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Der Kaufmann von Venedig
Großbritannien/Italien 2004, Laufzeit: 131 Min., FSK 12
Regie: Michael Radford
Darsteller: Al Pacino, Jeremy Irons, Joseph Fiennes, Lynn Collins, Zuleikha Robinson, Kris Marshall, Charlie Cox, Heather Goldenhersh, Mackenzie Crook, John Sessions, Gregor Fisher, Ron Cook, Allan Corduner, Anton Rodgers, David Harewood, Antonio Gil-Martinez

Venedig, Ende des 16. Jahrhunderts. Der Kaufmann Antonio leiht sich bei dem Juden Shylock 3.000 Dukaten, um seinem Freund Bassanio bei der Brautschau zu helfen. Da Antonio bald sichere Einnahmen erwartet, lässt er sich darauf ein, den Kredit mit einem Pfund seines eigenen Fleisches zu decken. "Der Kaufmann von Venedig" ist eine stimmige Adaption des umstrittenen Shakespeare-Klassikers. Nachdem Shakespeare als zeitloser Stofflieferant vor einiger Zeit für die Filmwelt wiederentdeckt wurde, hat sich seit der Stummfilmära außer ein paar Fernsehproduktionen und einem gescheiterten Projekt von Orson Welles niemand mehr an "Der Kaufmann von Venedig" herangetraut. Der Grund dafür liegt klar auf der Hand, denn die Figur des jüdischen Geldverleihers Shylock wirkt wie eine antisemitische Karikatur, die alle bösen Vorurteile in sich bündelt. Doch Regisseur und Drehbuchautor Michael Radford ("Der Postmann") weiß mit dieser Problematik umzugehen und arbeitet die historische und psychologische Dimension der Vorlage heraus. Tatsächlich war es den venezianischen Juden in jener Zeit nicht erlaubt Besitztümer zu erwerben, außerdem mussten sie in einem abgesperrten Bezirk nächtigen und durften diesen tagsüber nur mit einer roten Mütze bekleidet verlassen. So ergriffen viele den Beruf des Geldverleihers, der wiederum den Christen verboten war. Genau darum wurden sie immer wieder aufs Neue verachtet und diskriminiert. Der Shylock, den uns Radford zeigt und der von Al Pacino kongenial verkörpert wird, ist ein gebrochener, von Rachegefühlen ausgezehrter Charakter. Sicherlich kein guter Mensch, aber es wird deutlich, dass er seine Gründe hat. Wie bei den meisten seiner Stücke hat Shakespeare auch im "Kaufmann von Venedig" eine Vielfalt von Themen miteinander verwoben. Einerseits eine tragische, intensive und kraftvolle Geschichte über Diskriminierung, Vorurteil und Rache, andererseits eine durchaus humorvolle Liebesgeschichte und Romanze. Die Unterscheidung zwischen Christen und Juden ist dabei mehr Mittel zum dramaturgischen Zweck, um menschliches Fehlverhalten zu thematisieren, als eine religiöse Glaubensgemeinschaft zu diffamieren. So war es Michael Radford bei der Übertragung des Stücks auf die Kinoleinwand besonders daran gelegen, dem Stoff eine realistische Grundlage zu verschaffen. An Originalschauplätzen gedreht, zeigt er ein düsteres, fast farbloses, Venedig und auch Kostüme und Dialoge ordnen sich diesem Realitätsanspruch unter. Der Tenor des Films verändert sich ähnlich der Vorlage, als der Lebemann Bassanio um die schöne Portia, der reichen Erbin von Belmont, wirbt. Erst gegen Ende verbinden sich dann diese gegensätzlichen Stimmungen zu einem harmonischen Ganzen. Bis in die Nebenrollen großartig besetzt (man beachte besonders den brillanten Mackenzie Crook als Lancelot Gobbo), lässt der Film ganz neue Facetten in Shakespeares komplexer Vorlage entdecken und besticht dabei sowohl auf formaler als auch auf inhaltlicher Ebene durch eine stilsichere filmische Umsetzung.

(Eric Horst, playtime by biograph)

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