Es gibt 82 Beiträge von Olli
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24.07.2024
Ich war pünktlich im kleinen Kino. Aber alle Plätze waren besetzt! Auf einem Klappstuhl am Rand des Saals konnte ich dann den Film verfolgen. Etwas zynisch gesagt, hinterließ der Abspann die größte Betroffenheit bei mir. Ich saß im völlig stillen Kino, während die Filmdaten auf der Leinwand vorüber rauschten: Kann man die Schrecken in der Welt mit so einem Film erklären und irgendwie für sich in sein Weltbild einsortieren?
Die Geschichte um Goebbels, Hitler und die Nazigrößen waren weitestgehend bekannt. Wirklich beindruckt haben mich die O-Töne der Holocaustüberlebenden und die Originalfilmdokumente. Ich weiß natürlich nicht, wie sich alles tatsächlich real abgespielt hat, aber die Spielszenen wirkten für mich etwas aufgesetzt. Ich könnte mir vorstellen, dass die Realität etwas komplexer war. Gab es nur die Führer, die Verführten? Gab es nicht auch Menschen, die durch die weltliche Heilsbotschaft des "Führers" das Paradies ersehnten? Ein Großteil der Verführten war wohl nur einem zunächst bequemen Opportunismus verfallen. Kommt uns das in unserer gegenwärtigen Zeit nicht irgendwie bekannt vor?
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20.06.2024
In meiner Jugend war es normal, dass sich die Alten (die damals noch westlich jünger waren, als ich heute) über den Krieg, die Gefangenschaft oder die Flucht unterhielten. Viel Zeit ist inzwischen vergangen. Lange habe ich dazu nun keine O-Töne mehr gehört. Aber nun taucht im Dokumentarfilm "Der Schatten des Kommandanten" eine insbesondere im Kopf noch sehr fitte 98jährige Dame auf, die den Holocausts überlebt hat. Das längst tot Geglaubte erscheint wieder lebendig vor meinen Augen. Natürlich ist einiges im Film konstruiert. Aber die Personen, die hier aufeinandertreffen, kommen sehr authentisch rüber: die Tochter der 98jährigen Jüdin sowie Sohn, Tochter und Enkel von Rudolf Höß, dem Lagerkommandanten von Auschwitz. Von allen Protagonisten steht mir die 98jährige Anita Lasker-Wallfisch am nächsten. Gedreht wurde an den Originalschauplätzen. Da ich Auschwitz-Birkenau vor genau 40 Jahren selbst besuchen konnte, war das für mich besonders interessant und berührend. Die Dokumentation hat mich mehr beeindruckt als der Film „The Zone of Interest“.
In der Nachmittagsvorstellung waren wir nur zwei Zuschauer. Meine Empfehlung ist trotzdem: Unbedingt ansehen!
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24.05.2024
"Ich wollte, es wäre Nacht, oder die Preußen kämen...!" Dieser angebliche bange Ausruf des englischen Feldmarschalls Wellington kam im Film nicht vor. Aber die Preußen kamen ihm trotzdem bei Waterloo zu Hilfe und fügten damit Napoleon eine verheerende Niederlage zu. Ansonsten spielten die Preußen im Film aber so gut wie keine Rolle. Bei allem Kampfgetümmel fiel kein Wort oder gab es keine Szene zur Niederlage der Preußen bei Jena und Auerstedt, keine Völkerschlacht bei Leipzig und keinen Rheinübergang bei Kaub. Nach dem verlorenen Russlandfeldzug ging es eigentlich gleich mit der Verbannung auf Elba weiter. Dafür nahm die Beziehung zu seiner Frau Joséphine einen großen Raum ein. Nun ist es für uns Männer unbestritten, dass das andere Geschlecht einen enormen Einfluss auf uns und unser Leben ausübt. Warum also nicht auch auf Typen wie Napoleon? Ob diese Tatsache allerdings die Darstellung des emotionale Auf und Ab in epische Länge rechtfertigt, möchte ich anzweifeln.
Ja, man sollte etwas über die Geschichte der französischen Revolution und der napoleonischen Zeit wissen, um mit dem Film mitgehen zu können. Die eingeblendeten Zeit- und Ortsangaben sowie kurze Texte helfen aber einem immer wieder auf die "geistigen" Sprünge. Für mich ein insgesamt sehenswerter Film.
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30.04.2024
Namensgeber für den Film ist wohl das Orchesterwerk, das Bernard (Robert Gwisdek) komponiert hat. Aber auch sonst geht es im Film um das Thema Sterben und auch Leben. Ja und es geht um die Liebe im richtigen Leben. Sie kommt als Anti-Rosamunde-Pilcher-Version daher. Für mich inhaltlich gut, aber etwas überhöht dargestellt. Aber vielleicht kenne ich das richtige Leben (und Sterben) nur noch nicht wirklich?!
Bernard ist mit allem unzufrieden: mit der Arbeit seines Freund Tom dem Dirigenten, mit dem Orchester, mit sich selbst, mit seinem Stück. Ihn treibt die Frage nach der wahren Kunst um (vielleicht auch nach dem wahren Leben): Sinngemäß ist es der schmale Grat zwischen den zu befriedigenden Massen und den abgehobenen Intellektuellen. Ein Anspruch, dem Bernard glaubte, nicht gerecht werden zu können...
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23.04.2024
Kafka kommt unaufgeregt, aber an einigen Stellen doch auch ergreifend daher. Es ist interessant und schön die letzten Lebensmonate des Schriftstellers und seine Beziehung zu Dora Diamant auf der Leinwand mitverfolgen zu können.
Im Gegensatz zur Fernsehserie "Kafka" von David Schalko und Daniel Kehlmann werden keine literarischen Figuren und Handlungen in den Film hineingewoben. Das ist natürlich anspruchsvoll und auch ein Erlebnis. Der Film kann seine Wirkung beim Zuschauer aber erst entfalten, wenn dieser eine gewisse Kenntnis über Leben und Werk besitzt. "Die Herrlichkeit des Lebens" ist auch ohne Vorkenntnisse ein sehenswerter Film und doch auch für Kafkafans eine Bereicherung.
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03.03.2024
Es ist fast genau vierzig Jahre her, dass ich als Student in Katowice im Rahmen eine Studentenaustauschs tätig war. Ein Besuch des KZ Auschwitz-Birkenau gehörte da natürlich mit zum Pflichtprogramm. Es sind mir tatsächlich heute noch einige Dinge in Erinnerung. Würde ich mich an den Film "The Zone of Interest" ebenfalls in vierzig Jahren noch erinnern? Wohl eher nicht (Einmal davon abgesehen, dass ich dafür steinalt werden müsste)! Ja, der Film ist beeindruckend. Aber ist er deswegen schon eine Empfehlung für einen Oscar?
Das Grauenhafte an dem Film ist tatsächlich, dass einem vor der Normalität des Films graut. Ob es wirklich ein Gewinn für den Film ist, die Kamera zum Teil einfach laufen zu lassen und die Protagonisten quasi "unbeobachtet" zu filmen, bin ich mir nicht sicher.
Das Spannungsfeld zwischen Normalität und Grauen wird dann noch einmal am Schluss besonders deutlich. Natürlich wird dazu hier nichts weiter verraten... Anschauen sollte man sich den Film schon!
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04.02.2024
Der Film zeigt mehr oder weniger typische Situationen in einer jungen Familie:
Die Eltern sind im Job engagiert, es fehlt Anerkennung für die Familienaufgaben und alle sind überlastet. Das kommt uns doch irgendwie bekannt vor? Das Paar versucht die Herausforderungen durch die Kombination von intensiven Familienleben und Erwerbsleben während zwei Jahren (eine Millon Minuten) Auslandsaufenthalt hinzubekommen. Aber, wer hätte es gedacht, die Probleme lösen sich nicht in Luft auf. Es handelt sich hier also um Ehe / Ehekrise 2.0. Schön ist, dass das Paar sich nicht aufgibt. Am Familienzusammenhalt wird, so hofft der Zuschauer, auch nach Filmende weiter gearbeitet...
Toll gespielt wird das junge Paar durch Tom Schilling und Karoline Herfurth. Die heimliche Hauptfigur des Films, Tochter Nina, ist goldig.
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21.12.2023
Verfilmte Biografien stoßen in der Regel auf mein Interesse. Die Darstellung des Lebens von Edvard Munch, Wegbereiter des Expressionismus, ist aber ein ganz besonderes Projekt. Eigentlich sind es vier Lebensabschnitte, die jeweils an einem anderen Ort und mit anderen Schauspielern (eine Schauspielerin) als Munch dargestellt werden. Munchs Berliner Zeit um 1900 herum wird in das heutige Berlin transformiert. Ein gewagter Akt, regt aber zum Nachdenken über Bezüge zwischen den Zeitläuften an. Zwischen den vier "Teilen" des Films kann man gedanklich gut hin und her springen, da sie völlig unterschiedlich gestaltet sind. Ein gewisse Vorkenntnis über das Leben von Edvard Much ist dennoch hilfreich.
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19.06.2022
Eigentlich schade, dass die USA kein EU-Mitglied sein können. Ja klar, die USA gehören ja nicht zu Europa! Aber selbst wenn sie auf unserem Kontinent lägen, würden sie wohl nicht einmal den Kandidatenstatus erhalten: In den USA gelten Waffengesetze, die in Europa einfach undenkbar wären. Noch immer gibt es in vielen Bundesstaaten die Todesstrafe. Auch das undenkbar als EU-Mitglied. Wenigsten rühmen sich die USA der absoluten Rechtsstaatlichkeit. Und wenn man diese einmal aussetzen will, dann schafft man ein exterritoriales Lager wie Guantanamo. Da kann man dann so ziemlich alles machen, was man will... Und ich dachte immer, so etwas gibt es nur in China?!
Der Andreas Dresen Film ist wirklich sehenswert. Manchmal zieht sich alles etwas in die Länge, aber Rabiye Kurnaz saß ja auch eine lange Zeit in Guantanamo ein. Auch für ausgewachsene Männer an manchen Stellen anrührend....
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29.01.2022
Die letzten Stunden im Leben von Jochen Klepper, seiner Frau und seiner Stieftochter kann man "Schattenstunde" nachempfinden. Der Film ist unerwarteter Weise an manchen Stellen recht heftig. Also nichts für das Samstagsabendprogramm mit der Familie. Das Thema vom Selbstmord der Familie im dritten Reich ist ja auch nicht unbedingt etwas für den Spaß am Abend. Also, einfach mal reinschauen, aber warm anziehen....