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27.05.2008
Oh-oh - anderthalb Jahre nach dem Kinostart noch immer kein einziger Eintrag zu diesem Film?? Muss dann ja ein grandioser Baucklatscher an der Kinokasse gewesen sein. Vielleicht trägt der Umstand auch lediglich der deutschen Verdrossenheit an christlicher Religon Rechnung - kann das sein nach dem Wahnsinns-Katholikentag hier in Köln?
Vielleicht dachte sich der geschätzte Kino-Besucher auch einfach: Was kann man schon von der x'ten Neuverfilmung der Weihnachtsgeschichte erwarten?
Offenbar mehr, als Pappa Ratzinger lieb war, der den Streifen "not amused" boykottiert hat, weil Keisha Castle-Hughes (in ihrer ersten Hauptrolle wieder seit Whale Rider) zu den Dreharbeiten in einem Zustand angetreten war, der gemäss der Auffassung des Kirchenprälaten alles andere als "angemessen unbefleckt" war - sie war de facto schwanger! (Grund genug für mich, mir zu sagen: Also DAS sehe ich mir an! >;-)
Mit ähnlich versessener Nähe zum Objekt platziert Regisseurin Catherine Hardwicke die Geschichte von Maria und Josef in ein Szenarium, das vor historischer Detailfreudigkeit strotzt: Wir sehen verblüffend viele Einzelheiten aus dem Leben der Reichsten und Ärmsten Bewohner des Landes Judäa, das die römischen Eindringlinge erbarmungslos im Griff haben. Als machthungriger König Herodes brilliert Ciarán Hinds, der sich mit der neuen Oberherrschaft abgefunden hat - solange er nur weiter als oberster Aristokrat aus dem vollen Schöpfen kann, ist es ihm gleich, daß seine Untertanen das Doppelte an Steuern, was sie an ihn abgeben müssen, nun auch noch für den römischen Kaiser aufbringen müssen (der Mann spielt so überzeugend böse, daß ich ihn zunächst sogar für Donald Sutherland gehalten habe ;-). Beeindruckend inszeniert auch der Tempel in Jerusalem, in dessen Zeremonien und Allerheiligstes der Zuschauer ungewohnte Einblicke erhält.
"The Nativity Story" hält die Markierungspfeiler der biblischen Geschichte ein, von der Erscheinung des Engels, der Maria verkündet, daß sie der Welt den Erlöser gebären soll bis zum Kindermord in Bethlehem - dazwischen ist es die Geschichte von Maria und Josef; zwei ganz normalen Menschen der so sorgfältig inszenierten Zeit, die sich die gleichen Fragen stellen wie jeder, der über die Jungferngeburt zum ersten Mal als "Erwachsener" nachdenkt ("Ja, klaaaar!") und mit den entsprechenden sozialen Problemen untereinander wie auch in der Gesellschaft ihrer Zeitgenossen konfrontiert sind ("Das könnt ihr eurer Großmutter erzählen!"). Kraft können sie lediglich aus der Erkenntnis ziehen, dass einige wenige Auserwählte ihre Vision teilen. Und aus dem Wissen, daß die Menschen ihrer Zeit (fast so wie in unserer) einen Erlöser dringend nötig haben.
Der Film lebt ganz gewaltig von diesem Spannungsbogen zwischen Märchen des christlichen Ursprungsmythos und historischer bis historisierender Detailverliebtheit - so zum Beispiel auch in dem Moment, als Josef, als Maria's "Zustand" offenkundig wird, sich vor die Frage gestellt hat, ob er das Mädchen, in das er sich verliebt und dessen Hand ihm ihr Vater (natürlich, ohne groß nach ihrer Meinung zu fragen) versprochen hat, gemäss dem alten Brauch nun steinigen lassen soll oder nicht. Natürlich muss er sich entsprechend dem göttlichen Plan dagegen entscheiden, aber den inneren Kampf, den einen Mann das zu dieser Zeit gekostet hat, bringt Darsteller Oscar Isaac ebenso glaubwürdig auf die Leinwand wie Keisha Castle-Hughes die Unsicherheit, die ihre "göttliche Mission" ihr abverlangt.
Die Reise nach Bethlehem wird für das "zwangsverheiratete" Paar zum Selbstentdeckungstrip: Erstmals unbeobachtet von ihren Familien können sie sich auch über ihre Ängste austauschen, was das noch ungeborene Leben in Maria betrifft. Was kann dabei (im wahrsten Sinne des Wortes) "herauskommen", wenn der Vater des Kindes ein Unbekannter ist?
Gegen Ende muss das Ganze zwangsläufig kitschig werden, wenn im Stall Ochse und Esel warten und das Licht einer Konjunktion aus drei Sternen sich zu einem göttlichen Zeigefinger vereint, der jedem, der sich in bitterkalter Nacht noch in einem so armseligen Nest wie Bethlehem herumtreibt, überdeutlich zeigt, daß hier grad der Welt der Erlöser geboren wird - denn schließlich sollen und müssen auch die echten Christen "ins Boot geholt" werden - und von hier an lässt sich die so sorgfältig gewahrte Differenzierung zwischen Herz und Verstand, zwischen Mythos und Realität leider nicht mehr so ganz aufrecht erhalten.
Dafür entschädigen ein wenig drei sympathisch gespielte heilige (und quengelige) Könige, die beim Anblick des Kindes in der Krippe Gesichter machen, als wüssten sie selber nicht, ob sie nun wirklich Zeuge eines großen Wunders werden (MÜSSEN sie ja schließlich, oder? So überdeutlich wie Gottes Lichtfinger ihnen zeigt, wo der Hammer hängt!) oder ob sie eigentlich noch ganz dicht sind, ihre fetten Weihegaben (Gold, Weihrauch und Myrrhe) ausgerechnet hier, in diesem Drecksloch abzustellen... ;-)
In ihren besten Momenten kolportiert Hardwickes "Es begab sich..." einen Geist, der in diesen Tagen insbes. im katholischen Christentum dringend gebraucht wird: Die alljährlich zum 4.ten Advent immer gleich heruntergeleierte "Nativity Story" nicht nur getreulich nachbeten, sondern auch kritisch hinterfragen. Sich hinter aller religiösen Fassade nicht nur dem göttlichen, sondern auch dem menschlichen wieder etwas mehr anzunähren, das zeigt der Film sehr schön: Die Akteure im Drama der Geburt Christi sind keine seelenlosen Automaten, die stur darauf fixiert sind, Gottes Plan auszuführen, sondern echte Menschen mit Schwächen, Fehlern und Unsicherheiten.
Vielleicht einer der gewichtigsten Gründe für Herrn Ratzinger, auch nach 2000 Jahren christlichem Gesellschaftsterror (mit den Highlights Inquisition und Kreuzzügen) diesen Film zu schneiden. Mit- bzw. Querdenker sind halt zu allen Zeiten in Führungskreisen unbeliebt.
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Bitte UNBEDINGT im englischen Original anschauen, die deutsche Synchronfassung bleibt wie gewohnt in diesen Tagen hinter den Standards besserer Zeiten zurück.
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07.04.2008
Über den Inhalt dieses Films kann man eigentlich nicht viel mehr schreiben, als im Choices-Teaser zu lesen steht, ohne allzuviel vom kunstvoll entwickelten Spannungsbogen der Handlung wegzunehmen.
Ich bin ins Kino gegangen, ohne auch nur den allergeringsten Schimmer zu haben, worum es in dem Streifen eigentlich geht - ich hatte nur irgendwas von Guillermo Del Toro gehört, und mir in bester Hoffnung auf einen interessanten Abend (schließlich fand ich "Pan's Labyrinth" auch schon klasse) eine Karte gezogen.
Ich wurde nicht enttäuscht. Jaaaa, es ist eine ganz konventionell gestrickte Geistergeschichte, jaaaa, sie braucht nicht gleich Literweise Blut und andere Ekel- und Schockeffekte (obwohl eine Delikatesse auf diesem Gebiet irgendwo tief versteckt in den Wirren des Filmes auf euch wartet... >;-) - das ändert nichts daran, daß ich mir bis zum Ende des Filmes alle Nägel runtergeknabbert hatte.
Frau Rueda brilliert zwischendurch als Meisterin des "weissen Augapfels", die Nackenhaare tanzen ein Freudenfest, während man einem abgehalfterten Haufen von Parapsychologen bei der Arbeit zuschauen darf (die in allerbester Poltergeist-Manier aber sowas von grotesk inszeniert sind!) und da der Film, ebenso wie das ihm vorkommende Spiel, den Zuschauer auf der Suche nach den zwei aufzuklärenden Rätseln wie bei einer Schnitzeljagd von einem Hinweis zum nächsten führt, klebt das "innere Auge" stets vor der Leinwand.
Der Vergleich von CemileTS (gleich unter mir) mit "Turn of the Screw" / "Das Schloss des Schreckens" ist also absolut berechtigt.
Auch wenn die musikalische Begleitung des Filmes verglichen mit der in "Pan's Labyrinth" nicht mithalten kann, wenn sie den Schluß des Filmes ein wenig zu schwülstig einleitet, so finden sich hier doch Parallelen zur Auflösung des Vorgängers (siehe auch meine FilmRezi zu diesem Streifen bei Choices) - als Zuschauer darf man sich aussuchen, auf welcher Seite des Vorhanges zwischen Diesseits und Jenseits man lieber verweilen möchte. Kein Wunder, daß Guillermo Del Toro diesen Streifen produziert hat.
Also mir hat's gefallen! :-)
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23.03.2008
Die ersten sieben Achtel ist die filmische Umsetzung des Buchstoffes (einschliesslich Versatz von Handlungsort nach Deutschland + Zeitreise ins 21.ste Jahrhundert) als absolut gelungen zu betrachten. Sehr anschaulich, welche Eigendynamik das von allen Schülern als positiv empfundene Gruppenzugehörigkeitsgefühl und die Effizienz einer zielgerichteten, gemeinschaftlichen Zusammenarbeit entwickeln (wobei mich bei der Geschichte, ebenso wie bei der Buchvolage immer wieder ein wenig irritiert, wie schnell die Betroffenen dieses "Experimentes" doch die Fragen vergessen haben, die eigentlich mal zu dem ganzen Klimbim geführt hat: "Wie funktionieren totalitäre Regimes?" und "Wäre heute unter uns so etwas überhaupt noch möglich?"). Bei der cineastischen Aufarbeitung dieses Themas haben Darsteller und Drehbuch wahrlich beachtliches geleistet.
Es war auch gut und richtig, den Zeitpunkt für diese Erzählung in unsere heutige Zeit zu verlagern, in der die Individualisierung der Person so entgrenzte Züge angenommen hat, dass man den Mimen der jungen Schüler in fast schon körperlicher Weise anzusehen meint, dass Gemeinschaftlichkeit und Gruppenzugehörigkeit in ihrem Lebensalltag so abwesende Werte ist, dass sie um so begeisterter dazu bereit sind, einem beliebigen "Rattenfänger" auf den Leim zu gehen, der ihnen mit diesem duftenden Köder vor der Nase herum wedelt.
Um so bedauerlicher fällt die Fehlentscheidung ins Gewicht, den der Romanvorlage eigenen Schlußpunkt so abzuändern, wie es für diesen Film getan wurde - als die Welle sich soweit verselbstständigt hat, daß ihr Initiator sie nicht mehr unter Kontrolle hat, läßt er alle ihre Anhänger in einem Hörsaal zusammenrufen, zeigt ihnen Filmaufnahmen von marschierenden Nazis und konfrontiert sie mit der schockierenden Wahrheit: "So wie ihr euch die letzten Tage benommen habt, wärt ihr alle hervorragende Nazis gewesen!"
Diesen katharsischen Paukenschlag zum Schluß hat Dennis Gansel ganz einfach aus der Handlung gestrichen, weil sein (vermutlich eigenes?) Konzept zum Umgang mit dem Thema wohl ansonsten nicht mehr aufgegangen wäre: Wäre Jürgen Vogel mit einer entsprechenden Bewertung ihres Treibens an seine Schüler herangetreten, hätte sich der Schüler, der bei Vogels eher hilflosem Ausrufen vom "Abbruch des Experimentes" eine Knarre zieht und wild um sich ballert, ja nur noch dämlich fühlen müssen.
Die Idee für diesen Faux Pas mag gewesen sein, nachdem der Film für die in seinem Endspurt angesprochenen Ursachen einer solchen Entwicklung (immer weiter steigende Arbeitslosigkeit, Deutschland als Verlierer der Globalisierung etc. pp.) leider 1-2 Jahre zu spät kommt, sich aktuellerem Zeitgeschehen zuzuwenden und aus der Assoziation mit amoklaufenden Schülern (jetzt auch an Deutschen Schulen!) emotionales Kapital zu schlagen versucht.
Dies ist (im Sinne des eigentlichen Anliegens des Verfassers dieses Werkes) jedoch fatal, entlastet die Führung des erzählerischen Bogens im Film damit in einem Schwung alle "ach-so-begeisterten" Mitschwimmer auf der Welle doch unterbewusst, weil die mit ihrem Anliegen ja im Prinzip nichts schlechtes wollten - und die *wirkliche Gefahr* geht natürlich ausschließlich von dem sozial ausgegrenzten Schwachmaten aus, der zu doof ist, das Leben mit seinen Mitmenschen anders in den Griff zu kriegen. Über so "einfache" Lösungen bleibt älteren Menschen, als Dennis Gansel dies wahrscheinlich ist, nur ratloses Kopfschütteln: Hat man also wieder den Buhmann ausgemacht, den man "wegsperren", ins "Erziehungscamp schicken" oder sonst wie wegknipsen muss, um das Problem wirksam zu lösen?
Zudem bleibt ein fauliger Beigeschmack zurück, wenn man als Zuschauer das Kino mit dem Gefühl verlassen muss, dass gemäss dem Topos dieses Werkes jedwede gemeinschaftliche Zusammenarbeit - und wenn sie noch so gut gemeint ist und noch so positive Früchte trägt - sich dem Vorwurf aussetzen muss, dass Gruppendynamik immer gleich faschistoide Züge in sich birgt.
Unter dem Aspekt ist der Film sogar als kontraproduktiv für Lehrer zu erachten, die meinen, Schülern, mit denen sie den Stoff im Schulunterricht durcharbeiten, etwas Gutes zu tun, indem sie mit ihnen diesen Film besuchen: Anschaulicher kann ihnen gar nicht gezeigt werden, dass es ja viel besser ist, sein Leben als egoistisches Arschloch zu führen und auf jedweden Gemeinsinn zu pfeifen, anstatt sich sein wie auch immer geartetes Image durch Engagement für Gleichgesinnte mit der Gefahr, als "Fascho" zu gelten, versauen zu lassen.
(Hierzu trägt leider auch die Bildsprache, für die man sich entscheiden hat, bei - denn die Gegner, mit denen die Vertreter von Gansels Welle aneinandergeraten, sind nicht wie im Buch andere "ganz normale" Studenten auf dem Campus, sondern heruntergekommen und abstossend inszenierte Punks bzw. Rocker und Asoziale.)
Eine wirkliche Weiterentwicklung des Stoffes wäre stattdessen gewesen, wenn Dennis Gansels Lehrerprotagnist die Souveränität gehabt hätte, die seinem realen Vorbild Ron Jones damals noch gefehlt hat (wahrscheinlich, weil ihm so die Muffe gegangen ist, daß er egal wie nur aus der Geschichte rauswollte) - nämlich darauf zu verweisen, dass die Kooperation im sozialen Verbund zum effektiveren Erreichen eines gesteckten Ziels alleine eben NICHT schlecht, sondern absolut legitim ist, solange die Gemeinschaft die Grenzen des Zwecks ihrer Zusammenarbeit nicht aus den Augen verliert: Erst wenn die Zugehörigkeit zur Gruppe zur Aufwertung (und im Umkehrschluss die Nicht-Zugehörigkeit zur Abwertung) der Persönlichkeit führt; wenn das Bündeln von Kräften zum Erreichen eines Zieles dazu führt, dass im eigenen Denken kein Verständnis und Platz mehr ist für andersgerichtete Ziele anderer Menschen und Gruppen; wenn der Zweck zum Mittel wird (oder, um es vereinfacht auszudrücken, wenn es für die Mitglieder keinen Freiraum mehr gibt, das weisse Hemd der Welle irgendwann auch mal ausziehen und etwas anderes zu sein als lediglich Mitglied einer Bewegung - zum Beispiel einfach wieder sie selbst - ohne dass es für sie weitreichende Konsequenzen hat) - DANN wird es gefährlich.
Es ist nicht allein bedauerlich, es ist fast schon zum Verzweifeln, dass man bei der Art und Weise, wie dieser Film den Stoff zuende entwickelt, attestieren muss, dass man in Deutschland auch siebzig Jahre nach dem Nationalsozialismus offenbar "nichts dazugelernt" hat.
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10.02.2008
Hätte nie gedacht, daß mir ein Film mit Nicolas Cage einmal gefallen würde - aber dieser hier tut es.
Warum? Weil Nick Cage die absolute Top-Besetzung für den widerlichen Schmierlappen abgibt, den er in diesem Film verkörpert - glaubwürdiger hätte des wohl kaum ein anderer hinbekommen. Auch die schauspielerischen Leistungen von Jared Leto und Ian Holm sind gewohnt überdurchschnittlich, lediglich Ethan Hawke schwächelt allmählich ein wenig - der Mann muss langsam mal lernen, sich auf andere Stärken als glatte Haut und klare Augen zu besinnen, sonst ist er in ein paar Jahren weg vom Fenster.
Aber zurück zum Wesentlichen: "Lord of War" gelingt bis auf die letzten 20 Minuten stringent, was vor ihm nur wenig Filme wie "Das Leben ist schön" geschafft haben: Den Alptraum von Krieg und Massenmord in einem Gewande zu präsentieren, daß der Zuschauer einfach hinschauen muss, weil die Art und Weise, wie die Spezies Mensch ihren Kreuzzug zur Selbstvernichtung organisiert, einfach nur noch "zum Schiessen" ist.
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Der Humor, um den es hier geht, ist weder platter Slapstick noch dröge Rülps- und Furz-Comedy, sondern beinhart, böse und tiefschwarz; das macht das bittere Körnchen Wahrheit, das mit jeder aufs neue gelungenen Pointe der unfreiwilligen Selbstkarikatur verabreicht wird, nur noch um so bitterer.
Genial gemacht, wie die Prinzipien des Gangster-Buddy-Movies den Zuschauer dazu bringen, dem fiesen Waffenschieber Cage hinter dem Rücken sämtliche Däumchen zu drücken, daß er es doch wieder schafft, dem Interpol-Agenten Ethan Hawke auf seinen Hacken wieder ein Schnippchen zu schlagen.
Natürlich wird es gegen Ende eines solchen Streifens immer schwierig, die Kurve zu kriegen - daß das alles natürlich kein Spaß, sondern für die betroffenen Länder überhaupt nicht lustig ist - aber das kriegt "Lord of War" noch sehr akzeptabel hin.
Es gibt zwei Gründe, warum es notwendig ist, einen Film über dieses Thema *genau so* zu drehen: Erstens, weil die (gelungen!) unterhaltsame Art, den Zuschauer mit diesem Thema zu konfrontieren, 100% dazu geeignet ist, sich so einen Film überhaupt anzusehen. Zweitens weil es notwendig ist, dem Schrecken ein Gesicht zu geben, in das man lauthals hineinlachen kann. Das Thema verliert dadurch nichts an seiner Ernsthaftigkeit, doch ist die Inszenierung dazu geeignet, die in ihr verkapselte Wahrheit auch annehmen und verarbeiten zu können, ohne daß man (wie in den Nachrichten) gleich weiterzappen will, weil man das einfach alles nicht mehr sehen kann oder hören will - DAS ist der große Wert dieses Films.
Die Quintessenz des Filmes haben die guten alten 68'er schon längst gewusst: "Deutsche Waffen, Deutsches Geld morden in der ganzen Welt." Okay, und englische. Französische. Russische. Amerikanische. Und wer sonst noch alles so im Weltsicherheitsrat der UN sitzt.
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24.12.2007
...fällt mir noch grad zu ein, jetzt, wo der Streifen auf DVD raus ist:
Ein schöner Untertitel für Herrn Gaghan wäre gewesen: SYRIANA - Die Macht des Kartellamtes! ;-)
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21.12.2007
Ja, ich weiß - es ist schwer, für ein filmisches Meisterwerk (wie es Kapur's erster Elizabeth zweifellos gewesen ist) einen würdigen Nachfolger zu drehen: Die Anzahl der "Sequels", bei denen sowas gelungen ist, bleibt für Cineasten überschaubar.
Um es gleich vorwegzunehmen - auch bei diesem Nachfolgefilm ist es leider nicht gelungen, an die Stärken des Vorgängers anzuknüpfen.
Wobei es nicht etwa darum ginge, daß die schauspielerischen Qualitäten von Kate Blanchett inzwischen etwa abgenommen hätten (auch wenn Herr Rush im Vergleich zum Vorgänger etwas müde und lustlos wirkt; aber das mag auch seiner Rolle geschuldet sein) oder daß sich die Handlung um einen geschichtlich weniger ansprechenden Abschnitt im Leben von Elizabeth I. drehen würde - nein!
Doch anders als der Inhalt enttäuscht bei dem Nachzügler die gewählte Form. Gut, der Film zeigt "schöne Bilder": Kate Blanchett mit offenem roten Haar in voller Rüstung zu Pferd ist für sich allein genommen schon ein Grund, ins Kino zu gehen und auch die spanische Armada nebst ihrem Untergang ist opulent und bildgewaltig inszeniert.
Doch wo "The Virgin Queen" noch mit einer wirklich originellen Kamera-Arbeit aufwarten konnte, mit Figuren, die so lebendig gespielt (und geschrieben) waren, daß man sich "wie in dieses Zeitalter versetzt" vorkam (was das Beste Zeugnis ist, was man einem Historienfilm ausstellen kann), einen Soundtrack hatte, der unter die Haut ging und den Betrachter mit dem Reiz eines subtilen Spiels hintergründiger Bildsymbolik verwöhnte, hat "The Golden Age" nichts weiter als vordergründige Bombastik und einen an vielen Stellen bloß übertrieben wirkenden Pathos in den Dialogen zu bieten.
Es ist wirklich traurig, aber wenn das (spärlich eingesetzte) Footage aus dem ersten Teil sofort wieder ein Feuerwerk in den Neuronen entzündet, kommt einem die Fadheit und Abgeschmacktheit dieser neuerlichen Bild-Ton-Komposition nur um so deutlicher zu Bewusstsein.
So bleibt der Eindruck, daß Universal an diesem Überraschungserfolg so unglaublich viel verdient haben muss, daß die "Unausweichlichkeit" eines Nachfolgefilmes für Herrn Kapur nur ein Affront gewesen sein kann - so uninspiriert und "runtergedreht" steht das neue Werk neben dem Alten!
Und das ist bedauerlich, wurde hier doch nicht allein die Chance vertan, den eines wirklich großen Historienfilmes würdigen Anschluß zu finden, sondern weil dieses Werk mit Sicherheit auch kein Kompliment für die zum Teil bemerkenswerten schauspielerischen Leistungen des Ensembles ist (inbes. zu erwähnen ist hier übrigens Herr Owen, dessen Interpretation von Sir Walter Raleigh längst an die hübschen BodyBoys des Hollywood-Mainstream verloren geglaubte Qualitäten auf die Leinwand zurückholt).
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12.03.2007
Wie haben die das gemacht?? Von dem Moment an, wo sich Hauptdarsteller Clive Owen mit seinem grade Mutter gewordenen Protegée durch eine enge Eisentüre quetscht, einem Verfolger eine Autobatterie gegen den Kopf haut und dann mit ihr minutenlang durch das totale Chaos einer Straßenschlacht hetzt, von Revoluzzern gestellt, einer seiner Begleiter exekutiert, das Mädchen entführt wird und er sie durch ein Feuergefecht von Rebellen gegen mit Panzer anrückenden Soldaten in ein völlig überbelegtes Haus verfolgt, das unter Beschuss genommen wird, und sie schließlich in einem Zimmer der mit Blut und Angstschweiß überzogenen Zivilisten findet, die ihm auf jeder Treppenstufe entgegenhumpeln, torkeln, schreien, setzt die Kamera nicht für EINE SEKUNDE aus, gibt es nicht einen Schnitt!! Und daß ist nur eine von zig mega-langen Einstellungen mit einem Überraschungseffekt nach dem anderen. Wurde einfach nur ein perfektes Chaos angestoßen und dann munter drauf losgedreht oder haben wir es hier echt mit dem Versuch zu tun, soetwas im Stil á la "Russian Ark" zu inszenieren? Entstammen diese heillosen "Kriegsberichterstatter-Kamera-Spektakel" einem sorgfältig inszenierten Ablauf, wo jeder Schritt, jeder Sprung der mindestens hundert beteiligten Statisten einem genauen Plan entspricht?? Auf den Director's Comment der DVD-Fassung bin ich gespannt wie ein Flitzebogen! ;-)
Ach so - auch sonst ist der Film super!!
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02.03.2007
Den Oscar für die besten Kostüme hat der Film eindeutig verdient - was hat er denn sonst noch zu bieten?
Marie Antoinette wird als Österreicherin (ohne auch nur die geringste Ahnung zu haben, was sie erwartet), aufgrund der in dieser Zeit üblichen "politischen Bündnisse durch Hochzeit" nach Frankreich verschachert. Der Film folgt damit dem simplen, aber immer wieder funktionierenden Trick, den Zuschauer durch die Augen eines ebenso ahnungslosen Protagonisten, wie man selber es ist, in eine unbekannte neue Welt einzuführen.
Marie versucht, dem größten Teils völlig absurden Hofzeremoniell mit gesundem Menschenverstand und offenem Charme entgegenzutreten - ein Heimspiel für Kirsten Dunst, die mit ihrem entwaffnenden "Hey, was soll der ganze Scheiß eigentlich?"-Lächeln schon des öfteren erstklassig besetzt war - scheitert daran aber zunächst ebenso wie bei dem Versuch, ihren neuen Gatten in der Kiste dazu zu kriegen, seinen "ehelichen Pflichten" mal nachzukommen - was für sie wichtig ist, denn ohne königlichen Nachwachs ist ihre Stellung bei Hofe höchst fragwürdig.
Weil es nix besseres für sie zu tun gibt, läßt sich Frau Dunst in das weiche Hofleben absacken - nicht nur durch die Musikuntermalung (ein mutiger Einfall, das Hofleben von Versailles mit Popmusik der 80er zu unterlegen), sondern durch alles, was es da in opulentester Ausstattung zu sehen gibt - Drogen, Orgien, Saufgelage und Müßiggang durch alle Formen kostspieliger Zerstreuung - werden die Parallelen zur heutigen Oberschicht in der Gesellschaft westlicher Industrienationen deutlich.
Erst nachdem Marie Antoinette sich von den - für den Verstand schwer zu fassenden - Gepflogeheiten bei Hof hat absorbieren lassen und "zu einer von ihnen" geworden ist, gelingt es ihr, auch von ihrem Gatten akzeptiert zu werden, so daß die beiden endlich Kinder haben können. Frau Dunst gelingt es, diese Rolle so zu verkörpern, als habe sie sich bei all dem "Mitmachen" bei den Spielchen der französischen Schickeria ihr unschuldiges Naturell und all die Tugenden, mit denen sie in dieses Abenteuer aufgebrochen ist, hinter der Fassade des äußeren Anscheins bewahrt. Trotzdem agiert sie ganz als verantwortungsvolle Königin, die weiß, wo ihr Platz ist, als sie sich in den unvermittelt plötzlich hereinbrechenden Wirren der Revolution dafür entscheidet, an der Seite ihres Königs zu bleiben, obwohl ihr von diesem offeriert wird, sich mit Kindern und Hofstaat in Sicherheit zu begeben - eine Entscheidung, die sie, wie bekannt, das Leben kosten wird.
Ebenfalls mutig von Frau Coppola: Die Geschichte dieser Frau allein auf deren Blickwinkel bei Hofe zu reduzieren, und *die* wesentliche Entwicklung der Zeit - die französische Revolution natürlich! - so vollständig auszuklammern, wie sie es für das Personal bei Hofe wohl auch gewesen ist: quasi nichtexistent, bis das Wutgeschrei der aufgebrachten Bevölkerung (und damit deren EINZIGER Auftritt im ganzen Film) die Einwohner von Versailles in plötzlichen Schrecken versetzt. Und zudem noch diese Chuzpe, den unsäglichen Satz, der für immer mit dem Namen Marie-Antoinette verbunden sein wird "Sollen sie doch Kuchen essen!", mit einem simplen "So etwas habe ich nie gesagt! Wie kommen sie nur dazu, MIR sowas anzudichten!?" innerhalb von 5 Sekunden vom Tisch zu wischen!
Kirsten Dunst mag man das glauben, inwiefern dieser Film ansonsten als "historisch korrekt" zu betrachten ist, das können vermutlich nur in der Geschichte dieser Epoche bewandertere Personen beurteilen. Frau Coppola allerdings ist sich des durchschnittlichen Niveaus der Geschichtsbildung Ihres Publikums bei der Konzeption dieses Streifens mit Sicherheit bewusst gewesen, deswegen kann eine Aufarbeitung der historischen Persönlichkeit Marie Antoinette wohl kaum ihr Anliegen gewesen sein. Ebenso unverständlich wie mutig manchem der Versuch, die Geschichte von Marie Antoinette durch ihren subjektiven Filter als in bestem Sinne "Unschuld vom (österreichischen) Lande" darzustellen, vorkommen mag, dürfte dem einen oder anderen die Musik sauer aufstoßen, mit der dies untermalt wird - da ich persönlich mit Gruppen wie "The Cure", "Siouxsie and the Banshees" und "New Order" groß geworden bin, fühlte ich mich in dem Ambiente von Versaiiles auf einmal "merkwürdig zuhause". ;-)
Der Schlüssel, was das Ganze nun eigentlich soll, erschließt sich einem vielleicht, wenn man den Brückenschlag zu früheren Werken wie "Lost in Translation" oder "The Virgin Suicides" sucht. Auch diese spielen in einem isolierten Upper-Class-Ambiente (ersterer wesentlich deutlicher als letzterer), in der wohlbetuchte Persönlichkeiten den Bezug zu den "harten" Realitäten des größten Teils der Menschheit durch die Beschäftigung mit den Affektioniertheiten Ihrer Über-Kultur völlig verloren haben.
Daß Frau Coppola "Marie Antoinette" nach einem endlos langen seichten Dahinplätschern in den Annehmlichkeiten und den "Problemen" der Herrschenden Klasse in einer extrem kurzen Phase auf das Ende durch die Revolution prallen läßt, und daß das einzige Bild, mit dem sie in "Marie Antoinette" das Ende ihrer gleichnamigen Protagonistin illustriert, eine Standaufnahme des durch den Aufstand völlig verwüsteten, vormals prunkvollen königlichen Schlafzimmers zu den Klängen von The Cure's "All Cats are gey" ist, hat mir persönlich einen heiligen Schauer unheiligsten Wohlbehagens den Rücken hinablaufen lassen...
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24.02.2007
Dieser Film war mal wieder richtig was für mich! :-9
Über die explizite Darstellung der Gewalt in dem Film kann man geteilter Ansicht sein, aber in der Form, in der Del Toro sie als Stilmittel einsetzt, dient sie auf jeden Fall eindeutig der Abschreckung und nicht der Verherrlichung.
Was mich vor allem beeindruckt hat: Daß der Schluß dem Zuschauer nicht eine eindeutige Auflösung der Geschichte aufdrängt, sondern daß man wählen kann. Gehören Sie zu den Phantasten auf dieser Erde, können Sie sich für die "pantastische" Auflösung der Geschichte entscheiden - wenn nicht, dann eben für die andere - beides ist möglich.
Damit bringt der Film zum Abschluß, was Del Toro durch die ganze Inszenierung hindurch geradezu meisterhaft durchgehalten hat: Die Vorstellungen des Menschen bestimmen sein Leben - nicht die Wirklichkeit, die ihn umgibt.
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28.11.2006
...wenn meine Freundin die Karten nicht bei eurem Gewinnspiel abgestaubt hätte, wären wir wahrscheinlich nie auf die Idee gekommen, in *diesen* Film zu gehen - und hätten einen echt schönen Streifen verpasst.
Keiner der Hauptdarsteller hat enttäuscht, der Film ist vor allem handwerklich gut gemacht, erzählt eine Geschichte, die einen ähnlich anzieht und das Auge fesselt wie die kleinen Glitzer-Spielzeuge von Linda (alias Sigourney Weaver) und ein paar der "kleinen Weisheiten", die zwischendurch eingestreut werden ("Die Vergangenheit ist bloß Erinnerung, die Zukunft ist bloß Träumerei - wirklich leben tust Du nur in der Gegenwart"), werden mich wahrscheinlich mein ganzes restliches Leben begleiten.
Toller Film - vielen Dank also! :-)