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22.02.2009
Frank ist soo smart. Er hat zwar einen langweiligen Job, den er auch noch nicht mal besonders gut macht, aber das liegt ja nur daran, dass er eigentlich viel zu schlau für diesen Job ist, Zum Ausgleich hat er eine Affäre mit einer Schreibkraft. Dieses bedauernswerte Geschöpf sieht in Frank die Aufstiegschance zur femme fatal, was immer noch besser ist als Schreibkraft.
Frank ist ein begnadeter Selbstdarsteller und dazu noch ein hübscher Bursche. Mit seiner Fassade überzeugt er nach Frau und Freundin schließlich auch seinen Chef, so dass auch dieser schließlich das vermeintliche verkannte Genie in ihm entdeckt.
Am schlimmsten trifft es seine Frau April ? die ist schön, stark und intelligent, aber lange nicht in der Lage, hinter Franks Fassade zu blicken. Sie will das Genie in ihm wecken, dass er ihr einst vorgespielt hat. Sie sieht in ihm einen Seelenverwandten, der es wie sie in der bürgerlichen Enge ihres Lebens nicht mehr aushält. Die euphorische Aufbruchstimmung des Ausbruchs aus der gesicherten Existenz hält bei Frank nicht lange und als April dann schwanger wird, geht er den vorgezeichneten Weg. Statt die Probe aufs Exempel seiner vermeintlichen Genialität anzutreten, wählt er den beruflichen Aufstieg und seine bürgerliche Existenz. Seinen Frau gewinnt daraufhin spontan eine Einsicht über ihren Gatten, was für beide nicht gut endet.
Regisseur Sam Mendes findet für diese Geschichte wunderbare, starke Bilder ? dieser Film wäre wahrscheinlich auch ohne Ton ein Genuss. Seine Stars sind, außer dass sie Stars sind, auch noch begnadete Schauspieler, in deren Gesichtern sich immer mindestens zwei widersprechende Gefühlsregungen gleichzeitig zeigen. Vielleicht würde man so etwas auch auf den Gesichtern der Zuschauer wiederfinden. Gefesselt von einer hochspannenden Geschichte sympathisiert man mit den Wheelers und ihrer Suche nach dem echten Leben hinter den vermeintlichen Alltags-Zwängen. Mit ätzender Ironie seziert der Film dazu die bürgerliche Wohlanständigkeit als eine Mischung aus Lebensfurcht und Verlogenheit. Gleichzeitig wird klar, dass sich die Wheelers auf dem Holzweg befinden und die vermeintliche Genialität weder bei ihm noch bei ihr im ersehnten Paris ausbrechen wird. Wenn es einen Ausweg gäbe, wäre es einfach eine ?Leere?, die ist aber ? so lehrt uns der Film eine ?Hoffnungslose Leere?. Wow.
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25.01.2009
Das, was man erwartet, was auch ich erwartete oder befürchtete, bei einem Film über einen engagierten Lehrer in einer französischen Vorort-Schule ? einem sozialen Brennpunkt ? wird in diesem Film nicht erfüllt. Es ist nicht die heroische Lehrerfigur, die aus chancenlosen Migrantenkindern starke Erwachsene macht. Es ist nicht das Charisma des Pädagogen, dass die misslichen Verhältnisse überwindet. Und die Beantwortung der Frage, wie Pädagogik mit Pubertierenden funktionieren kann, ist es schon gar nicht.
Statt dessen ein Blick auf die Mauern, und zwar von innen. Eine Schilderung eines schwer erträglichen Zustandes aus großer Nähe und unüberwindbaren Gräben. Die Kamera rückt ganz nah an die Schüler und den Lehrer heran. Schmerzliche Nähe im überfüllt wirkenden Klassenraum ? ein halber Quadratmeter für jeden und rundherum die Mauern. Disziplin, kaum ein Wort fällt öfter in dem Film. Eskalierende Bestrafungen, die kaum etwas bewirken, als in ihrem Höhepunkt Einzelne aus dem System auszustossen. Der Kampf des Lehrers, der versucht mit Provokationen die Trägheit der Schüler zu überwinden. Der Kampf der Schüler um einen Rest an Würde, bei dem jede Konzession an die Schule, an die Gesellschaft, wie ein Aufgeben der eigenen Identität empfunden wird.
Der Zuschauer mag den Lehrer, der provozierend ist, intelligent, ehrlich und engagiert und spürt doch, dass er chancenlos ist. Ein moderner Sisyphos. Man merkt es sofort, wenn er einen Fehler macht, Fehler, wie man sie halt macht, wenn man erschöpft ist. Die Temperatur im Klassenraum scheint dann zu sinken. Mühsam geknüpfte Fäden aus Vertrauen und Sympathie zu den Schülern zerreißen ? ein Schüler fliegt aus dem System. Bei diesem Sisyphos wird der Stein jedes Mal wenn er nach unten gerollt ist schwerer. Was tut so jemand? Zynisch werden, trinken oder kündigen? Der im Film hat ein Buch geschrieben ? und dann einen Film gemacht. Spannend. (Viel spannender als Bernhard Bueb.)
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20.12.2008
Kaum kommen die zwei jungen Frauen auf dem Flughafen von Barcelona an und haben gleich unsere volle Aufmerksamkeit durch ihre Jugend und Schönheit und die sommerliche Unbekümmertheit der Szenerie, die der Film bis zum Schluss bewahrt, schon wird eine sonore Off-Stimme hörbar und zieht uns mit ihrer banal sachlichen Schilderung der Ereignisse in eine Distanz, die wir eigentlich gar nicht haben wollen. Auch diese zunächst etwas lästige Stimme bleibt uns bis zum Schluss erhalten. Sie erzeugt im Kontrast der nüchternen Schilderung der Ereignisse des Films zu seinen verschwenderisch schönen Bildern eine ironische Brechung und dosiert diese Ironie doch so sanft, dass der Zuschauer wie in einer Mozart Oper wechseln kann zwischen distanzierter ästhetischer Aufnahme und dramatischer Vertiefung in die Handlung.
Hätte der Altmeister Allen diesen Kunstgriff nicht vollzogen, wäre der Film durch die Schönheit seiner Bilder mächtig überzuckert. Neben den illustren Darstellerinnen und Darstellern, die jeden Model-Katalog zieren würden ist hier auch das titelgebende Barcelona zu nennen, das seinen (tatsächlich vorhandenen Reiz) in postkartengleichen Idyllen dem Zuschauer präsentiert. Die Bilder der mediterranen Vollkommenheit, die aus einer ehrlichen Einfachheit entspringt kontrastiert Allen an einer Stelle mit Aufnahmen aus New-York, dass zwar weitaus spektakulärer aber weit weniger lebenswert erscheint. Das zentrale Thema ist denn auch die Gegenüberstellung der amerikanischen mit der mediterranen Lebensweise ? und hier insbesondere, da bleibt Allen seinem Lieblingsthema treu, der Einstellung zum Thema Sex. Die beiden Protagonistinnen repräsentieren den Gegensatz, indem die lebenshungrige, impulsive und oft naive Christina versucht, sich in erotischen Abenteuern zu verlieren (oder zu finden) steuert die brillante Vicky schnurstracks in den vernünftigen, weil sturmsicheren Hafen der Ehe. Beide treffen auf einen katalanischen Maler und seine genial verrückte Exfrau (wundervoll Penelope Cruz), der mit seinen extrem lebens- und lustbejahenden Avancen für Christina wie ein Erlöser wirkt und Vickys vernunftbetontes Liebesleben mächtig durcheinander bringt. Diese Gegenüberstellung der puritanischen Sexualmoral, bei der die Lust im Reiz des Verbotenen liegt, mit einer positiven, weil als Feier des Lebens verstandenen, Sexualität, macht den Film dann zu mehr als einer reizenden Komödie, die er aber trotz allem auch ist.
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13.12.2008
In München, das haben wir uns immer schon gedacht, gibt es außer Ärzten eigentlich nur ungeheuer kreative Menschen und Kokain-Dealer. Bei den Ärzten sieht es zuhause immer so aus, als wäre der Innenarchitekt gerade fertig und der Reinigungsdienst auch gerade durch. Dafür sieht es bei den kreativen aus wie bei Hempels hinter dem Sofa. Außerdem hören Kreative nur Musik von Vinyl Schallplatten (erinnern sie sich noch?). Alle sind unglücklich, weil sie mit dem falschen Partnern zusammen sind, oder allein. Und wenn es doch mal jemand schafft, glücklich zu sein, kommt gleich ein Charakterschwein und mach alles wieder kaputt. (Achtung: Liquid Ecstasy erzeugt drei Minuten nach Einnahme Fehlgeburten). So sind denn alle trotz ihrer Kreativität und der heroischen Charakterstärke, die Ärzten nun mal zueigen ist, total unglücklich. Und wenn man im Drehbuch nicht mehr weiter weiß kann man immer noch einen Autounfall mit zwei Toten (in einer Krankenhauszufahrt) einbauen. Zum Abschied vom Liebsten lässt man die Liebste dann vor der Herz-Lungenmaschine sitzen und pünktlich zum Dauerton in Tränen ausbrechen.
Das ganze fühlt sich so an, als wenn jemand sämtliche Derrick-Folgen nach brauchbaren Drehorten und bedeutungsschwangeren Dialog-Schnipseln durchforstet hätte und dann alles zu einem abendfüllenden Film zusammengeschnitten. Erwartungsgemäß ist das Ergebnis dann etwa eine halbe Stunde zu lang. Vor allem, wenn einem nach dem Weißbier die Blase drückt. Das Highlight des Abends war dann auch nicht der Film, sondern der Verkäufer im Kino, der die erste Weißbierflasche nach dem öffnen gleich schüttelte, um die Hefe aufzulösen (ungefähr so wie Schumi), danach - leicht bespritzelt - seine Lernfähigkeit dadurch unter Beweis stellte, dass er die zweite Flasche schon vor dem Öffnen schüttelte, einen weiteren Lernschritt einlegte und nach kurzer Bedenkzeit auch diese Flasche (ungeöffnet) wegstellte, um dann im dritten Versuch das Bier fachgerecht so einzuschütten, dass es dem armen Kerl tatsächlich nur unerheblich überlief. Den Film kann ich nicht empfehlen ? aber im Bambi unbedingt Weißbier bestellen.
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11.10.2008
Ja wen sehen wir denn da? Eitle, gierige, dumme Menschen, die Pläne machen, die dann nicht funktionieren oder aus verletztem Stolz heraus oder aus Liebe Unfug machen. Ist das lustig? Unbedingt, das ist wie im Affenhaus im Zoo, letztlich sehen wir uns selbst. Wenn man den Film in eins der etablierten Film-Genres einordnen sollte, welche die Coen-Brüder ja gern aufmischen, so haben wir hier eine Kreuzung von Laurel und Hardy ? mal ehrlich, wussten wir nicht immer schon, dass Brad Pitt der bis zur Schönheit verzerrte Wiedergänger von Stan Laurel ist ? und einem Spionagethriller. So passt es dann doch auf eine gewisse Art gut, dass Brad Pitt und George Clooney mächtig chargieren. Mich überfiel eine wonnevolle Erheiterung, den beiden zuzusehen, wie sie den Deppen geben. Großartig auch John Malkovich als Karikatur eines zweitklassigen Agenten und natürlich Tilda Swinton als seine Frau, die von einem mephistophelischen Anwalt beraten und selbst weder auf den Kopf noch auf den Mund gefallen, den anderen Protagonisten zwar bei weitem überlegen ist, dennoch aber mindestens genauso weit neben das Tor schießt wie ihr saufender Gatte. Was dann aber gar nichts ist im Vergleich zu den existentiellen Ausrutschern, die den Rest der Mannschaft fällen. Glorios und unbedingt in der Original Fassung anzuschauen. John Malkovich flucht wirklich herzerfrischend. Wie übersetzt man eigentlich ?clusterfuck?. Lustig? Ein Brüller.
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11.10.2008
Wenn wir Lorna begegnen, ergeht es uns wie dem Belgier Claudi, mit dem sie eine Scheinehe zwecks Erlangung der belgischen Staatsbürgerschaft führt; wir suchen ihre Nähe und sie wird zu uns zu einem Hoffnungsanker. Die tatkräftige und intelligente Lorna scheint dies zu spüren und schirmt sich gegen den Zuschauer wie gegen den fordernden Junkie Claudi ab, indem sie die Form und damit Abstand wahrt. In einer kleinen Szene zu Beginn des Films überprüft und korrigiert sie ihr Aussehen vor dem Badezimmerspiegel obwohl sie in dieser Nacht nur noch dem verwahrlosten Claudi begegnen wird, bevor sie sich im verschlossenen Schlafzimmer schlafen legt. Lorna scheint nur dort verletzlich, wo sie ihrem Verlobten Sokol begegnet ? in diesen Szenen haben wir das Gefühl etwas von ihr zu sehen, das sie nicht preisgeben wollen würde. Das gilt auch auf einer ganz äußerlichen Ebene, denn um ihre Scheinehe mit Claudi nicht zu desavouieren muss sie diese (Fern-)Beziehung (Sokol arbeitet 1000km entfernt in Deutschland) vor den Behörden geheim halten.
Lornas Unheil beginnt, als ihre Rolle als Rettungsanker für den verliebten Claudi zu funktionieren beginnt und dieser sich von seiner Drogensucht lösen kann. Zunächst unwillentlich und dann doch unter erheblicher Beteiligung (einmal schläft sie aus Verzweiflung mit Claudi) hat Lorna Claudi zu einem neuen Leben verholfen. Der schwache und verletzliche aber sanfte Claudi ist ihr ans Herz gewachsen und dieser denkt gar nicht daran sein Leben im Drogenrausch auszuhauchen. Die Mafia hat es aber eilig die Neubelgierin erneut, diesmal an einen Russen, zu verheiraten und möchte nicht abwarten, bis Lorna die Scheidung mit Claudi durchgezogen hat. Lorna gerät so in einen Konflikt, der sie innerlich zerbricht.
Sparsam und realistisch ist die Handlung in Szene gesetzt und die Figuren wirken auf eine beunruhigende Art normal und damit real. Damit lassen die Regisseure dem Zuschauer Raum sich in den Hauptpersonen zu spiegeln und erzeugen so eine weitaus höhere Betroffenheit als mit einer inszenierten Emotionalität vermittelt werden kann. Lange habe ich nach einem Film kein so stilles Kino erlebt.