Es gibt 266 Beiträge von Matt513
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23.11.2014
Norwegens Kino macht sich echt. `Eher aus Verlegenheit angeschaut; war ein glatter Volltreffer und viel besser als der Trailer verspricht. Wer z.B. Brügge sehen.. oder Burn after Reading mochte, wird seine helle Freude haben. Pechschwarz, aberwitzig, mit verschachtelter Handlung, in der –der Titel deutet es an- immer unaufhaltsamer gestorben wird und das ziemlich blutig. Schnörkellos gut sind Kamera, Schnitt und Regie. Überzeugend vorgetragen, wobei man hier besonders Pål Sverre Hagen loben muß, der den psychopathischen Gangsterboß mit einer solchen Verve gibt, daß man sich kaum eine bessere Besetzung hätte vorstellen können. Bewährt: Bruno Ganz als Papa und sowie Stellan Skarsgård, der den Helden wider Willen Dickman mit nordischer Lakonie spielt. In den verschneiten Weiten Norwegens würde man keinen Film noir erwarten.
Hier könnte man schließen, wäre da nicht der unverhohlene Realitätsbezug, der den Film aus der Masse der sog. schwarzen Komödien hervorhebt. Was hier im friedlichen Norden, bevölkerungsarm aber wohlhabend, geradezu spielerisch vorgeführt wird, kennt man auch hierzulande nur zu gut. Das Land von Verbrecherbanden längst parzelliert, die Lieferketten funktionieren gut, die indisponierten Ordnungskräfte haben sich auf das Schreiben von Protokollen und Strafzetteln zurückgezogen (wundert es da, daß einer Selbstjustiz verübt?). Die Politik pflegt indes ihr Wunschbild gelungener Integration (Dickman, dessen Tugenden für die vormals intakte Ordnung stehen, ist Schwede), während andere ihren kulturellen Unfit in diesem Teil der Welt offen zum Ausdruck bringen. Das internationale Verbrechen hat in den Wohlfühldemokratien Nordwesteuropas keine Freßfeinde. Im Gegenteil, angesichts üppiger Sozialleistungen und Strafen, die keine sind („Warst Du hier schon mal im Knast? Gutes Essen, es ist warm, man wird nicht vergewaltigt; ich hab mir dort die Zähne machen lassen“) darf sich keiner wundern, wenn die Seiteneffekte der Migration außer Kontrolle geraten. Ob wir so einen Film aus deutscher Feder mal erleben werden? Wird wohl noch dauern.
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20.11.2014
Seit Jahrzehnten geistert Nick Cave durch das Feuilleton unserer kollektiven Wahrnehmung. Einen Tag seines Lebens (vielleicht der 20.000ste oder auch irgendein anderer) erlebt der Betrachter in vielen gedanklichen, teils fiktionalen Fragmenten mit, dem stream-of-consciousness in Ulysses ähnlich.
Neben Erinnerungen an die frühen Jahre als Post-Punk/Alternative/Rockmusiker teilt der Maestro des Morbiden seine Empfindungen beim Kunstschaffen sowie darüber, wie sich das Leben in seiner Wahrnehmung manifestiert (nämlich erst, indem man es erzählt und so vor dem Vergessen konserviert). Wer selbst schöpferisch tätig ist, mag es kennen, wenn man die Grenze des Bekannten, Schon-dagewesenen überschreitet. Man findet sich mit seinem geistigen Geschöpf wie mit einem Mustang auf der Wiese wieder. Was dann tun - zähmt man es, passt man es an, bis es den schon vorhandenen Werken (zu) ähnlich wird oder läßt man es wild, unvollendet; erträgt man den Rest Unsicherheit, ob‘s denn ‚gut‘ ist? Cave sucht genau diese Momente im Studio zu destillieren. Inmitten all des Bekannten manifestiert sich dann und wann das, was Cave Wahrheit nennt. Seine Kunst, das ist für ihn wie das Heraufbeschwören dieser Momente, das Schaffen eines Fleckens, an dem sich Phantasie und Realität durchdringen. Dies ist sein Antrieb, als Künstler auf der Bühne zu stehen und auf einer anderen Ebene beantwortet dies die Frage nach dem Funken, der uns alle antreibt.
Wir können es uns nicht erlauben, untätig zu sein, so Cave; besser einen vermeintlich schlechten Plan verfolgen als gar keinen – sein Wert offenbart sich nicht selten erst, wenn man ihn in die Tat umsetzt. So kann aus einer winzigen Flamme etwas werden, das die Welt verändert.
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16.11.2014
wer von unseren großen, starken Freunden hier alles mitliest (vermutlich einige; nach Ansicht dieses Films), beschränke ich mich auf ein einfaches: `Reingehen und entsetzt sein.
Das hier dürfte der wichtigste Film sein, den Sie dieses Jahr zu sehen bekommen.
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09.11.2014
Vorneweg: Der Film handelt zwar von zwei Rennfahrern, ist nach meiner Meinung aber eine Hommage an James Hunt, laut Lauda weiland der "letzte bunte Hund" im Formel 1-Zirkus. Vor allem in den Schlußszenen wird dies deutlich. Handwerklich hat mich der Film durchaus angesprochen, insbesondere die Tricktechnik war unerwartet gut. Während Hemsworth eher austauschbar wirkt, ist Brühl einmal mehr eine Bank. Laudas Tonfall ist einfach herrlich getroffen. Meine Güte, war jener damals wirklich so ein pedantischer Stiesel? In den heutigen TV-Auftritten kommt er gesetzter rüber.
Leider findet Howard kein vernünftiges Maß für seinen Film. Er versucht schlichtweg zuviel auf einmal abzudecken; 2 Mini-Biographien, die Rivalität, den Verlauf der Rennsaison '76, Laudas Unfall und was-weiß-ich-wieviele Geschehnisse währenddessen und danach. Die Kamera rennt zwischen den Schauplätzen hin und her. So erreicht sein Film kaum Tiefe, wirkt dadurch -Problem mancher moderner Biopics- ziemlich plakativ. Auch symptomatisch: Die überladene Requisite, die das Auge irritiert. Weniger wäre mehr gewesen. Schwere, teils tödliche Trainingsunfälle dagegen werden inszeniert wie im Dorftheater und lassen den Film ein Stück weit stürzen. Später liegt Lauda darbend im Krankenbett, aber im Blick stets die Fernseh-Liveschaltung, wie sich Hunt in seiner Abwesenheit schlägt. Selbst wenn dies so gewesen sein sollte (was ich rein technisch bezweifle), das nimmt dem Film einfach an Glaubwürdigkeit. Ich hätte das weggelassen. Vielleicht ist das alles zu viel Stoff für einen einzelnen Film; evtl. wäre eine Miniserie fürs Fernsehen passender gewesen.
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30.10.2014
heißt die deutsche Fassung des Romans von Le Carré. Der Spion möchte andere tanzen lassen und tanzt selbst nur so, wie man ihn läßt. Argwohn prägt das Verhältnis vermeintlicher (Waffen-)brüder, weil da eine Seite ist, die meint, es immer besser als die anderen zu können. Dabei läßt man für den selbst begangenen Fehler wohlfeil den 'kleinen' Bruder am Pranger stehen; 'hat in der großen Runde nichtmals den Anstand jenen zuzugeben.
Seit den Anschlägen in Manhattan steht Hamburg unter besonderer Beobachtung, so beginnt der Film. In der Realität zeugt es jedoch schon von Chuzpe zu behaupten, daß der Terror des 11. September "in Hamburg seinen Anfang nahm" (und NB: zeugt es ebenso davon, mit dieser Behauptung die Aushorchung eines sog. Verbündeten in unerhörtem Ausmaß zu rechtfertigen). Die Gemengelage, die wir im Film im Kleinen vorgeführt bekommen, ergibt sich im Großen eben, wenn Supermächte anderen Ländern ihren großen Stiefel aufs Kreuz stellen. Und so wie die Wurzeln von 9/11 viel weiter zurückreichen, so hat das Gebaren der Besatzer in Tschetschenien irgendwann dazu geführt, daß sich die Bevölkerung radikalisiert, aus schierer Verzweiflung wohlbemerkt. Kommt dabei der Islam ins Spiel, gewinnt die Sache eine weitere, tödliche Dimension. Dieses Spiel ist nicht mehr aufzuhalten, danach sieht es aus. Darin sind wir alle bloß noch Marionetten.
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13.09.2014
Hat man wie ich erst mal keine Ahnung, worum’s genau geht (weil man aus Prinzip vorher nichts gelesen hat), glaubt man zunächst bloß einen weiteren 'konventionellen' Film über die üblichen Eskapaden all der gestörten Akteure der Traumfabrik zu sehen, so wie z.B. Inside Hollywood einer war. Schnell wird klar, daß dem nicht so ist. Der Film schneidet seinen Spielfiguren bald tief ins Fleisch. Sie hängen wie Fliegen im Spinnennetz, gefangen im permanenten Zwang, angesagt und erfolgreich zu sein, welcher aus ihnen wandelnde Nervenbündel mit Tendenz zur Tablettensucht macht.
Hier sind Ausnahmeleistungen bei vollem Körpereinsatz zu sehen; vor allem Juliane Moore gibt alles. Gut gefielen weiterhin Wasikowska und Bird. Ihre Charaktere besetzen die Handlungsstränge, die bald immer schneller umeinander kreisen.
Die Episoden aus dem Tagesgeschäft, von Therapiesitzungen über Profilneurosen bis zu wunderbar aalglatten Kinderstars, sind bereits sehenswert, sicherlich überspitzt, allerdings gewiß mit realem Bezug. Sie bilden jedoch nur eine Deckschicht für finstere Familiengeschichten darunter und Cronenberg wäre ja nicht er selbst, wenn er dabei nicht die erwarteten Register ziehen würde. Bei einer Szene könnte man sinngemäß formulieren: Zuviel Erfolg ist nicht gut für die Gesundheit :). So fragmentiert der Film begonnen hat, so konzentriert ist schließlich die Wucht, mit der er die Figuren trifft. Mir hat er mit jeder Minute besser gefallen.
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07.09.2014
Georgien im Jahr 1992 – der eiserne Vorhang ist schon seit einiger Zeit gefallen, aber nichts ändert sich zum besseren. Erschreckend deprimierend sind die Bilder. Die Einwohner von Tiflis erleben ihr Land in Agonie, in der Ferne rollt der Lärm des Bürgerkriegs, die Infrastruktur zerbröselt, die alte Gesellschaft mit ihren Normen und Traditionen erodiert. Der Verfall der Sowjet-Autorität hinterläßt ein Vakuum, welches zahlreiche Konflikte in den Familien schürt. Alles steht infrage und außerdem hungern die Menschen. Wenn man sich das anschaut, wünscht man sich weg, weit weg. Und doch berührt der Film ungemein, weil er so sehr das Leben feiert. Trotz der drückenden Verhältnisse und der schreienden Aussichtslosigkeit, ihnen zu entkommen (u.a. die Hochzeit, erzwungen mit einem ungeliebten Mann, die ähnlich im Streit wie schon jene der Eltern endet) - gerade den jungen Menschen scheint die Sonne aus den Herzen.
Eka, eine der beiden Hauptfiguren - mir scheint es, sie symbolisierte die Hoffnung des ganzen Landes. Hoffnung auf Veränderung, aus dem Teufelskreis der omnipräsenten Gewalt auf den Straßen auszubrechen, die Hand zur Versöhnung zu reichen, die Fähigkeit sich zu erneuern. Erneuerung bedeutet ihr Tanz, der sonst den Männern vorbehalten ist; ein Bruch mit den alten Traditionen.
Eindrucksvoll in sehr langen Einstellungen inszeniert; eine außergewöhnliche Leistung der beiden jungen Hauptdarstellerinnen, die hier komplett improvisieren und damit sehr authentisch wirken.
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06.09.2014
Der Film läuft nun schon einige Wochen; trotzdem war die Vorstellung immer noch gut besucht. Was ja auch für ihn spricht. Indes ließ ich mich nicht von den Sprüchen beeindrucken, die im Foyer herumflogen, wonach man sich "kaputtlachen" würde. Es ist ein vergnüglicher Blick auf den Streit der Generationen in der alternden westlichen Gesellschaft, die sich die Schuld an manch selbsterlebtem Elend gerne gegenseitig zuschieben. Seine Lacher zieht er für mich vor allem aus den kleinen Momenten, in denen es den Darstellern gut gelang, ihren Figuren Leben einzuhauchen, kurzum in denen es überzeugend 'menschelte'. Aus mancher allzu offensichtlich auf den Gag gezielten Dialogzeile, unvermeidlich in einer deutschen Komödie, eher weniger.
Die Angewohnheit der Alten, Vergangenes zu verklären nimmt der Film ebenso aufs Korn wie die Hipster-Generation der Gegenwart, die sich dann und wann fragen muß, ob sie den Leistungsdruck für mehr auf sich nimmt als Einrichtungsschnickschnack, Internetpräsenz und Asia-Bringdienst. Die Konnotation mit dem Anstoss, doch mal was am Leben zu ändern, durfte da natürlich nicht fehlen.
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03.09.2014
Seinen Thriller entwickelt Dolan sparsam, aber sehr effektvoll und hält dabei die Spannung gekonnt über die volle Distanz hoch. Toms Begegnung mit der Familie seines toten Freundes beginnt still, aber gerät unversehens zum Ritt auf der Rasierklinge, befeuert durch das penetrante, einschüchternde Wesen des älteren Bruders des Toten. Schnitt, Kamera, Musik und Beleuchtung sehr gelungen; daneben setzt Dolan häufig sein bzw. Toms Gesicht wie eine Projektionsfläche ein, auf der die gegensätzlichen Emotionen widerstreiten, denen Tom im Stahlbad der Geschehnisse ausgesetzt ist. Auch Francis ist nicht frei von dieser emotionalen Achterbahn. Zwar haßt er Tom für dessen Verhältnis mit seinem Bruder, aber da streitet noch etwas tief in ihm. Ich hatte im Film den Eindruck, dieser homophobe Redneck kämpfte eigentlich gegen seine wahre Natur in sich. Feel Real steht auf einem Bild in seinem Schlafzimmer. Klingt wie eine Aufforderung zum Coming-out.
Was noch auffiel: Die Lederjacke, in der die gespaltene Figur Francis steckt, dann der Song von Rufus Wrainwright. Eine Abrechnung des kanadischen Regisseurs mit dem großen Nachbarn; etwa wegen der Bigotterie, den Ressentiments gegen solche, die 'anders' sind, so wie Dolan? Als Regie-Wunderkind wird jener gehandelt, schon mit Godard in Verbindung gebracht und nach Ansicht seines neuesten Werks kann man sich dem anschließen. Ganz starker Film, unerwartet in der Umsetzung.
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31.07.2014
Ach, die Welt nochmal mit Kinderaugen sehen, frei von jeglichem Subtext. Das bringt uns Miyazaki mit seinem meisterlichen Frühwerk näher. Kleine Kinder können, was wir Erwachsenen irgendwann verlernen - die Wunderwesen sehen, welche unsere Welt ja nun mal bevölkern, nicht? So wird das Warten an der Bushaltestelle (wer von uns mag das schon?) zu einer spannenden Begegnung mit den originellsten Gesellen, die das Anime-Genre wohl je gesehen hat. Totoro, der grollende Schelm. Die Buskatze mit rot leuchtenden Mausaugen vorne und hinten (der besseren Sichtbarkeit wegen). Eine der intensivsten Szenen, aus multiplen Blickwinkeln zusammengesetzt, wie dem Realfilm nachempfunden.
Miyazaki ist stets am besten, wenn er seiner ungestümen Bildersprache freien Lauf läßt, die wundersamsten Wesen formatfüllend ins Bild wachsen wie sprießende Blüten im Zeitraffer. Da verschlägt’s einem den Atem. Die Texturen kleiner zarter Objekte werden ebenso beherrscht, wenn’s drauf ankommt. Seine Landschaftstotalen dagegen erzeugen ein gewisses Déjà vu; manche Animationsserie der 80er halt, an denen er wohl auch mitgewirkt hat. Auffällig die häufig wiederkehrenden Motive, so auch hier – das Fliegen, die Natur, fließendes Wasser, kleine Kinder.
Übrigens: Es gibt eine Totoro Bahnstation, gelegen in einem Ort namens – Miyazaki. Na sowas.