Carell, in der Comedy beheimatet und hier optisch und mimisch kaum wiederzuerkennen, hätte den Oscar verdient gehabt, Punkt. Der ganze Film hätte Oscars verdient gehabt. Es blieb leider nur bei Nominierungen.
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01.02.2016
„Ist das da drüben ein Flugzeug?“ Schon die erste Szene zeigt die merkwürdige Reise an, auf die es in den kommenden anderthalb Stunden gehen wird. Zwischen Wolkenbänken schwebt tatsächlich ein Flugzeug – aber auf der Stelle. Anschließend zoomt die Kamera und man sieht den Urheber jener Frage, welcher aus dem Fenster eines anderen Fliegers nahebei blickt. Dessen Gesicht, wie jene aller anderen, eine Art Maske. Schnell ist klar, daß dies alles also keineswegs real ist. Aber was ist es dann? Alles, was man zu sehen bekommt, ist -bis hin zum korrekt ansteigenden Fahrpreis einer Taxifahrt- auf faszinierende Weise schon nahe bei der Realität (in einem Animationsfilm!) und doch gleichzeitig unwirklich, surreal, wie ein Traum. Was für eine Sicht ist das? Und aus welcher Verfassung heraus erfolgt sie?
Michael, obiger Fluggast, erfolgreicher Autor und Coach, reist mit schwerem Gepäck: Mindestens eine veritable psychische Erkrankung; Tipp: Der Name des Hotels ist nicht ganz zufällig gewählt. Schuldgefühle aus der Vergangenheit; ein Lösungsversuch endet eruptiv. Die Stumpfheit des Alltags, weshalb er offenbar affin für Abenteuer ist. Er erlebt mehrere schwere psychische Ausbrüche, Ein Trigger dafür ist ein Ereignis, das er als Anomalie bezeichnet. Seine Verhältnisse liegen wie Mehltau auf ihm. Hin- und hergerissen zwischen dem, was zu Hause auf ihn wartet und dem, was möglich sein könnte. Muß man über all das unbedingt einen Film machen?
Hin- und hergerissen ist auch man selbst nach Ansicht des Films (s. auch O-Ton ganz oben). Die wahrgenommene Bandbreite reicht von den sich überschlagenden Pressezitaten auf dem Kinoplakat bis zu den Zuschauern neben uns, die während der Vorstellung gingen. Ich landete irgendwo dazwischen und fand ihn, sagen wir mal, interessant, aber wer ihn nicht gesehen hat, muß auch nicht traurig sein. Schon wieder ein typischer Fall fürs Programmkino, wie es scheint.
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15.01.2016
DiCaprio ist ein Maniac des Kinos. Die Inbrunst, mit der er jede seiner letzten Rollen gespielt hat, ist unübersehbar. Bezeichnend, wie er sich in Django Unchained mitten im Dreh an einer Glasscherbe verletzt und die Szene trotzdem ungerührt zu Ende spielt. Er bleibt aber, und das könnte ihn bisher vom großen Ziel getrennt haben, stets wiedererkennbar, er selbst. Er erfindet keine Figuren, so wie z.B. Depp dies mit Jack Sparrow getan hat.
Gut oder schlecht? Zumindest macht dies seine Leistung ein Stück weit vorhersehbar; ein Eindruck, den ich bereits vor The Wolf of Wall Street hatte. Und siehe da, damals wurde es wieder nichts. Fast mit Ansage. Stattdessen gewann McConaughey mit einer nicht für möglich gehaltenen Charakterrolle. Mit aller Bescheidenheit, dies wäre etwas gewesen, was ich ihm zugerufen hätte: Leo, überrasche uns doch mal.
Kann er dies diesmal einlösen? In Iñárritus epochalem Werk geht er zumindest einmal mehr ans Limit. Wenn er herumgeworfen wird, durch den Frost kriecht, mit verdrehten Gliedern sich voranschleppt, Erde schluckt, in rohen Fisch und ebensolche Büffelleber beißt, ist dies das reinste Martyrium. Aber es war -zumindest für mich- nichts Überraschendes dabei. Daß DiCaprio einen 'Grim young man' mit enormer Verve spielen kann, haben wir schon gewußt. So hoch liegt die Latte mittlerweile. Man wird sehen, ob es die Juroren diesmal überzeugen wird. Im Kriechgang zum Ziel, im Film wie im Leben. Durchhalten, Leo! Er wird es einmal schaffen. Zu wünschen wäre es ihm.
In The Revenant steckt aber mehr drin als die historische Trapper-Geschichte. Iñárritu bebildert nicht nur das wilde Land grandios (fast auschließlich in natürlichem Licht), sondern auch dessen blutige Eroberung in teils surrealen Bildern und ich habe den Eindruck, er als Mexikaner meint hier nicht nur Nordamerika, sondern den gesamten Kontinent. Glass und seine Männer laufen durch das Blut erlegter Büffel. In seinen Träumen steht er vor Bergen von Schädeln und Soldaten zünden die Dörfer der Eingeborenen an. Sie fanden das Leben und brachten den Tod. Die bluttriefende Schöpfungsgeschichte einer zivilisierten Nation, in Gottes Händen liegt die Rache, sagen sie, doch wo ist er; von seinem Haus stehen nur noch Ruinen. Wir sind alle Wilde, steht zu lesen. Nicht nur in seiner visuellen Archaik beeindruckt der Film, sondern auch durch den nicht minder archaischen Soundtrack von Ryuichi Sakamoto.
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23.12.2015
Christen- bzw. Kirchen-Bashing macht ja so einen Spaß und ist dabei -wie praktisch- total ungefährlich, was in diesen Zeiten nicht mehr für jede Religion gilt. Da dachte ich zunächst, das hier sei ein weiterer Erguß der mutigen, politisch-korrekten Satiriker-Zunft. Begleitung sei Dank dann doch noch angeschaut.
Was soll man sagen? Dieser Film ist respektlos, eine schiere Unverschämtheit und wir haben uns köstlich amüsiert. Es muß am Kunstgriff Van Dormaels liegen, 'seinen' Gott nicht die Welt, sondern zunächst mal nur Brüssel erschaffen zu lassen. Alles verbleibt im kleinen Maßstab und durch diese Verkleinerung funktioniert auch der Film. In Gottes Schöpfung, diesem grauen Brüssel, ist das Paradies eine speckige Butze, von Frau Gott mit dem Staubsauger gepflegt; dazu paßt Gott als Rüpel in Sandalen und Bademantel. Wie oben angedeutet, ist dies schwer respektlos, aber eben nicht moralisierend. Der Steg, auf dem dieser Balanceakt abläuft, ist schmal, aber er trägt.
Flankiert von einer selten genialen Drehbuch-Idee geht Ea, die kleine Heldin des Films, auf die Reise, Menschen zu finden und gibt deren Leben dabei eine Wende. Da fühlt man sich leicht an Amélie erinnert, wie man auch im spielerischen, manchmal surrealen Erzählstil manche Ähnlichkeit entdeckt. Hier hält der Film uns, die wir allzuoft unsere Tage in Eile und Achtlosigkeit verbringen, einen Spiegel vor: Was fängst Du mit Deiner Zeit an, wenn Dir bewußt wird, wie endlich sie ist?
Die Antwort darauf ist mal erheiternd, mal inspirierend und mit besagtem Kevin wird hier ein aberwitziger Running Gag gesetzt. Wer Happy-endings mag, wird den Film außerdem mögen. Mir war es am Ende ein wenig zu einfach aufgelöst, aber dennoch, der Film ist aufgrund seiner unkonventionellen Anlage sowie seines frechen Grundtons unbedingt zu empfehlen.
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22.12.2015
Den vagabundierenden Container auf einsamer See muß man erstmal treffen, noch dazu während man gerade in der Koje liegt. Auch danach läuft's nicht wirklich für den einsamen Skipper. 'Konnte man sich ganz gut anschauen, aber jenen, denen dieser Film -trotz allem- als Inspiration für den Segelsport dienen mag, sei zugerufen: Bitte niemals als Anschauungsmaterial für den Seenotfall! Kaum zu glauben, wieviele Fehler der vermeintlich erfahrene Einhandsegler begeht und für die Bedienung des Sextanten muß er auch erstmal die Anleitung lesen? Ui.
Was nachhallt, ist die atmosphärische Musik; 'klang so ein bißchen nach Café del Mar, 'hatte so etwas Wundervoll-aussichtsloses. Sowie die Erkenntnis, daß ein betagter Robert Redford mittlerweile wohl keine nennenswerte Maske mehr braucht, um einen wettergegerbten Seebären zu spielen. Den "Triumph der Schauspielkunst" bzw. die "Metapher aufs Leben an sich", welche zum Kinostart im Blätterwald beschwört wurden, habe ich so jetzt allerdings nicht gesehen, tut mir leid. Als cineastischen Einhand-Törn fand ich Cast Away eindrucksvoller.
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20.12.2015
An der Ausleihe drüber gestolpert; 'kannte ich bisher noch gar nicht. Je länger ich drüber nachdenke, umso mehr komme ich ins Grübeln, was ich von dem Film nun halten soll.
Als Komödie zunächst mal gar nicht schlecht, mit durchweg guten und auch glaubwürdigen Schauspielleistungen sowie ganz gelungenen Ansichten des französischen Wegs ab Le Puy (den Teil ab St. Jean rafft man dann SEHR sportlich zusammen; u.a. immerhin die Route Napoléon, Burgos, die Meseta, das Cruz de Ferro, der 'verrückte Tempelritter'). Von der Handlung her völlig vorhersehbar. Ich habe nach mehreren Stichproben mittlerweile den Eindruck, daß das Erfolgsrezept französischer Komödien darin besteht, daß sich ein paar erstmal richtig kabbeln müssen, um hinterher (wieder) ein Herz und eine Seele zu sein. Muß das wirklich so sein? Hatte ich 'meine' lieben Franzosen so wenig kennengelernt; ist mir da ein Zug zur Streitlust am französischen Wesen entgangen?
Was nicht eben positiv auffällt, ist der kirchenfeindliche Ton einerseits. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß einem Fußpilger nach dem schweren Gang über die Pyrenäen die Unterkunft in der Klosterherberge von Roncesvalles verweigert würde, nur weil er keine 'genehme' Hautfarbe hat. Sorry Leute. Wer sowas kolportiert, war selbst nie auf dem Weg. Zu Claras Tirade gegen die Kirche gleich zu Beginn des Films; auch dies ist so prominent gesetzt, daß man da nicht so einfach drüber hinwegsehen kann.
Was dagegen verwundert, sind die Bezüge auf den Islam andererseits in einem Film, der einen christlichen Wallfahrtsweg als Rahmen hat, stets wohlwollend. Mittendrin plötzlich orientalische Klänge, vollverschleierte Frauen in den Traumsequenzen sowie zwei nette, etwas einfältige Araberjungs, die offiziell nach „Santiago de Mekka“ mitgehen wollen, inoffiziell aber nur hinter einer der blonden Pilgerinnen her sind, welche von ihnen Müffen genannt werden (immerhin nicht Kafirah, 'ist doch was). Och, und mitten in der Meseta sagt der eine zum anderen, obige Clara habe gesagt, der heilige Jakobus war ein Drecksack, genannt Matamoros oder Maurentöter. Sogar ein Denkmal gäbe es, wo der böse böse Jakobus die armen armen Mauren prügelt. Abgesehen davon, daß das mit dem Denkmal stimmt (und es von diesem Motiv nicht nur eines, sondern gleich mehrere entlang des Wegs gibt), es ferner im Zuge der Reconquista durchaus vorkam, daß Persönlichkeiten als Streiter gegen die maurischen Besatzer dargestellt wurden – wenn die Drehbuchschreiber sich bei Jakobus nun ausgerechnet darauf kaprizieren, warum bleibt dann unerwähnt, was die Mauren überhaupt in Spanien zu suchen hatten, ganz zu schweigen davon, was sie ihrerseits mit der nichtmuslimischen Bevölkerung anstellten? Warum diese Einäugigkeit?
Am Ende kommt man am Monte do Cozo an, einer der Jünglinge besteigt das Denkmal, welches anläßlich der Pilgerreise Papst Johannes Paul II. dort errichtet wurde und ruft begeistert: Allahu akbar! Es kann und darf natürlich jeder Muslim seinen verehrten Gott anrufen, aber nochmal, was bitte hat das ausgerechnet in einem Film über den Jakobsweg zu suchen? Und warum preisen nur die braven Muslime ihren Gott, während alle anderen sich verbiestert-atheistisch geben? Warum darf im Film ein Glaube ausgelebt werden, ein anderer nicht? Weil die Kirche in den Köpfen der Drehbuchschreiber (s. Claras Auslassung) ein Hort von Bigotterie und Päderasie ist? Was soll dieser Kultur-Nihilismus? Daß der abendländische Wertekanon christlich geprägt ist, Barmherzigkeit, Nächstenliebe und so, das läßt sich nicht leugnen. Kann dann jemand ihre eigenen kulturellen Wurzeln nur ertragen, wenn man sie mit einer anderen Kultur überklatscht? Und meinten die Drehbuchautoren etwa, Fälle von Kinderschänderei und Bigotterie gäbe es nur bei den Christen?
Ich frage mich, wie dieser Film aussehen würde, wäre er dieses Jahr entstanden, nachdem nette, etwas einfältige Araberjungs mit einäugigem Blick auf die Welt „Allahu akbar“ riefen, bevor sie in Paris ihre Maschinenpistolen entsicherten. Wahrscheinlich immer noch genau so. Denn es kann (in den Köpfen politisch-korrekter Salonphantasten) nicht sein, was nicht sein darf.
P.S.: Dieser Tage kommt ein neuer Film zum Jakobsweg in die Kinos, welcher über derartige Verdachtsmomente erhaben sein dürfte. Jener dürfte beschreiben, wie ein lt. schriftlicher Selbstauskunft „untrainierter Moppel“ (der aufgrund seiner Neigung auch nie seinen Frieden mit der Kirche machte) auf dem Weg häufig von der motorisierten Fortbewegung Gebrauch macht, das weiche Hotelbett dem harten, schmuddeligen Pilgerherbergslager (igitt!) vorzieht und sich, welch Kontrast zum frugalen Pilgergang, regelmäßig den Bauch mit lokalen Köstlichkeiten vollschlägt. Pilgern nach Santiago, das wird man dort sehen, geht eben auf vielfältige Weise.
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19.12.2015
Bevor er als Jack Sparrow in den Olymp der Superstars aufrückte (aus welchem er zuletzt etwas abgestürzt ist), hatte Depp in den 90ern in einer Reihe kleinerer Produktionen einige seiner besten Leistungen abgeliefert. Aus der fruchtbaren Kooperation mit Tim Burton stammt die sehr sehenswerte Biographie über Ed Wood, das notorisch erfolglose Stehaufmännchen Hollywoods. Der Stoff über den so titulierten „schlechtesten Regisseur aller Zeiten“ schrie förmlich danach, von Burton, häufig selbst als schräger Vogel im Filmgeschäft konnotiert, in Szene gesetzt zu werden. Und Depp ist die Rolle des Transvestiten mit der unerschütterlichen Zuversicht, es schaffen zu können, wenn man nur fest genug dran glaubt, wie auf den Leib geschnitten.
Ähnlich wie The Artist setzt auch Ed Wood an einem Wendepunkt der Unterhaltungsbranche auf. Wird Stummfilm-Star George in ersterem vom aufkommenden Tonfilm aus dem Geschäft geschubst, so bedeutet in letzterem die zu Ende gegangene Ära des klassischen Horrorkinos für den auf dieses Genre festgelegten Bela Lugosi das Karriere-Aus. Wood, ein großer Bewunderer Lugosis, den Kopf voller kommender Sensations-Projekte, kreuzt seinen Weg. Am Ende ihrer Zusammenarbeit, die bald eine sehr persönliche Ebene annimmt, wird Plan 9 aus dem Weltall stehen; ein Werk, in jeder Hinsicht – Produktion, Casting, Handlung, Finanzierung, Spezialeffekte- nun ja, bemerkenswert ;).
Bis in die Nebenrollen ist Ed Wood u.a. mit Bill Murray, Vincent d'Onofrio oder Jeffrey Jones ausgezeichnet besetzt. Mit Criswell und Vampira werden zudem zwei unbekanntere Protagonisten der 'obskuren Unterhaltung' referenziert. Neben Depps großartigem Spiel aber ist Martin Landau als Lugosi die allergrößte Offenbarung. Die Maske schafft es, Landaus markante Züge bis zur Unkenntlichkeit zu kaschieren und ihm trotzdem genügend Freiheit für die vielleicht beste und NB: auch oscarprämierte Leistung seiner Karriere zu lassen. Für mich das absolute Highlight in diesem tollen, sehr schrägen Film, der die großen Zeiten des Gruselkinos beschwört und dann konsequenterweise auch in schwarzweiß gehalten ist. In diesem Kabinett absonderlicher Figuren hat mir am Ende eigentlich nur noch die bärtige Jungfrau ohne Unterleib gefehlt.