Love & Mercy
USA 2014, Laufzeit: 121 Min., FSK 6
Regie: Bill Pohlad
Darsteller: Paul Dano, John Cusack, Elizabeth Banks
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In seinem Kopf
Matt513 (266), 22.08.2015
Wie kam Pohlad bloß darauf, ausgerechnet diese zwei Abschnitte aus Brian Wilsons Leben zu verfilmen, möchte man fragen? Hier das charismatische Mastermind der Beach Boys, dort ein Wrack, welches tatsächlich rund 2 Jahre auf dem Bett liegend verbracht haben soll.
Sehnsucht und deren Erfüllung binden diese beiden Abschnitte zusammen.
Das gefällige Motiv der 60s-Boyband, aus dem leicht ein plakatives Biopic hätte entstehen können - Pohlad tut gut daran, sich in seinem Film damit nicht weiter aufzuhalten. Ihm geht es um den künstlerischen Antrieb, ja ums Innenleben ihres kreativsten Mitglieds. Besessen von Tonvisionen in seinem Kopf schwebt Brian ein radikaler Wandel weg von den Surfsongs vor. Das Ergebnis wird Pet Sounds sein, eigentlich ein Solowerk Wilsons, welches heute zu den einflußreichsten Alben der Musikgeschichte zählt. U.a. nannten McCartney und Lennon es ihre direkte Inspiration für ihr Sgt. Pepper's Album.
Musikalisch und strukturell eine Revolution, ist Pet Sounds in den Texten von Fluchtmotiven in ein besseres Leben, der Sehnsucht nach Geborgenheit geprägt. Das ist autobiographisch, denn Brians und seiner Brüder Fluch war der tyrannische, abschätzige Vater. Brian war schon als Kind seelischer Krüppel, von fremdinduzierten Zweifeln geplagt, was ihn zu Drogen und von da in die Schizophrenie trieb. Das sind die anderen, die bösen Stimmen in seinem Kopf.
20 Jahre später funktioniert Brian als lebendes Wesen nur über ein ganzes Team von Betreuern in der Dauertherapie. Erst die Begegnung mit seiner späteren Ehefrau Melinda hilft ihm, endlich anzukommen. Da hat man es Brian bereits den ganzen Film lang gewünscht (und zerdrückt eine kleine Träne darüber). Ihm, dem sympathischen Genie, wenn er schließlich in seiner ganzen Kaputtheit zurückblickt und ein Kreis sich schließt (nettes Zitat aus Kubricks 2001). „This is the worst trip(...) I wanna go home", "Maybe if we think and wish and hope and pray it might come true" oder auch "God only knows what I'd be without you" – die Sehnsucht, die der junge Brian in Pet Sounds formulierte, hat sich Jahrzehnte später endlich erfüllt.
Love And Music
Raspa (392), 02.07.2015
Der Film hat zwei Zeitebenen, die immer wieder miteinander verschränkt werden, und auch zwei Themenstränge: Zum einen die Musik, die Wilson zu Hause und vor allem im Studio hervorbringt. Mit seiner Detailbesessenheit treibt er die anderen Bandmitglieder, besonders seinen Vetter Mike Love (!), zuweilem geradezu in den Wahnsinn. Diese Szenen sind sehr anschaulich gelungen und sind für alte Fans der Gruppe besonders sehenswert. Der andere dominante Erzählstrang ist Wilsons Liebe zu seiner späteren Ehefrau Melinda, die ihn schließlich aus den Fängen seines ihn gefangen haltenden Psychiaters befreit. Diese Szenen sind teilweise arg in die Länge gezogen und überzeugen auch dehalb nicht, weil der Arzt allzu undifferenziert als wahrer Teufel dargestelltt wird.
Trotz diesewr Einwände eine insgesamt gelungene Musikerbiografie, die vor allem vom intensiven Spiel der beiden Wilson-Darsteller lebt.